Brexit kostet Deutschland bis zu zehn Milliarden Euro jährlich
Wir haben untersucht, wie sich der Brexit auf die Einkommen in Europa auswirkt. Es zeigt sich: Die Briten müssten die größten Einkommensverluste schultern. Aber auch in Ländern wie Deutschland kostet der Brexit Milliarden. Die USA oder China hingegen, könnten vom Austritt der Briten sogar profitieren.
Wie der Brexit konkret aussehen wird, ist mehr als zwei Jahre nach dem Referendum in Großbritannien immer noch offen. Doch klar ist: Ein Brexit würde den Handel mit Waren und Dienstleistungen verteuern, die Unsicherheit vergrößern. Das drückt Wettbewerb, Konsum und Investitionen – insbesondere bei einem ausbleibenden Abkommen. Die Europäer, ohne Großbritannien, müssten bei einem harten Brexit Einkommensverluste von 40 Milliarden Euro pro Jahr hinnehmen. Am härtesten würde ein solcher "No-Deal-Brexit" die Briten selbst treffen: Auf das Vereinigte Königreich würden Einkommensverluste von 57 Milliarden Euro pro Jahr und rund 900 Euro pro Einwohner zukommen. Die Deutschen müssten sich auf Einkommensverluste in Höhe von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr und rund 115 Euro pro Person einstellen. Das wären nach Großbritannien die zweithöchsten Verluste in der EU. Besonders betroffen wären hierzulande die Regierungsbezirke Düsseldorf, Köln und Oberbayern, in denen ein harter Brexit mit Einkommensverlusten von 520 bis 650 Millionen Euro pro Jahr schwer wiegen würde.
"Der Brexit könnte das Fundament des größten gemeinsamen Wirtschaftsraums der Welt schwer beschädigen."
Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung
"Brüssel und London müssen alles tun, um den Ausstieg vertraglich zu regeln", kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender unserer Stiftung, die Ergebnisse weiter. Für die Analyse haben die Ökonomen Giordano Mion von der University of Sussex und Dominic Ponattu, Wirtschaftsexperte unserer Stiftung, anhand von Simulationsrechnungen und Auswertungen europäischer Handelsströme die Folgen eines Brexits prognostiziert. Die Studie liefert Ergebnisse für rund 300 Regionen in Europa. Die Einkommensverluste sind als Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr angegeben.
Ein Brexit unter vertraglich geregelten Bedingungen, wie ihn die EU mit der britischen Regierung ausgehandelt hat, könnte die negativen Folgen stark abschwächen. Die Autoren zeigen, dass sich im Fall eines solchen weichen Brexit die Einkommensverluste für Deutschland im Vergleich zum harten Brexit auf fünf Milliarden halbieren könnte. In Großbritannien wären die Einbußen mit rund 32 Milliarden Euro ebenfalls erheblich geringer als bei einem harten Brexit, bei dem die Einbußen 57 Milliarden Euro umfassen würden. Die gesamte EU, ausgenommen Großbritannien, müsste bei einem weichen Brexit mit insgesamt rund 22 Milliarden Euro an jährlichen Einkommensverlusten rechnen. Bei einemharten Brexit wären es 40 Milliarden Euro.
"Gerade Regionen mit produktiven Mittelstandsunternehmen wären von einem Brexit besonders betroffen."
Dominic Ponattu, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung
Die Studie zeigt auch, dass einige Länder außerhalb Europas vom Brexit profitieren könnten. Laut Autoren würden die US-Einkommen von einem harten Brexit profitieren und könnten um rund 13 Milliarden Euro jährlich steigen. In China würden die Einkommen um rund fünf Milliarden Euro jährlich steigen, in Russland wäre mit einem leichten Anstieg aufgrund des Brexits in Höhe von rund 260 Millionen Euro jährlich zu rechnen. "Vom Brexit sind europäische Wertschöpfungsketten negativ betroffen. Dadurch würde der Handel innerhalb Europas teurer und die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Rest der Welt attraktiver werden", so Ponattu.
Europaweit wären die Regionen im Süden Englands die größten Verlierer des Brexits, egal in welcher Variante. Das liegt auch an der räumlichen Nähe und den engen Handelsbeziehungen zum europäischen Festland. Am stärksten wäre London von einem harten Brexit betroffen. Hier würden die Einkommensverluste für alle Einwohner bei mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr liegen - pro-Kopf wären das rund 2.800 Euro. In Deutschland würde es den Regierungsbezirk Düsseldorf am stärksten treffen. Hier rechnen die Autoren mit Einkommensverlusten von insgesamt 650 Millionen Euro pro Jahr – dies entspricht rund 126 Euro jährlich pro Einwohner bei einem harten Brexit. Es folgen der Regierungsbezirk Oberbayern (mit dem Großraum München), wo die erwarteten Einkommensverluste bei 526 Millionen Euro pro Jahr und bei 115 Euro pro Kopf liegen.Im Regierungsbezirk Stuttgart liegen sie bei 473 Millionen Euro pro Jahr und 116 Euro pro Kopf. Die niedrigsten Verluste würden bei einem harten Brexit die Regionen Trier mit 50 Millionen Euro jährlich sowie Leipzig mit 76 Millionen Euro und Chemnitz mit 95 Millionen Euro treffen.
Nach Großbritannien und Deutschland müssten Frankreich und Italien die größten Einkommensverluste schultern: Die Franzosen müssten sich auf fast acht Milliarden Euro und die Italiener auf vier Milliarden Euro an jährlichen Einkommensverlusten gefasst machen. Bezogen auf die Kosten pro Arbeitnehmer würde ein harter Brexit vor allem in Irland gravierende Folgen haben: Laut Autoren würde er die Iren 720 Euro pro Kopf und Jahr kosten – das sindrund 3,5 Milliarden insgesamt. Auch die Niederlande wären gemessen an der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl mit insgesamt über drei Milliarden Euro an Einkommensverlusten stark betroffen.
Hohe Milliardenverluste müssen auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft gesehen werden. Beispielsweise müsste das britische Manchester hohe Einkommensverluste durch einen harten Brexit hinnehmen – doch aufgrund der Wirtschaftskraft der nordenglischen Stadt lägen die prozentualen Verluste der Einkommen dort im unteren Mittelfeld. Das gleiche Prinzip gilt für Bayern. Ein harter Brexit wäre für die ansässige exportorientierte Wirtschaft schmerzlich. Aber die weltweiten Handelsbeziehungen bayerischer Unternehmen könnten die Einkommensverluste zumindest abfedern.
Wesentliche Treiber für die Verluste sind Preisaufschläge und eine niedrigere Produktivität in Folge des Brexits: Neue Zölle, die im Binnenmarkt entfallen, würden Waren und Dienstleistungen verteuern. Der schwächere Handel mit Großbritannien würde darüber hinaus zu Preisaufschlägen führen, weil der Wettbewerb um die besten Produkte in Europa in vielen Branchen zurückgehen könnte. Gleichzeitig könnte die Produktivität von Unternehmen langsamer wachsen, weil Anreize für neue Investitionen und Produktinnovationen geringer würden. Der zu erwartende schwächere Wettbewerb und ein geringes Produktivitätswachstum könnten höhere Preisen bewirken und die Lohnentwicklung dämpfen.
Dazu zählen in Deutschland unter anderem Regionen wie das Rheinland und Ostwestfalen sowie das Umland der Metropolen Stuttgart und Hamburg. Je wichtiger die Handelsbeziehungen zwischen einer Region mit Großbritannien ausgeprägt sind, desto höher fallen die Verluste aus. Das gilt beispielsweise für Nordrhein-Westfalen: Dort ist Großbritannien nach den Niederlanden und Frankreich das wichtigste Exportland.
Wie der Brexit konkret aussehen wird, ist mehr als zwei Jahre nach dem Referendum in Großbritannien immer noch offen. Doch klar ist: Ein Brexit würde den Handel mit Waren und Dienstleistungen verteuern, die Unsicherheit vergrößern. Das drückt Wettbewerb, Konsum und Investitionen – insbesondere bei einem ausbleibenden Abkommen. Die Europäer, ohne Großbritannien, müssten bei einem harten Brexit Einkommensverluste von 40 Milliarden Euro pro Jahr hinnehmen. Am härtesten würde ein solcher "No-Deal-Brexit" die Briten selbst treffen: Auf das Vereinigte Königreich würden Einkommensverluste von 57 Milliarden Euro pro Jahr und rund 900 Euro pro Einwohner zukommen. Die Deutschen müssten sich auf Einkommensverluste in Höhe von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr und rund 115 Euro pro Person einstellen. Das wären nach Großbritannien die zweithöchsten Verluste in der EU. Besonders betroffen wären hierzulande die Regierungsbezirke Düsseldorf, Köln und Oberbayern, in denen ein harter Brexit mit Einkommensverlusten von 520 bis 650 Millionen Euro pro Jahr schwer wiegen würde.
"Der Brexit könnte das Fundament des größten gemeinsamen Wirtschaftsraums der Welt schwer beschädigen."
Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung
"Brüssel und London müssen alles tun, um den Ausstieg vertraglich zu regeln", kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender unserer Stiftung, die Ergebnisse weiter. Für die Analyse haben die Ökonomen Giordano Mion von der University of Sussex und Dominic Ponattu, Wirtschaftsexperte unserer Stiftung, anhand von Simulationsrechnungen und Auswertungen europäischer Handelsströme die Folgen eines Brexits prognostiziert. Die Studie liefert Ergebnisse für rund 300 Regionen in Europa. Die Einkommensverluste sind als Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr angegeben.
Weicher Brexit dämpft Einkommensverluste
Ein Brexit unter vertraglich geregelten Bedingungen, wie ihn die EU mit der britischen Regierung ausgehandelt hat, könnte die negativen Folgen stark abschwächen. Die Autoren zeigen, dass sich im Fall eines solchen weichen Brexit die Einkommensverluste für Deutschland im Vergleich zum harten Brexit auf fünf Milliarden halbieren könnte. In Großbritannien wären die Einbußen mit rund 32 Milliarden Euro ebenfalls erheblich geringer als bei einem harten Brexit, bei dem die Einbußen 57 Milliarden Euro umfassen würden. Die gesamte EU, ausgenommen Großbritannien, müsste bei einem weichen Brexit mit insgesamt rund 22 Milliarden Euro an jährlichen Einkommensverlusten rechnen. Bei einemharten Brexit wären es 40 Milliarden Euro.
"Gerade Regionen mit produktiven Mittelstandsunternehmen wären von einem Brexit besonders betroffen."
Dominic Ponattu, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung
USA und China könnten vom Brexit profitieren
Die Studie zeigt auch, dass einige Länder außerhalb Europas vom Brexit profitieren könnten. Laut Autoren würden die US-Einkommen von einem harten Brexit profitieren und könnten um rund 13 Milliarden Euro jährlich steigen. In China würden die Einkommen um rund fünf Milliarden Euro jährlich steigen, in Russland wäre mit einem leichten Anstieg aufgrund des Brexits in Höhe von rund 260 Millionen Euro jährlich zu rechnen. "Vom Brexit sind europäische Wertschöpfungsketten negativ betroffen. Dadurch würde der Handel innerhalb Europas teurer und die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Rest der Welt attraktiver werden", so Ponattu.
Industrie- und Handelsregionen gehören zu den größten Verlierern
Europaweit wären die Regionen im Süden Englands die größten Verlierer des Brexits, egal in welcher Variante. Das liegt auch an der räumlichen Nähe und den engen Handelsbeziehungen zum europäischen Festland. Am stärksten wäre London von einem harten Brexit betroffen. Hier würden die Einkommensverluste für alle Einwohner bei mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr liegen - pro-Kopf wären das rund 2.800 Euro. In Deutschland würde es den Regierungsbezirk Düsseldorf am stärksten treffen. Hier rechnen die Autoren mit Einkommensverlusten von insgesamt 650 Millionen Euro pro Jahr – dies entspricht rund 126 Euro jährlich pro Einwohner bei einem harten Brexit. Es folgen der Regierungsbezirk Oberbayern (mit dem Großraum München), wo die erwarteten Einkommensverluste bei 526 Millionen Euro pro Jahr und bei 115 Euro pro Kopf liegen.Im Regierungsbezirk Stuttgart liegen sie bei 473 Millionen Euro pro Jahr und 116 Euro pro Kopf. Die niedrigsten Verluste würden bei einem harten Brexit die Regionen Trier mit 50 Millionen Euro jährlich sowie Leipzig mit 76 Millionen Euro und Chemnitz mit 95 Millionen Euro treffen.
Nach Großbritannien und Deutschland müssten Frankreich und Italien die größten Einkommensverluste schultern: Die Franzosen müssten sich auf fast acht Milliarden Euro und die Italiener auf vier Milliarden Euro an jährlichen Einkommensverlusten gefasst machen. Bezogen auf die Kosten pro Arbeitnehmer würde ein harter Brexit vor allem in Irland gravierende Folgen haben: Laut Autoren würde er die Iren 720 Euro pro Kopf und Jahr kosten – das sindrund 3,5 Milliarden insgesamt. Auch die Niederlande wären gemessen an der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl mit insgesamt über drei Milliarden Euro an Einkommensverlusten stark betroffen.
Hohe Milliardenverluste müssen auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft gesehen werden. Beispielsweise müsste das britische Manchester hohe Einkommensverluste durch einen harten Brexit hinnehmen – doch aufgrund der Wirtschaftskraft der nordenglischen Stadt lägen die prozentualen Verluste der Einkommen dort im unteren Mittelfeld. Das gleiche Prinzip gilt für Bayern. Ein harter Brexit wäre für die ansässige exportorientierte Wirtschaft schmerzlich. Aber die weltweiten Handelsbeziehungen bayerischer Unternehmen könnten die Einkommensverluste zumindest abfedern.
Brexit drückt Produktivität und Wettbewerb – Mittelstandsregionen stark betroffen
Wesentliche Treiber für die Verluste sind Preisaufschläge und eine niedrigere Produktivität in Folge des Brexits: Neue Zölle, die im Binnenmarkt entfallen, würden Waren und Dienstleistungen verteuern. Der schwächere Handel mit Großbritannien würde darüber hinaus zu Preisaufschlägen führen, weil der Wettbewerb um die besten Produkte in Europa in vielen Branchen zurückgehen könnte. Gleichzeitig könnte die Produktivität von Unternehmen langsamer wachsen, weil Anreize für neue Investitionen und Produktinnovationen geringer würden. Der zu erwartende schwächere Wettbewerb und ein geringes Produktivitätswachstum könnten höhere Preisen bewirken und die Lohnentwicklung dämpfen.
Dazu zählen in Deutschland unter anderem Regionen wie das Rheinland und Ostwestfalen sowie das Umland der Metropolen Stuttgart und Hamburg. Je wichtiger die Handelsbeziehungen zwischen einer Region mit Großbritannien ausgeprägt sind, desto höher fallen die Verluste aus. Das gilt beispielsweise für Nordrhein-Westfalen: Dort ist Großbritannien nach den Niederlanden und Frankreich das wichtigste Exportland.