Die Baubranche tut sich noch schwer mit dem digitalen Wandel
Beim Einsatz digitaler Technologien hinkt die deutsche Baubranche im Vergleich zu anderen Branchen und im internationalen Vergleich zum Teil noch hinterher. Bislang investiert die Baubranche wenig in Digitalisierungsprojekte und beschränkt sich dann oftmals auf den Einsatz grundlegender digitaler Lösungen wie die der elektronischen Rechnungsstellung oder CAD-Anwendungen (genutzt von 38,5 bzw. 36,2 Prozent der Unternehmen in der Baubranche inklusive Planungsbereich). Bauspezifische Technologien wie 3D-Scanner oder Virtuelle Realität werden dagegen eher selten genutzt (2,8 bzw. 7,5 Prozent der Unternehmen).
Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Zukunft Bau - Beitrag der Digitalisierung zur Produktivität in der Baubranche“, die das ZEW Mannheim im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) erstellt hat und heute anlässlich der gemeinsamen Abschlussveranstaltung von ZEW, BBSR und dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen in Berlin präsentiert.
Als zentrale Hemmnisse für die erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungsprojekten gelten der zu hohe finanzielle (62,4 Prozent der Unternehmen) und zeitliche (61,5 Prozent) Aufwand, der mit Digitalisierungsprojekten einhergeht. Als hinderlich werden von der Mehrzahl der befragten Unternehmen weiterhin zu strikte Datenschutzregeln (57,5 Prozent), der unzureichende Breitbandausbau (55,6 Prozent) und fehlende Standards und Schnittstellen (54,9 Prozent) wahrgenommen. Bemerkenswert ist, dass über die Hälfte der Unternehmen (52,1 Prozent) schlichtweg keine Notwendigkeit für Digitalisierungsprojekte sieht.
„Insbesondere kleine Betriebe, die im Baugewerbe besonders zahlreich zu finden sind, können nicht die Zeit aufwenden, sich mit der Digitalisierung zu befassen. Dabei wäre es wichtig, sich auf konjunkturell weniger gute Zeiten vorzubereiten und gerade die Digitalisierung kann dazu beitragen“, sagt Prof. Dr. Irene Bertschek, Projektleiterin und Leitung des ZEW-Forschungsbereichs „Digitale Ökonomie“.
In der Baubranche liegen noch große Digitalisierungspotenziale brach
Die Baubranche hat dennoch die Potenziale der Digitalisierung für ökonomische Erfolgsvariablen wie Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsfähigkeit oder Arbeitsproduktivität erkannt. Dies ist daran ersichtlich, dass deutlich mehr Unternehmen für die Zukunft positive Auswirkungen der Digitalisierung erwarten. So gehen beispielsweise 57,5 Prozent der Unternehmen von positiven Digitalisierungsauswirkungen auf deren Wettbewerbsfähigkeit in drei Jahren aus, während das zum heutigen Zeitpunkt nur 49,3 Prozent der Unternehmen tun. Deutlich positiver in drei Jahren im Vergleich zum heutigen Zeitpunkt werden außerdem die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Unternehmenserfolg insgesamt (56,0 Prozent in drei Jahren vs. 46,9 Prozent heute) und die Innovationsfähigkeit (48,9 Prozent in drei Jahren vs. 40,7 Prozent heute) gesehen. Die zentrale Frage der Produktivitätswirkung von Digitalisierung schätzen schließlich 47,3 Prozent der Unternehmen positiv für die Zukunft ein.
„Die Studie hat gezeigt, dass in der Baubranche noch große Digitalisierungspotenziale brachliegen. Sie hat jedoch die Chancen der Digitalisierung für Produktivitäts- und Qualitätszuwächse erkannt. Die Baubranche ist mit ihren rund zwei Millionen Beschäftigten und fast 330.000 Betrieben einer der bedeutendsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Es ist wichtig, diese Potenziale zu heben – auch im Interesse für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“, kommentiert der Leiter des BBSR, Dr. Markus Eltges, die Ergebnisse der Studie.