Motorola übernimmt Good Technology – Eine weitere Herausforderung für RIM?
Anfang des Monats hat der Endgerätehersteller Motorola die geplante Übernahme des Mobile E-Mail-Anbieters Good Technology bekannt gegeben. Damit setzt sich der Trend der Konsolidierung auf dem Markt für Mobile E-Mail fort, und es entwickelt sich ein weiterer Konkurrent für den bisherigen Marktführer Research In Motion (RIM). Stellt die Stärkung von Good aber eine ernsthafte Gefahr für die Marktführerschaft des BlackBerry dar?
Zunächst ist die Architektur von Goods Mobile-E-Mail-Lösung der von RIM sehr ähnlich: neben einem Middleware-Server auf dem Firmengelände wird ein vom Anbieter betriebenes 'Network Operation Center' benötigt, über das die E-Mails geroutet werden. Im Gegensatz zu RIM unterstützt Good jedoch eine sehr offene Endgerätestrategie, obwohl etwa das Motorola Q Smartphone bereits mit der Good-Technologie ausgestattet ist. Sobald das Q auch in Europa auf dem Markt ist, wird sich zeigen, ob Motorola/Good der großen Popularität des BlackBerry im Geschäftskundenbereich etwas entgegenhalten kann.
Bislang sind die Folgen der Übernahme von Good Technology durch Motorola nämlich in erster Linie in den USA relevant, wo Good einen Marktanteil von immerhin 8 Prozent hat und damit Middleware-Anbietern wie Nokia/Intellisync und Sybase/iAnywhere ebenbürtig ist. In Deutschland hingegen ist Good noch kaum ins Bewusstsein der Anwender vorgedrungen, was nicht zuletzt am wenig präsenten Vertrieb und Marketing hierzulande liegt. Denn – so bestätigen es auch Berater der Systemhäuser – Good hält technisch durchaus, was der Name wenig subtil verspricht.
Eine Bedrohung der Dominanz des BlackBerry durch eine Stärkung des Konkurrenten ist trotzdem nicht zu erwarten. Denn zum einen ist RIM nach wie vor Marktführer im Bereich Mobile E-Mail und wird diese Position vorerst auch verteidigen können. So konnten die Kanadier zwischen September 2005 und September 2006 einen Nutzeranstieg von 3,65 auf 6,2 Millionen verzeichnen – ein Wachstum von fast 170 Prozent in einem wachsenden Gesamtmarkt.
Des Weiteren scheint sich der BlackBerry in Punkto Investitionssicherheit der Lösung zu verbessern. Dies war bislang noch eine Schwachstelle, da auf Grund der proprietären Technologie eine Integration in die Kommunikationsinfrastruktur der Anwenderunternehmen problematisch war. Investitionssichere Lösungen sollten diese Integration jedoch leisten und auch auf zukünftige technologische Entwicklungen vorbereitet sein, wie der aktuelle Berlecon-Report "Mobile E-Mail: Strategien für Unternehmen" zeigt.
So wird bei der mobilen Kommunikation zunehmend die Notwendigkeit gesehen, den Mitarbeitern auch unterwegs die gewohnten Telefonfunktionen zur Verfügung zu stellen. Durch die Übernahme von Ascendent Systems im März dieses Jahres bietet auch RIM nun diese Nebenstellenfunktion für den BlackBerry an. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter unter einer einzigen Telefonnummer überall erreichbar ist oder etwa auf das interne Kurzrufnummernverzeichnis zugreifen kann. Auch sind die vom Schreibtischapparat bekannten Grundfunktionalitäten wie Rufweiterleitung oder Konferenzschaltung möglich. Um auch die Konvergenz von Mobil- und Festnetzen zu unterstützen, verfügen einzelne BlackBerry-Geräte – wie beispielsweise das Modell 7270 – bereits über eine WLAN-Schnittstelle. Dies ermöglicht die Integration der Lösung in ein mobiles IP-Netz auf dem Firmengelände bzw. über öffentliche WLAN-Hotspots.
Durch die Übernahme von Good Technology hat Motorola den ohnehin schon intensiven Konkurrenzkampf um die Plätze hinter dem BlackBerry noch spannender gemacht. Das bedeutet natürlich, dass sich RIM nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Diese Gefahr scheint aber auch nicht zu bestehen, denn nach wie vor investiert der Marktführer in die Zukunftsfähigkeit seines Paradeprodukts. Außerdem sind immer mehr Geschäftskunden auf der Suche nach einer Mobile-E-Mail-Lösung, so dass der Kuchen schließlich für alle größer wird.
Philipp Bohn (pb@berlecon.de)