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Nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch Kundenintegration bei der Produktgestaltung.

Sinkende Markenloyalität erfordert neue Wege um Kunden hinsichtlich ihres Bedarfes gezielt anzusprechen. Integration in Produktgestaltung ist gefragt
Hans Herrmann | 09.01.2011
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch Kundenintegration bei der Produktgestaltung.
Zielgruppe und Produktmodell von höchster Relevanz.


Die Märkte sind in den westlichen Industrieländern weitgehend gesättigt. Als Folge herrscht ein stärker werdender Wettbewerbsdruck, so dass aufgrund der Austauschbarkeit des Angebots ständig schneller an der Preisschraube gedreht wird. Was ist also zu tun, um von einer Preiserosion wegzukommen? Anders als die anderen zu sein; dies ist das Geheimnis des Erfolgs, so der Filmregisseur Woody Allen. Sich aus der Masse hervorheben kann nur die Devise sein. Nicht nur für Unternehmen hat dies Gültigkeit, sondern auch für Menschen, die sich gegenüber ihren Wettbewerbern im Beruf differenzieren wollen.

Viele Hersteller haben versucht infolge einer Heterogenität der Kundenwünsche mit einer erhöhten Variantenvielfalt Trends zu schaffen. Nur in wenigen Fällen konnte der Wunsch der Verbraucher allerdings nach Individualität auch entsprochen werden. Sinkende Marken- und Kundenloyalität in den letzten Jahren erfordern ebenfalls neue Wege, um Kunden hinsichtlich deren Bedarfe gezielt anzusprechen. Eine bereits bei Konsumgütern teilweise praktizierte Methode zur Integration, ist Kunden in die Produktgestaltung mit einzubeziehen. Dabei wird der Kunde bzw. sein Wissen und seine Aktivitäten im Rahmen von Open Innovation systematisch in einzelne oder sogar in alle Phasen des Innovationsprozesses integriert.

Wie kann diese Kundenintegration in optimaler Weise aussehen? Dieser Frage ist der Lehr-stuhl für Marketing für Marketing I an der Uni Mainz zusammen mit der Strategieberatung 2hm & Associates in einer eigenen Studie nachgegangen. Im Rahmen einer Online-Befragung bei Verbraucher fanden mehr als 90 % die Möglichkeit zur Mitgestaltung ihrer Produkte interessant. Eine konkrete Mitwirkung würden ebenso viele nutzen. Dabei werden die Probanden aufgefordert, realitätsnahe Auswahlentscheidungen zwischen verschiedenen Produktkonfigurationen zu treffen. Die Frage, welche Merkmale eine Entscheidungsrelevanz besitzen, wurde in der Studie mittels einer Choice-Based Conjoint Analyse (CBC-Analyse) beantwortet.

Entlohnung ist wichtigstes Merkmal für die Teilnehmer
Die Bereitschaft der Verbraucher bei der Mitgestaltung von Produkten hängt in erster Linie von der Entlohnung mit einem Anteil von 52 % ab. Dabei hat für die Hälfte der potentiellen Teilnehmer die höchste Priorität eine monitäre Bezahlung vor einem Einkaufsgutschein, den nur ein Viertel bevorzugen würde. Die Integrationsmethode bzw. die Art der Beteiligung ist für 24 % relevant, wobei eine Online-Kommunikation den höchsten Teilnutzenwert erreicht. Eine Teilnahme mit einem ganztägigen Workshop wird dagegen nur von einem Achtel bevorzugt. Damit liegt klar die Präferenz auf einer Einbindungsmethode mit dem geringsten Aufwand. Am Drittwichtigsten bei der Mitgestaltung ist für die Verbraucher die Marke. In dem Untersuchungsbeispiel zu Laufschuhen wird den Marken Nike und Adidas den größten Nutzen beigemessen.
In der Kombination aller Merkmale erreicht ein Integrationsangebot mit der Marke Adidas, einer Online-Befragung, einer einmaligen Beteiligung sowie die Entlohnung mit einem Einkaufsgutschein die höchste Präferenz. Demnach ist Unter-nehmen unbedingt zu empfehlen, ein Anreizsystem zu schaffen, welches extrinsische Motive der Kunden anspricht und die Entlohnung in monetärer Form offeriert.

Optimales Kundenintegrationsangebot senkt Risikopotential neuer Produkte
Anhand von Freizeitschuhen wurden den Probanden umfangreiche Produktmerkmale vorgegeben, aus denen sie sich ihre Präferenzen bilden konnten. Ziel war es festzustellen, welche Eigenschaften eine hohe Relevanz bei der Wahl des Schuhs haben. Demnach wurde dem Schuhmodell mit mehr als 50 % die höchste Wichtigkeit beigemessen, gefolgt vom Preis mit 31 %. Die weiteren Nutzenkriterien folgen mit größerem Abstand, wie die Komponentenkonfiguration mit 10 %, dem Material mit 7 % sowie die Farbauswahl mit nur einem 1 %. Innerhalb des Schuhmodells stiftet dann der Knöchelhochschuh den größten Teilnutzen. Wie zu erwarten war, erreicht der niedrigste Preis die höchste relative Wichtigkeit. Das Merkmal Komponentenkonfiguration hat den stärksten Bezug für den Nutzer bei der individuellen Produktgestaltung mitzuwirken. Dabei weist die Ausprägung mit der größten Anzahl an veränderbaren Komponenten den größten Nutzen auf. Insgesamt fällt auf, dass keine großen Sprungstellen zu finden sind, denn ein Mehr an Optionen kann für Verwirrung und Komplexität sorgen.

Zielgruppen entscheidend für die Kundenintegration
Welche Zielgruppen spielen für die Marke die wichtigste Rolle? Bei der Auswahl der Teilnehmer für Kundenintegration ist darauf zu achten, dass eine ausreichende Anzahl Verwender der Marke vorhanden sind. Nur damit, lassen sich für das Unternehmen markenadäquate Produkte mit Kunden entwickeln und erfolg-reich vermarkten lassen.

Wie wichtig eine Betrachtung nach Zielgruppen bzw. Verbrauchersegmenten ist, zeigt sich bei der Unterscheidung der Ergebnisse beispielsweise nach modeinteressierten und funkti-onsorientierten Käufern. Einen signifikanten Unterschied gibt es beim Merkmal Preis. So empfinden diejenigen, die eine Meinungsführungsschaft zur Mode aufweisen, eine geringere Wichtigkeit dazu bzw. eine höhere Preisbereitschaft. Ebenso ist eine höhere Bedeutsamkeit für die eigentlichen produktgestalterischen Merkmale zu erkennen, als bei jener Gruppe, die Trends eher folgt. „Eine Kundenintegration ist eine erfolgreiche unternehmerische Strategie zur Wettbewerbsdifferenzierung und zur Hebung von Preispotentialen“, so das Fazit von Prof. Frank Huber, Partner bei 2hm.