„Pleiten, Pech und Schokolade“
Der etwas andere Jahresrückblick
Das Ende eines Jahres ist immer die Zeit, in der man gerne über seine Erfolge und Niederlagen resümiert. Gut, Verkaufstrainer eher über ihre Erfolge. Doch das machen alle, ich will Sie heute an den Dingen teilhaben lassen, die nicht so funktioniert haben. Die großen Erfolge stehen dann wieder in einem anderen Newsletter. Jemand, der wie ich in den letzten zwei Jahren die meiste Zeit damit verbrachte, sein Ehrenamt auszuführen, musste dann in den letzten drei Monaten bei der Kaltakquise einen Zahn zulegen, damit das Auftragsbuch für nächstes Jahr gut gefüllt ist. Und genau das habe ich dann gemacht, konsequent und andauernd. Dabei gab es auch Situationen, die nicht so verliefen, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Situation Nr. 1: „Ich bin nicht der Mittelpunkt der Welt“
In „Konsensitives Verkaufen – die Methode“ beschreibe und trainiere ich, wie der Einstieg in ein Verkaufsgespräch funktioniert und wie man erfolgreich Kaltakquise betreibt. Selbstverständlich halte ich mich an meine eigenen Regeln. So gelang es mir, in einem Kaltakquisegespräch die Entscheiderin an die Strippe zu bekommen und wir vereinbarten, dass sie „Unterlagen“ von mir bekommt. Selbstverständlich hatte ich davor ihr „echtes“ Interesse daran überprüft. Die Unterlagen sind: Mein Buch „Verkaufe dein Produkt, nicht deine Seele“, unser Trainingsangebot und eine Packung „Merci-Schokolade“. Einige Tage danach erfolgte der wichtige Angebotsnachverfolgungsanruf. Die typische Frage der Telefonzentrale: „Weiß sie, um was es geht? Kennt sie Sie?“ Meine Antwort: „Ja, sie hat gerade ein Paket von uns bekommen.“ Und schon wurde ich durchgestellt. An der Meldung meiner Ansprechpartnerin – nennen wir sie Frau Meier-Huber – merkte ich schon, da stimmt was nicht. Ich nannte meinen Namen und sagte: „Sie haben unsere Unterlagen mit meinem Buch erhalten. Was hat Sie angesprochen?“ Schnippische Antwort: „Ich habe nichts bekommen.“ und der Ton zeigte klar, dass sie mich nicht zuordnen konnte. Sie wusste weder mit meinem Namen noch mit meinem „Trainingsangebot“ etwas anzufangen. Da ich nicht an Fehler durch die Bundespost glaube, diskutierte ich auch nicht darüber, sondern drückte mein Erstaunen aus und wiederholte meinen Satz: „Das Buch mit den Unterlagen zum Trainingsangebot…“. Kurze Pause – keine Reaktion. „…und die Schokolade“. Plötzlich ein Lachen und ein Ausruf: „Ja, die Schokolade – die habe ich erhalten, stimmt!“ Danach eine kurze Erklärung, dass sie es noch nicht geschafft habe, das Paket zu öffnen und sich die Unterlagen anzusehen und schon fast entschuldigend, aber auch die Schokolade noch nicht gegessen hätte. Ich habe ihr dann einen Deal angeboten: Sie sagt mir jetzt, bis wann sie es schafft, die Unterlagen bewusst anzusehen und ich gebe die Schokolade zum sofortigen Verzehr frei. Lachend nahm sie mein Angebot an. Fester Telefontermin im Januar – und die Schokolade wird verzehrt. Fazit: Im wirklichen Vertriebsleben ist weder eine gute Verkaufsmethode immer ausschlaggebend, noch eine ausgeklügelte Kaltakquise-Einstiegstechnik, um in Erinnerung zu bleiben. Im Alltag helfen nur die Dinge, die die wirklichen und in der Situation relevanten Emotionen treffen. Im Stress des Jahresendgeschäftes ist das Schokolade.
Situation Nr. 2: Einfach mal so vom Tisch gewischt
In diesem Beispiel hat mich eine Geschäftsführerin kalt erwischt. Im Gespräch mit der Telefonzentrale sagt die Dame nett und freundlich „Unsere Geschäftsführerin Frau Huber-Müller ruft Sie gerne zurück.“ Ich glaube kein Wort, aber um die Form zu wahren, hinterlasse ich Name, Telefonnummer und mein Anliegen. Ich lege den Hörer auf und denke: „ Auf den Arm nehmen kann ich mich selbst“ und lege die Adresse für ein paar Tage später auf Wiedervorlage. Denn in der heutigen Zeit ruft die Geschäftsführung in der Kaltakquisephase nicht zurück. Sie hat sicherlich anderes zu tun. Danach rufe ich die nächste Nummer auf meiner Liste an. 15 Minuten später, ich spreche gerade die Abschiedsworte im laufenden Gespräch, signalisiert mir mein Assistent, dass besagte Geschäftsführerin am Telefon sei – der versprochene Rückruf. Vollständig überrascht nehme ich das Gespräch an, erkläre, um was es geht, um abschließend zu fragen: „Wie interessant ist das für Sie?“ Und werde mit drei Sätzen nett, kompetent und absolut klar aber so was vom Tisch gefegt, dass ich – wenn ich einen Telefonhörer in der Hand gehabt hätte – als Standbild – Hörer 20 cm vom Ohr entfernt – offener Mund – sprachlos – eingefroren – übrig geblieben wäre. Ich hatte ein Headset auf – damit sieht das Bild, welches ich abgab nicht ganz so doof aus. Aber sprachlos bleibt sprachlos. Damit es kein Missverständnis gibt, die Antwort war nicht verärgert, wütend oder gar beleidigend – nein, es war ein klares „Nein“ und in meiner Überraschung, dass ein Rückruf erfolgte, fehlte mir einfach die „gewohnte Schlagfertigkeit“. Was würden die meisten Verkäufer jetzt tun? Hand aufs Herz, liebe Leserin, lieber Leser! Je nach Temperament, wütend im Büro herumlaufen und schimpfen: „Was bildet die sich eigentlich ein…“ oder „Wo gibt’s denn so was“ oder „Geht’s noch…“. Aber seien wir doch ehrlich – sie war in diesem Moment einfach besser als ich. Das kann man auch einmal neidlos anerkennen. Gesagt, getan – ich nahm eine unserer besonderen Postkarten und schrieb ihr folgenden Text:
Guten Tag, Frau Huber-Müller, herzlichen Dank für Ihren Rückruf. Dass eine Geschäftsführerin in der heutigen Zeit zurückruft, ist ausgesprochen ungewöhnlich und nicht selbstverständlich. Sie haben mich damit sehr beeindruckt. Anbei erhalten Sie mein Buch…, vielleicht eine Möglichkeit, Sie ebenfalls zu beeindrucken. ….
Mit dieser Reaktion schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe – sie kann der Beginn einer wunderbaren Geschäftsbeziehung werden und egal wie es ausgeht, ich werde mit einem Schlag alle negativen Gefühle los, die sich im anderen Fall zwar akustisch gegen den Gesprächspartner richten aber – seien wir ehrlich – ich mich innerlich über mich und meine „Sprachlosigkeit“ ärgere. Die Leistung unseres Gegenübers anzuerkennen, stärkt auch das eigene Selbstbewusstsein und lässt uns erfolgreich weiterarbeiten.
Situation Nr. 3: Der Tag, an dem ich einen 50.000 € Auftrag verlor
Seit zwei Jahren habe ich einen Kunden, der bisher seine Trainingsaufträge so vergab, dass jeder Gebietsverkaufsleiter selbständig sein Weiterbildungsbudget ausgab, wie er es für richtig hielt. Es machte immer viel Freude, dort zu arbeiten. 2014 soll sich dies ändern. Es wird ein einheitliches Trainingskonzept entwickelt und das Budget zentral verwaltet werden, dabei geht es um einen 50.000 € Auftrag. Deshalb Vorstellungsgespräch bei der zuständigen Dame. Ich fühlte mich ausgesprochen sicher, denn ich kannte das Unternehmen, die Rückmeldungen zum Training waren immer super, die Randbedingungen wie z. B. der Tagessatz waren klar – aus meiner Sicht ein gelungenes Gespräch, alles bestens. Zwei Wochen später: Absage! Wir haben uns für einen Mitbewerber entschieden. Der Grund: Meine auffallende Erscheinung!
Nun, wie Sie liebe Leser wissen, ist meine Marke „rot“ und entsprechend ist mein Auftreten „rot“ und erfüllt nicht gerade den Tatbestand „graue Maus“.
Tja, da war ich mir wohl zu sicher. Da habe ich nicht aufgepasst. Was ist die erste Reaktion. Verzweifelter Versuch, sich in den eigenen Hintern zu beißen. Geht nicht, dazu bin ich nicht mehr gelenkig genug. Ab sofort werden nur noch die Farben grau, beige, braun getragen – zurück zur optischen Bedeutungslosigkeit. Ja, es hat mich wirklich getroffen. Doch wie heißt es so schön: „Wichtig ist nicht, was uns passiert, sondern wie wir damit umgehen“. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir dazu neigen, wenn eine Methode oder die Art und Weise wie wir einen Ablauf gestalten oder eine Aufgabe lösen, einmal nicht funktioniert, dass wir dann sofort das gesamte System in Frage stellen. Und das ist meiner Meinung nach falsch oder zumindest mit Vorsicht zu betrachten. Denn mitten in der schieflaufenden Situation vergessen wir, wie oft es schon geklappt hat. Zum Beispiel habe ich schon viele Aufträge bekommen, weil „rot“ mein Branding ist und ich es so konsequent umsetzte. Eine Situation, die nicht so erfolgreich verlaufen ist, wie wir uns das gewünscht oder geplant hatten, sollte nie dazu führen, dass wir in hektischen und unstrukturierten Aktionismus ausbrechen. Dadurch könnte es tatsächlich schlimmer werden, als es in dieser Situation in diesem Moment sowieso schon ist. Muss aber nicht.
Drei wichtige Regeln in solch einem Fall:
1.) Gönnen Sie sich eine Trauerzeit
Wenn wir jemanden verlieren ist es vollkommen normal, dass wir trauern. Das Gleiche gilt auch, wenn wir etwas verlieren, zum Beispiel einen Auftrag oder wenn ein Plan nicht geklappt hat. Was ist Ihr „Trauerritual“? Bei mir persönlich kann es eine schön zelebrierte Tasse Cappuccino (bei kleinen Verlusten), möglichst im Café gegenüber sein. Bei solch einem großen Verlust wie einem 50.000 € Auftrag kann es auch einen Nachmittag mit anschließendem Abend auf der Couch bedeuten, mit allen verbotenen Lebensmitteln und Süßigkeiten und den sinnlosesten Serien, die der Fernseher hergibt. Ich bin der Welt böse und die Welt soll das ruhig sehen.
Doch am nächsten Tag gilt es, die Situation wieder anzupacken und erfolgreich zu lösen.
2.) Fragen Sie eine Expertin oder einen Experten
Oft bieten wir als Berater und Experte unser Wissen als Dienstleistung an, meiden es Verkaufstipp-56-6jedoch selbst konsequent, den Rat eines Experten einzuholen. Beinahe so wie die Katze das Wasser.
Doch je tiefer wir in der Sache stecken bzw. je mehr wir uns aufgeregt oder geärgert haben oder auch nur verwundert sind, desto wichtiger wäre es, jetzt die Meinung eines Experten zu erfragen. Entgegen der Meinung vieler, bedeutet einen Rat einzuholen nicht, ein Beratungsabo für ein Jahr abzuschließen, sondern oft reicht es auch, nur eine Stunde Beratung zu kaufen und man sieht den Wald vor lauter Bäume wieder.
Ein guter Ratgeber kann auch eine Person in Ihrem Umfeld sein, z. B. Mitarbeiter, Kollegen oder Verwandte – Menschen, deren Blick und Erfahrung nicht durch den Verlust des momentanen Erfolges und der dadurch entstandenen Emotionen getrübt wurde.
3.) Einmal ist keinmal
Dieser alte Spruch sollte uns innehalten und überlegen lassen, wie es wirklich war. Wie war es in der Vergangenheit? Wie oft hat es geklappt? Warum hat es diesmal nicht geklappt? Welche Parameter haben sich verändert? Haben sich überhaupt Parameter verändert? Oder war die Antwort oder die Reaktion eine einmalige außergewöhnliche Reaktion, die, weil soeben geschehen, uns zwar sehr trifft, aber keinerlei Referenz auf die tatsächlichen Faktoren oder Umstände darstellt.
Das könnte die Zeit sein, in der es nötig ist, eine Statistik zu erstellen und die wirklichen Ergebnisse durch Zahlen, Daten und Fakten zu erheben. Erst wenn das Ergebnis vorliegt, empfiehlt es sich, sein Vorgehen zu verändern oder eben nicht.
Egal wie professionell wir in unseren Aufgaben sind, es wird immer Momente geben, in denen wir verlieren. Das liegt schon in der Natur der Sache – denn auf unserem Planeten herrscht das Polaritätsgesetz. Es gibt keinen Sieg ohne eine Niederlage, keinen Gewinn ohne einen Verlust, keine Liebe ohne Hass und keinen Frieden ohne Krieg. Mal gewinnen wir und mal verlieren wir. Aber das ist auch die Voraussetzung für Wachstum, denn wenn wir immer gewinnen würden, würden wir leichtsinnig werden. Wir würden uns nicht mehr weiterbilden und dazulernen. Wir würden abstumpfen. Und genau das möchte ich nicht. Deswegen danke ich für die Lerngeschenke, die das Leben für mich bereithält – vielleicht nicht immer unmittelbar aber mit dem nötigen emotionalen Abstand.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen erholsame Feiertage und zwischen den Jahren einen festen Blick auf die Dinge, die funktioniert haben und die Dinge, die nicht geklappt haben. Denn es sind die Lerngeschenke, die Ihnen im neuen Jahr zu vielen weiteren Erfolgen verhelfen. Das wünsche ich Ihnen von Herzen!
Ihre
Gaby S. Graupner
Das Ende eines Jahres ist immer die Zeit, in der man gerne über seine Erfolge und Niederlagen resümiert. Gut, Verkaufstrainer eher über ihre Erfolge. Doch das machen alle, ich will Sie heute an den Dingen teilhaben lassen, die nicht so funktioniert haben. Die großen Erfolge stehen dann wieder in einem anderen Newsletter. Jemand, der wie ich in den letzten zwei Jahren die meiste Zeit damit verbrachte, sein Ehrenamt auszuführen, musste dann in den letzten drei Monaten bei der Kaltakquise einen Zahn zulegen, damit das Auftragsbuch für nächstes Jahr gut gefüllt ist. Und genau das habe ich dann gemacht, konsequent und andauernd. Dabei gab es auch Situationen, die nicht so verliefen, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Situation Nr. 1: „Ich bin nicht der Mittelpunkt der Welt“
In „Konsensitives Verkaufen – die Methode“ beschreibe und trainiere ich, wie der Einstieg in ein Verkaufsgespräch funktioniert und wie man erfolgreich Kaltakquise betreibt. Selbstverständlich halte ich mich an meine eigenen Regeln. So gelang es mir, in einem Kaltakquisegespräch die Entscheiderin an die Strippe zu bekommen und wir vereinbarten, dass sie „Unterlagen“ von mir bekommt. Selbstverständlich hatte ich davor ihr „echtes“ Interesse daran überprüft. Die Unterlagen sind: Mein Buch „Verkaufe dein Produkt, nicht deine Seele“, unser Trainingsangebot und eine Packung „Merci-Schokolade“. Einige Tage danach erfolgte der wichtige Angebotsnachverfolgungsanruf. Die typische Frage der Telefonzentrale: „Weiß sie, um was es geht? Kennt sie Sie?“ Meine Antwort: „Ja, sie hat gerade ein Paket von uns bekommen.“ Und schon wurde ich durchgestellt. An der Meldung meiner Ansprechpartnerin – nennen wir sie Frau Meier-Huber – merkte ich schon, da stimmt was nicht. Ich nannte meinen Namen und sagte: „Sie haben unsere Unterlagen mit meinem Buch erhalten. Was hat Sie angesprochen?“ Schnippische Antwort: „Ich habe nichts bekommen.“ und der Ton zeigte klar, dass sie mich nicht zuordnen konnte. Sie wusste weder mit meinem Namen noch mit meinem „Trainingsangebot“ etwas anzufangen. Da ich nicht an Fehler durch die Bundespost glaube, diskutierte ich auch nicht darüber, sondern drückte mein Erstaunen aus und wiederholte meinen Satz: „Das Buch mit den Unterlagen zum Trainingsangebot…“. Kurze Pause – keine Reaktion. „…und die Schokolade“. Plötzlich ein Lachen und ein Ausruf: „Ja, die Schokolade – die habe ich erhalten, stimmt!“ Danach eine kurze Erklärung, dass sie es noch nicht geschafft habe, das Paket zu öffnen und sich die Unterlagen anzusehen und schon fast entschuldigend, aber auch die Schokolade noch nicht gegessen hätte. Ich habe ihr dann einen Deal angeboten: Sie sagt mir jetzt, bis wann sie es schafft, die Unterlagen bewusst anzusehen und ich gebe die Schokolade zum sofortigen Verzehr frei. Lachend nahm sie mein Angebot an. Fester Telefontermin im Januar – und die Schokolade wird verzehrt. Fazit: Im wirklichen Vertriebsleben ist weder eine gute Verkaufsmethode immer ausschlaggebend, noch eine ausgeklügelte Kaltakquise-Einstiegstechnik, um in Erinnerung zu bleiben. Im Alltag helfen nur die Dinge, die die wirklichen und in der Situation relevanten Emotionen treffen. Im Stress des Jahresendgeschäftes ist das Schokolade.
Situation Nr. 2: Einfach mal so vom Tisch gewischt
In diesem Beispiel hat mich eine Geschäftsführerin kalt erwischt. Im Gespräch mit der Telefonzentrale sagt die Dame nett und freundlich „Unsere Geschäftsführerin Frau Huber-Müller ruft Sie gerne zurück.“ Ich glaube kein Wort, aber um die Form zu wahren, hinterlasse ich Name, Telefonnummer und mein Anliegen. Ich lege den Hörer auf und denke: „ Auf den Arm nehmen kann ich mich selbst“ und lege die Adresse für ein paar Tage später auf Wiedervorlage. Denn in der heutigen Zeit ruft die Geschäftsführung in der Kaltakquisephase nicht zurück. Sie hat sicherlich anderes zu tun. Danach rufe ich die nächste Nummer auf meiner Liste an. 15 Minuten später, ich spreche gerade die Abschiedsworte im laufenden Gespräch, signalisiert mir mein Assistent, dass besagte Geschäftsführerin am Telefon sei – der versprochene Rückruf. Vollständig überrascht nehme ich das Gespräch an, erkläre, um was es geht, um abschließend zu fragen: „Wie interessant ist das für Sie?“ Und werde mit drei Sätzen nett, kompetent und absolut klar aber so was vom Tisch gefegt, dass ich – wenn ich einen Telefonhörer in der Hand gehabt hätte – als Standbild – Hörer 20 cm vom Ohr entfernt – offener Mund – sprachlos – eingefroren – übrig geblieben wäre. Ich hatte ein Headset auf – damit sieht das Bild, welches ich abgab nicht ganz so doof aus. Aber sprachlos bleibt sprachlos. Damit es kein Missverständnis gibt, die Antwort war nicht verärgert, wütend oder gar beleidigend – nein, es war ein klares „Nein“ und in meiner Überraschung, dass ein Rückruf erfolgte, fehlte mir einfach die „gewohnte Schlagfertigkeit“. Was würden die meisten Verkäufer jetzt tun? Hand aufs Herz, liebe Leserin, lieber Leser! Je nach Temperament, wütend im Büro herumlaufen und schimpfen: „Was bildet die sich eigentlich ein…“ oder „Wo gibt’s denn so was“ oder „Geht’s noch…“. Aber seien wir doch ehrlich – sie war in diesem Moment einfach besser als ich. Das kann man auch einmal neidlos anerkennen. Gesagt, getan – ich nahm eine unserer besonderen Postkarten und schrieb ihr folgenden Text:
Guten Tag, Frau Huber-Müller, herzlichen Dank für Ihren Rückruf. Dass eine Geschäftsführerin in der heutigen Zeit zurückruft, ist ausgesprochen ungewöhnlich und nicht selbstverständlich. Sie haben mich damit sehr beeindruckt. Anbei erhalten Sie mein Buch…, vielleicht eine Möglichkeit, Sie ebenfalls zu beeindrucken. ….
Mit dieser Reaktion schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe – sie kann der Beginn einer wunderbaren Geschäftsbeziehung werden und egal wie es ausgeht, ich werde mit einem Schlag alle negativen Gefühle los, die sich im anderen Fall zwar akustisch gegen den Gesprächspartner richten aber – seien wir ehrlich – ich mich innerlich über mich und meine „Sprachlosigkeit“ ärgere. Die Leistung unseres Gegenübers anzuerkennen, stärkt auch das eigene Selbstbewusstsein und lässt uns erfolgreich weiterarbeiten.
Situation Nr. 3: Der Tag, an dem ich einen 50.000 € Auftrag verlor
Seit zwei Jahren habe ich einen Kunden, der bisher seine Trainingsaufträge so vergab, dass jeder Gebietsverkaufsleiter selbständig sein Weiterbildungsbudget ausgab, wie er es für richtig hielt. Es machte immer viel Freude, dort zu arbeiten. 2014 soll sich dies ändern. Es wird ein einheitliches Trainingskonzept entwickelt und das Budget zentral verwaltet werden, dabei geht es um einen 50.000 € Auftrag. Deshalb Vorstellungsgespräch bei der zuständigen Dame. Ich fühlte mich ausgesprochen sicher, denn ich kannte das Unternehmen, die Rückmeldungen zum Training waren immer super, die Randbedingungen wie z. B. der Tagessatz waren klar – aus meiner Sicht ein gelungenes Gespräch, alles bestens. Zwei Wochen später: Absage! Wir haben uns für einen Mitbewerber entschieden. Der Grund: Meine auffallende Erscheinung!
Nun, wie Sie liebe Leser wissen, ist meine Marke „rot“ und entsprechend ist mein Auftreten „rot“ und erfüllt nicht gerade den Tatbestand „graue Maus“.
Tja, da war ich mir wohl zu sicher. Da habe ich nicht aufgepasst. Was ist die erste Reaktion. Verzweifelter Versuch, sich in den eigenen Hintern zu beißen. Geht nicht, dazu bin ich nicht mehr gelenkig genug. Ab sofort werden nur noch die Farben grau, beige, braun getragen – zurück zur optischen Bedeutungslosigkeit. Ja, es hat mich wirklich getroffen. Doch wie heißt es so schön: „Wichtig ist nicht, was uns passiert, sondern wie wir damit umgehen“. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir dazu neigen, wenn eine Methode oder die Art und Weise wie wir einen Ablauf gestalten oder eine Aufgabe lösen, einmal nicht funktioniert, dass wir dann sofort das gesamte System in Frage stellen. Und das ist meiner Meinung nach falsch oder zumindest mit Vorsicht zu betrachten. Denn mitten in der schieflaufenden Situation vergessen wir, wie oft es schon geklappt hat. Zum Beispiel habe ich schon viele Aufträge bekommen, weil „rot“ mein Branding ist und ich es so konsequent umsetzte. Eine Situation, die nicht so erfolgreich verlaufen ist, wie wir uns das gewünscht oder geplant hatten, sollte nie dazu führen, dass wir in hektischen und unstrukturierten Aktionismus ausbrechen. Dadurch könnte es tatsächlich schlimmer werden, als es in dieser Situation in diesem Moment sowieso schon ist. Muss aber nicht.
Drei wichtige Regeln in solch einem Fall:
1.) Gönnen Sie sich eine Trauerzeit
Wenn wir jemanden verlieren ist es vollkommen normal, dass wir trauern. Das Gleiche gilt auch, wenn wir etwas verlieren, zum Beispiel einen Auftrag oder wenn ein Plan nicht geklappt hat. Was ist Ihr „Trauerritual“? Bei mir persönlich kann es eine schön zelebrierte Tasse Cappuccino (bei kleinen Verlusten), möglichst im Café gegenüber sein. Bei solch einem großen Verlust wie einem 50.000 € Auftrag kann es auch einen Nachmittag mit anschließendem Abend auf der Couch bedeuten, mit allen verbotenen Lebensmitteln und Süßigkeiten und den sinnlosesten Serien, die der Fernseher hergibt. Ich bin der Welt böse und die Welt soll das ruhig sehen.
Doch am nächsten Tag gilt es, die Situation wieder anzupacken und erfolgreich zu lösen.
2.) Fragen Sie eine Expertin oder einen Experten
Oft bieten wir als Berater und Experte unser Wissen als Dienstleistung an, meiden es Verkaufstipp-56-6jedoch selbst konsequent, den Rat eines Experten einzuholen. Beinahe so wie die Katze das Wasser.
Doch je tiefer wir in der Sache stecken bzw. je mehr wir uns aufgeregt oder geärgert haben oder auch nur verwundert sind, desto wichtiger wäre es, jetzt die Meinung eines Experten zu erfragen. Entgegen der Meinung vieler, bedeutet einen Rat einzuholen nicht, ein Beratungsabo für ein Jahr abzuschließen, sondern oft reicht es auch, nur eine Stunde Beratung zu kaufen und man sieht den Wald vor lauter Bäume wieder.
Ein guter Ratgeber kann auch eine Person in Ihrem Umfeld sein, z. B. Mitarbeiter, Kollegen oder Verwandte – Menschen, deren Blick und Erfahrung nicht durch den Verlust des momentanen Erfolges und der dadurch entstandenen Emotionen getrübt wurde.
3.) Einmal ist keinmal
Dieser alte Spruch sollte uns innehalten und überlegen lassen, wie es wirklich war. Wie war es in der Vergangenheit? Wie oft hat es geklappt? Warum hat es diesmal nicht geklappt? Welche Parameter haben sich verändert? Haben sich überhaupt Parameter verändert? Oder war die Antwort oder die Reaktion eine einmalige außergewöhnliche Reaktion, die, weil soeben geschehen, uns zwar sehr trifft, aber keinerlei Referenz auf die tatsächlichen Faktoren oder Umstände darstellt.
Das könnte die Zeit sein, in der es nötig ist, eine Statistik zu erstellen und die wirklichen Ergebnisse durch Zahlen, Daten und Fakten zu erheben. Erst wenn das Ergebnis vorliegt, empfiehlt es sich, sein Vorgehen zu verändern oder eben nicht.
Egal wie professionell wir in unseren Aufgaben sind, es wird immer Momente geben, in denen wir verlieren. Das liegt schon in der Natur der Sache – denn auf unserem Planeten herrscht das Polaritätsgesetz. Es gibt keinen Sieg ohne eine Niederlage, keinen Gewinn ohne einen Verlust, keine Liebe ohne Hass und keinen Frieden ohne Krieg. Mal gewinnen wir und mal verlieren wir. Aber das ist auch die Voraussetzung für Wachstum, denn wenn wir immer gewinnen würden, würden wir leichtsinnig werden. Wir würden uns nicht mehr weiterbilden und dazulernen. Wir würden abstumpfen. Und genau das möchte ich nicht. Deswegen danke ich für die Lerngeschenke, die das Leben für mich bereithält – vielleicht nicht immer unmittelbar aber mit dem nötigen emotionalen Abstand.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen erholsame Feiertage und zwischen den Jahren einen festen Blick auf die Dinge, die funktioniert haben und die Dinge, die nicht geklappt haben. Denn es sind die Lerngeschenke, die Ihnen im neuen Jahr zu vielen weiteren Erfolgen verhelfen. Das wünsche ich Ihnen von Herzen!
Ihre
Gaby S. Graupner