Wie öffentliche Verwaltung und Startups zueinander finden
Die öffentliche Hand investiert in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise mehr als 30 Milliarden Euro in IT und Kommunikation. Startups ist der Zugang zu diesem Markt aber faktisch versperrt. Gleichzeitig zeigt die aktuelle Krise, dass gerade die öffentliche Verwaltung häufig noch zu sehr auf analoge Abläufe und zu selten auf digitale Technologien setzt. Der Digitalverband Bitkom hat vor diesem Hintergrund sieben Maßnahmen vorgeschlagen, damit leichter öffentliche Aufträge an Startups vergeben werden können. „Die Politik muss Vorreiter bei der Zusammenarbeit mit Startups werden. Wenn es gelingt, die Vergabe an Startups auszuweiten, dann profitieren davon ganz direkt die jungen, innovativen Unternehmen. Aber wir werden auf diese Weise auch unsere Verwaltung massiv modernisieren und ihr einen Digitalisierungsschub verleihen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Bitkom empfiehlt in seinem Vorschlagskatalog „7 Punkte für mehr Startups in der öffentlichen Vergabe“ folgende Maßnahmen, damit Startups dauerhaft stärker an Vergabeverfahren beteiligt werden:
1. Anwendung bestehender innovativer Vergabekriterien und -verfahren: Unter anderem sollte die Anzahl der geforderten Projektreferenzen gesenkt sowie die Wirtschaftlichkeitskriterien verhältnismäßig angesetzt werden. Zudem sollten bestehende, aber nur selten genutzte Instrumente wie die Innovationspartnerschaft oder die Mittelstandsklausel häufiger angewendet werden.
2. Schaffung weiterer innovationsfreundlicher Vergabekriterien: Als generelles Eignungskriterium der Vergabe sollte eine Innovationsprämie eingeführt werden. So lässt sich sicherstellen, dass der Zugschlag an denjenigen gehen kann, der nicht nur eine preiswerte, sondern auch eine nachhaltige und zukunftsfähige Leistung bietet.
3. Harmonisierung des Rechtsrahmens: Für Startups mit begrenzten Ressourcen sind die Vielzahl an unterschiedlichen Vorgaben und der rechtliche Flickenteppich eine erhebliche Herausforderung – und ein Wettbewerbsnachteil gegenüber großen Playern. Aus diesem Grund muss der Rechtsrahmen bundesweit harmonisiert werden.
4. Fachliche Professionalisierung und Stärkung der Beschaffungsverantwortlichen: Die Beschaffungsstellen müssen mit ausreichend Ressourcen und Fachwissen ausgestattet sein, um neue und im ersten Schritt aufwendigere Vergabeverfahren, wie etwa Markterkundungen, durchzuführen. Daneben sollte es für Beschaffer einen bundesweiten Erfahrungsaustausch über Vorzeigebeispiele geben.
5. Gezielte Schulung, Unterstützung und Vernetzung von Startups: Startups, die häufig nur Kunden aus der Privatwirtschaft haben, müssen für die Beteiligung an Vergabeverfahren geschult und fortgebildet werden und die Ausschreibungen müssen auch bei ihnen ankommen. Zudem sollten Verwaltungen und Startups besser vernetzt und der Austausch gefördert werden. Startups, die sich auf die öffentliche Hand konzentrieren – sogenannte GovTechs – sollten mit einem eigenen Wagniskapitalfonds unterstützt werden.
6. Bürokratieabbau und Digitalisierung im Vergabeverfahren: Aktuell gibt es bei Bund und Ländern 22 Vergabeplattformen. Für Startups ist es fast unmöglich, sie alle im Blick zu haben. Der angekündigte übergreifende eVergabe-Standard „XVergabe“, durch den die Unternehmen einen einheitlichen Zugang zu allen Ausschreibungen nutzen können, muss deshalb mit hohem Tempo umgesetzt werden.
7. Vollständige Transparenz im Vergabeverfahren schaffen: Bislang führen Formfehler zu einem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren. Gerade mit Blick auf Startups sollte die Verwaltung Bieter auf offensichtliche Formfehler hinweisen können und ihnen die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Zudem wäre es gerade für Startups wichtig, ein Feedback bei nicht gewonnenen Ausschreibungen zu bekommen. Dadurch können sie ihre Angebote verbessern, aus Fehlern lernen und besser verstehen, welche Ausschreibungen für sie interessant sind.
Das Papier „7 Punkte für mehr Startups in der öffentlichen Vergabe“ steht zum Download bereit unter: www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/7-Punkte-fuer-mehr-Startups-in-der-oeffentlichen-Vergabe