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Deutschland rutscht im Länderindex Familienunternehmen ab

Im aktuellen Standortvergleich von 21 Industrienationen ist Deutschland im Vergleich zu 2018 um drei Plätze auf Rang 17 abgerutscht.
© freepik / naypong
 

Deutschland fällt im internationalen Standortwettbewerb immer weiter zurück. Im aktuellen Standortvergleich von 21 Industrienationen ist Deutschland im Vergleich zu 2018 um drei Plätze auf Rang 17 abgerutscht. Deutschland erreicht die schlechteste Position in der Geschichte des „Länderindex Familienunternehmen“. Auf den Spitzenplätzen liegen die USA, Großbritannien und die Niederlande.

Deutlich abgeschlagen ist Deutschland beim Standortfaktor Steuern. Es mache sich die „Passivität der deutschen Steuerpolitik bemerkbar“, heißt es in der Studie, die im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen vom ZEW Mannheim erstellt wurde. Eine große Stärke des deutschen Standorts sind die finanzielle Stabilität von Staat und Privatwirtschaft und die damit verbundenen günstigen Finanzierungsbedingungen. Der Länderindex ist 2006 das erste Mal erhoben worden. Seitdem fiel Deutschland um fünf Plätze zurück. Schlechter hat sich kein anderer untersuchter Standort entwickelt.

„Die Ergebnisse müssen aufrütteln“, sagt Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „In den vergangenen Jahren haben wir uns sehr stark auf die Verteilung des Wohlstands konzentriert. Jetzt kommt es dringend darauf an Deutschland wettbewerbsfähiger zu machen. Der Länderindex zeigt die Prioritäten klar auf: Wir müssen im Steuerwettbewerb wieder Anschluss gewinnen, Energiekosten reduzieren und in die unzureichende Infrastruktur investieren.“

Der „Länderindex Familienunternehmen“ untersucht mittels objektiv messbarer Daten die wichtigsten Standortfaktoren für Familienunternehmen. Es werden dafür sechs Themenfelder in den Blick genommen: „Steuern“, „Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital“ „Regulierung“, „Finanzierung“, „Infrastruktur und Institutionen“ und „Energie“.

Im Bereich „Steuern“ erzielt Deutschland die schlechtesten Werte und liegt mit Rang 20 auf dem vorletzten Platz in der Rangfolge der Industrieländer. Nur Japan schneidet noch schlechter ab. Das liegt maßgeblich an den hohen Unternehmenssteuern in Deutschland. Andere Staaten wie die USA, Frankreich und Belgien haben ihre Wettbewerbsposition durch Steuersenkungen verbessert.

In der Kategorie „Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital“ (Rang 18) weist Deutschland der Studie zufolge „deutliche Standortschwächen“ auf. Im Mittelfeld liegt Deutschland in der Kategorie „Regulierung“, die unter anderem das Ausmaß an Bürokratie im jeweiligen Land bemisst. (Rang 12). Leicht verbessert hat sich Deutschland in der Kategorie „Energie“, liegt mit Platz 14 aber unterhalb des Durchschnitts. Hierfür sind vor allem die hohen Strompreise verantwortlich. Vorteile bei der Stromversorgungssicherheit können das nur bedingt ausgleichen. In der Kategorie „Infrastruktur und Institutionen“ schneidet Deutschland leicht überdurchschnittlich ab (Rang 8), muss aber den stärksten Punktverlust hinnehmen. Vor allem die digitale Infrastruktur gilt als unzureichend.

Spitzenwerte erzielt Deutschland in der Kategorie „Finanzierung“. Im Gesamtranking der Kategorie liegt Deutschland klar auf Platz 1. Positiv fällt ins Gewicht, dass sowohl die öffentliche als auch die private Verschuldung gering sind. Die Schlusslichter in der Kategorie bilden die hoch verschuldeten Eurozonen-Südstaaten Italien, Portugal, Spanien sowie Frankreich.

Die USA haben sich auf Rang eins des Gesamtrankings vorgearbeitet. Verantwortlich ist dafür maßgeblich die 2018 in Kraft getretene Steuerreform. Sie sah zum Beispiel eine Absenkung der Körperschaftsteuersätze auf Bundesebene von 35 auf 21 Prozent vor. Herausragende Ergebnisse haben die USA auch in den Bereichen „Regulierung“, „Finanzierung“ und „Energie“.

Auf Platz zwei des Länderindex liegt Großbritannien. Doch die Entscheidung für den Brexit rächt sich. Kein anderes Land hat einen so starken Punktverlust hinnehmen müssen. Am stärksten haben die Brexit-bedingten Unsicherheiten die Bewertungen im Bereich „Infrastruktur und Institutionen“ in Mitleidenschaft gezogen. Sehr gut allerdings schneidet das Vereinigte Königreich im Bereich „Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital“ und „Regulierung“ ab. Dagegen fallen die Ergebnisse in den Bereichen „Steuern“ und „Energie“ nur durchschnittlich aus.

Praktisch unverändert ist das sehr schlechte Bild, das Spanien und – noch deutlich weiter abgeschlagen – Italien auf den hintersten Plätzen des Rankings abgeben. Der Länderindex zeigt auf, welche Schwerpunkte diese Staaten adressieren müssen: Dies sind neben der schlechten Infrastruktur vor allem die geringe Leistungsfähigkeit des Bildungssystems und die Überregulierung von Produkt-, Güter- und Arbeitsmärkten. Hier drohe eine neue Euro-Schuldenkrise, wenn diese Staaten die Chancen der EU-Corona-Hilfen jetzt nicht für eine konsequente Reformpolitik nutzen.

Interessant ist der Blick auf die Entwicklung in den vergangenen 14 Jahren. Die Industrienationen mit der positivsten Entwicklung über den gesamten Zeitraum der Studie hinweg sind die Niederlande (+7 Rangplätze), Polen (+6 Plätze) sowie Tschechien und die USA (jeweils +4 Plätze). Am schlechtesten entwickelten sich Deutschland (-5 Plätze), die Schweiz (-3 Plätze) sowie Schweden (-3 Plätze).

Die Schwächung des Rechtsstaats besonders in Polen und Ungarn schlägt sich in sehr schlechten und weiter sinkenden Punktwerten auf den Gebieten Korruptionskontrolle und Rechtssicherheit nieder. „Der Länderindex Familienunternehmen macht deutlich, dass die Schwächung des Rechtsstaats nicht nur ein erhebliches Demokratieproblem ist, sondern letztlich auch dem Ansehen eines Investitionsstandorts Schaden zufügen kann“, sagt Studienautor Prof. Dr. Friedrich Heinemann.

Der Länderindex macht einen enormen Handlungsbedarf aus. „Der Länderindex macht deutlich, dass Deutschland hinsichtlich der steuerlichen Belastung der Unternehmen inzwischen im Vergleich mit den europäischen und amerikanischen Wettbewerbern ins Hintertreffen geraten ist“, heißt es in der Studie. Kurzfristig sei es geboten, die steuerliche Verlustverrechnung auszuweiten, um so die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. „Um langfristig aus steuerlicher Sicht wettbewerbsfähig zu bleiben, wird eine umfassende Steuerreform Deutschlands unerlässlich sein.“