Wie und warum GKV-Versicherte ihre Krankenkasse wechseln
Über 100 gesetzliche Krankenkassen buhlen in Deutschland um die Gunst der GKV-Versicherten. Die wiederum fragen sich: Lohnt ein Kassenwechsel, oder nicht? Eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts HEUTE UND MORGEN hat jetzt nach 2014 erneut untersucht, wie wechselinteressierte GKV-Versicherte bei ihrer Informationssuche vorgehen, und warum sie sich am Ende für oder gegen einen Kassenwechsel entscheiden. Ein wichtiges Ergebnis: Seit Einführung der einkommensabhängigen Zusatzbeiträge im Jahr 2015 hat sich die Sensibilität gegenüber der Höhe der Mitgliedsbeiträge deutlich erhöht. Vergleichsrechner und Vergleichsportale werden heute weit häufiger genutzt als noch vor fünf Jahren. Wichtigster „Touchpoint“ für den Wechsel der Krankenkasse bleibt allerdings der Berater – wenn er die Versicherten davon überzeugen kann. 525 GKV-Versicherte im Alter zwischen 18 und 65 – die sich in den letzten 12 Monaten aktiv zu einem Kassenwechsel informiert und teils tatsächlich gewechselt haben – wurden von HEUTE UND MORGEN in der Studie «Customer Journey zum Wechsel der GKV» ausführlich zu ihren Beweggründen und zu ihrem Vorgehen im Wechselprozess befragt.
Zwischen gedanklichen Wechselspielen und konkreten
Wechselabsichten Rund 80 Prozent der grundsätzlich wechselaffinen GKV-Versicherten wollen sich zu Beginn ihrer „Customer Journey“ zunächst nur einmal allgemein zu einem möglichen Kassenwechsel informieren. Immerhin ein Drittel davon wechselt dann später auch tatsächlich. Jeder fünfte wechselbereite GKV-Versicherte startet seine Reise hingegen bereits mit konkreter Wechselintention; zwei Drittel davon wechseln ihre Kasse später dann auch tatsächlich. Besonders wechselaffin sind vor allem Frauen und jüngere Versicherte sowie Versicherte aus mittleren Einkommens- und Bildungsniveaus.
Unterschiedliche Wechselanlässe
Wichtigster Auslöser für die Beschäftigung mit einem Kassenwechsel sind persönlich wahrgenommene Leistungsunterschiede zwischen der eigenen und anderen Krankenkassen (inklusive optionale Leistungsbausteine). Eine wichtige Rolle spielt zudem – neben der absoluten Höhe der Mitgliedsbeiträge – nicht selten auch die Unzufriedenheit mit dem Service der eigenen Kasse. Der Anstoß zur Beschäftigung mit einem möglichen Kassenwechsel stammt teils auch aus dem näheren sozialen Umfeld – bei den späteren Wechslern sogar zu 31 Prozent und vermehrt bei den jüngeren GKV-Versicherten. Gutes Empfehlungsmarketing spielt daher für die gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Informationsphase: Internet ist die bevorzugte, aber nicht die beste Informationsquelle
In der Informationsphase zu einem möglichen GKV-Wechsel hat die Bedeutung des Internets für die wechselbereiten GKV-Versicherten gegenüber 2014 weiter zugenommen – sowohl ganz zu Beginn des Suchprozesses als auch im Verlauf der Customer Journey. Insgesamt steuern zwei Drittel (69%) der späteren Wechsler und vier Fünftel (87%) der späteren Nicht-Wechsler während der Informationssuche das Internet an. Persönliche Gespräche mit Beratern der Krankenkassen werden demgegenüber vergleichsweise deutlich seltener gesucht. Aber: Die Qualität der Informationen aus den Beratungsgesprächen wird insgesamt deutlich positiver und hilfreicher bewertet als die aus dem Internet.
Verstärkt gesucht werden persönliche Beratungsgespräche von den GKV-Versicherten, die von Beginn an konkrete Wechselabsichten verfolgen. In der Beratung selbst spielen Makler im Vergleich zu Vertretern der Kassen weiterhin eine untergeordnete Rolle – allerdings steigt deren Bedeutung im Vergleich zu 2014 deutlich an.
Unterschiede zwischen den Kassen bleiben für GKV-Versicherte oft noch schwammig
40 Prozent der späteren „Nicht-Wechsler“ erkennen im Laufe der Customer Journey keine klaren Vorteile, die für einen Wechsel zu einer anderen Kasse sprechen. Ein Drittel (31%) ist sogar der Meinung, dass die Krankenkassen letztlich „alle das Gleiche anbieten.“ Dies gilt besonders bei bevorzugter Informationssuche via Internet. Aber auch in mehr als jedem dritten persönlichen Gespräch (39%), gelingt es dem Berater nicht, die Wechsel-Vorteile klar herauszuarbeiten.
„Krankenkassen müssen ihre Vorteile gegenüber Wettbewerbern stärker profilieren und klar kommunizieren können – sowohl im Internet als auch im persönlichen Gespräch“, sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin bei HEUTE UND MORGEN. „Vielen Kassen gelingt dies bisher erst unzureichend.“
Wahrgenommene Qualität der Beratung hat sich gegenüber 2014 verschlechtert
Insgesamt wird die Qualität der Beratungsgespräche von den wechselbereiten GKV-Versicherten schlechter als noch 2014 bewertet. Dies betrifft sowohl die wahrgenommene Objektivität und Fairness der Beratung, die individuelle Bedarfsermittlung sowie die Beantwortung aller Kundenfragen – alles wichtige Kriterien, die letztlich darüber entscheiden, ob es tatsächlich zu einem Kassenwechsel kommt oder nicht. Hier müssen die Anbieter entsprechend nacharbeiten.
Abschluss: Wechsler-Profile und Wechselwege
Frauen (58%) wechseln ihre Kasse aktuell vergleichsweise häufiger als Männer (42%). „Typische Wechsler“ sind zudem durchschnittlich 37 Jahre alt und kommen häufig aus mittleren Einkommens- und Bildungsniveaus. Wichtig ist zudem die Bindungsstärke zur bisherigen Kasse. Der Wechsel selbst wird weiterhin am häufigsten – mit jeweils etwas abnehmender Tendenz – unmittelbar bei einem Mitarbeiter in einer Geschäftsstelle der Kasse vollzogen (38%; 2014: 46%), gefolgt von Online-Abschlüssen über die Homepage der Krankenkasse (27%; 2014: 32%).
Eine deutliche Zunahme im Zeitvergleich 2014-2019 zeigt der schriftliche Abschluss via Brief oder Fax (17%; 2014: 2%). Gänzlich ohne persönliche Kontakte zur neuen Kasse im Verlauf der Customer Journey werden Kassenwechsel nur selten vollzogen. Zentraler „Touchpoint“ für den Kassenwechsel bleibt der Kontakt zu einem Berater.
Präferierte Anbieter bei GKV-Wechseln
Aktuell kann die Techniker Krankenkasse am stärksten vom Kassenwechsel im GKV-Markt profitieren: 19 Prozent der Wechsler haben sich am Ende für einen Wechsel zur TK entschieden. Aber auch kleinere Kassen, wie beispielsweise die hkk Krankenkasse, sind bei den Wechslern aktuell beliebt.
„Wichtige strategische Bausteine – sowohl in puncto Kundenbindung als auch in puncto Neugewinnung von Mitgliedern – stellen die Herausarbeitung und Kommunikation individueller Stärken, aktives Bindungsmanagement und Empfehlungsmarketing und gute Markenpflege dar. Und nicht zuletzt eine hohe Beratungsqualität im direkten Kontakt mit den Wechselwilligen“, resümiert Tanja Höllger. Nadine Neubert, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN, ergänzt: „In der Kommunikation mit den Versicherten sollten gleichermaßen klassische und digitale Kontaktkanäle genutzt werden. Reine Digitalstrategien greifen in der oft als ́existentiell ́ erlebten Krankenversicherung hingegen zu kurz.“
Weitere Studieninformationen und Studienbestellung
Die komplette rund 120-seitige Studie „Customer Journey zum GKV-Wechsel“ mit vielen weiteren Ergebnissen und Differenzierungen kann direkt über HEUTE UND MORGEN bezogen werden. Die Studie enthält umfangreiche Detailergebnisse und ausführliche Analysen zu Wechselbereitschaften, Wechselgründen, Wechseltreibern und Wechselhürden auf den verschiedenen Stationen und Etappen der Customer Journey, Entwicklungsvergleiche für den Zeitraum 2014 bis 2019 sowie zusätzliche Trendanalysen zu den bisherigen Wechselströmen zwischen verschiedenen Anbietern. Weitere Customer-Journey-Studien von HEUTE UND MORGEN liegen zu folgenden Sparten vor:PKV,Krankenzusatz, Pflegezusatz, LV/RV, BU, Kfz,Risiko-LV, Hausrat und Rechtsschutz.
Weitere Informationen zu den Studieninhalten und zur Bestellung: https://heuteundmorgen.de/wp-content/uploads/2019/10/Studienflyer-HUM-Customer-Journey-GKV_2019.pdf