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Frauenanteil in Vorständen nimmt weiter zu

Männer bleiben deutlich in der Überzahl. DAX-Konzerne gehen mit gutem Beispiel voran: 23 von 30 Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand.
Ernst & Young GmbH | 01.08.2019
Frauenanteil in Vorständen nimmt weiter zu – Männer bleiben aber deutlich in der Überzahl © Pixabay / Ernesto Eslava
 
Die Zahl weiblicher Vorstände in börsennotierten Unternehmen in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2019 zum achten Mal in Folge gestiegen – von 58 zu Jahresbeginn auf nun 61. Auch der Anteil der Frauen in den Vorstandsetagen der DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen ist in den vergangenen acht Halbjahren kontinuierlich gestiegen: Mittlerweile sind 8,7 Prozent aller Vorstände weiblich.

Auch wenn noch nie so viele Frauen Vorstandsposten innehatten, geben Männer weiterhin den Ton an: In zwei von drei Unternehmen entscheidet nicht eine Frau auf Vorstandsebene mit. Jedes dritte Unternehmen hat zumindest eine Frau im Vorstand, nur in sechs Prozent gehören zwei Frauen dem Vorstand an.

Bei der Gesamtverantwortung gab es sogar einen Rückschritt: Nur noch drei Konzerne werden von einer Frau als CEO geführt: DIC Asset, Hamburger Hafen und Logistik sowie GrenkeLeasing. Vor einem halben Jahr wurden noch vier der untersuchten Unternehmen von einer Frau gelenkt. Das von Prof. Dr. Dolores Schendel geführte Biotech-Unternehmen Medigene wird allerdings seit dem Frühjahr nicht mehr im SDAX gelistet.

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Struktur der Vorstände der 160 im DAX, MDAX und SDAX gelisteten Unternehmen, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zweimal jährlich durchführt.

Markus Heinen, Leiter des Geschäftsbereiches People Advisory Services in Deutschland, Österreich und der Schweiz: „Die Vorstände in den börsennotierten Unternehmen in Deutschland bleiben zum Großteil reine Männerclubs. Die Unternehmen befördern seit Jahren zwar immer mehr Frauen auf Vorstandsposten. Dennoch scheint kaum etwas voranzugehen: Noch immer werden zwei von drei Unternehmen ausschließlich von Männern gelenkt.“ Wenn die Zahl der Frauen in den Vorstandsgremien weiter so langsam steigt wie im ersten Halbjahr dieses Jahres, wird es bis zum Jahr 2048 dauern, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist.

23 von 30 DAX-Konzernen mit Frau im Vorstand – in MDAX und SDAX deutlich weniger


Mit gutem Beispiel voran gehen die DAX-Konzerne: 23 der 30 Unternehmen haben eine Frau im Vorstand, fünf kommen auf mindestens zwei Frauen. Allerdings hat sich an der Gesamtzahl der Frauen nichts geändert: Wie schon vor einem halben Jahr gehören 28 Frauen dem Führungsgremium an. Weil in der gleichen Zeit aber fünf männliche Vorstände hinzukamen, ist der Anteil um 0,3 Prozentpunkte auf 14,1 Prozent gesunken.

Bei den MDAX-Unternehmen erreicht der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder mit aktuell 8,6 Prozent einen neuen Höchstwert im Untersuchungszeitraum, liegt aber weiterhin klar unter der Quote der DAX-Unternehmen. Bei gerade einmal 28 Prozent der Unternehmen arbeitet mindestens eine Frau im Vorstand.

Noch schlechter sieht es im SDAX aus. Nur 12 von 258 Vorstandsmitgliedern sind weiblich – ein Anteil von 4,7 Prozent. Bei jedem sechsten SDAX-Unternehmen sitzt eine Frau im Vorstandsgremium.

Dafür, dass derzeit nicht mehr Frauen in den Unternehmen in Verantwortung sind, macht Heinen vor allem zwei Gründe verantwortlich: „Zum einen gibt es anders als für Aufsichtsräte keine gesetzliche Quote. Dadurch ist der Druck nicht so groß, Vorstandsposten mit Frauen zu besetzen. Zum anderen wäre dies aber auch bei einer Quote gar nicht so leicht: Weil in der Vergangenheit zu wenig für die Förderung weiblicher Managementtalente getan wurde, gibt es derzeit nicht übermäßig viele weibliche Führungskräfte mit der Erfahrung und Qualifikation, um einen weltweit operierenden Konzern zu führen.“

Die Entwicklung im DAX zeige aber: „Es ist möglich, den Frauenanteil deutlich zu erhöhen. In eigentlich allen Großunternehmen ist die Förderung von Frauen ein Riesenthema, denn mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass gemischte Teams besser arbeiten und auch die wirtschaftliche Perfomance des Unternehmens positiv beeinflussen. Und durch die Veränderung der Arbeitswelt werden wir auch Verbesserungen sehen: Teams organisieren sich zunehmend selbst, die Digitalisierung ermöglicht flexibles Arbeiten von jedem Ort. Das kommt gerade auch Frauen zugute, die es zunehmend leichter haben, Karriere und Familie zu verbinden.“


Telekommunikationsbranche setzt am stärksten auf weibliche Führungskräfte


In der Telekommunikationsbranche schaffen Frauen besonders oft den Sprung in die Unternehmensführung: 16 Prozent der Vorstandsmitglieder in den Telekommunikationsunternehmen sind weiblich. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Finanzbranche sowie die Transport- und Logistikbranche mit 14 beziehungsweise 13 Prozent.

Bei Pharma- und Biotechunternehmen, Rohstoffkonzernen und in der IT- und Technologiebranche ist aktuell nur jedes 20. Vorstandsmitglied eine Frau.