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Helferlein im Digital Office

Die Digitalisierung hat viele Vorteile gebracht, aber auch eine Vielzahl an neuen Aufgaben und Herausforderungen im Digital Office.
Volker Liestmann | 15.06.2023
Helferlein im Digital Office © Freepik / rawpixel.com
 

ECM (Enterprise Content Management) ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Verwaltung von Informationen und Dokumenten in einem Unternehmen. Es umfasst eine Vielzahl von Strategien, Methoden und Prozessen zur Erfassung, Speicherung, Verwaltung, Suche und Bereitstellung von Informationen im gesamten Unternehmen.

ECM-Systeme – Allrounder für das Digital Office und darüber hinaus

ECM-Systeme sind Softwarelösungen, die diese Strategien, Methoden und Prozesse implementieren und umsetzen. Diese Systeme bieten Funktionen wie Dokumentenmanagement, Workflow-Management, Records-Management und Collaboration-Tools, um nur einige zu nennen. ECM-Systeme werden in der Regel von Unternehmen eingesetzt, um die Verwaltung von Informationen und Dokumenten zu automatisieren, zu zentralisieren und zu optimieren. Neben den umfassenden ECM-Suiten gibt es auch Speziallösungen, die nur Teilbereiche von ECM abdecken. Diese Systeme konzentrieren sich auf spezifische Funktionen innerhalb des ECM-Ökosystems, wie beispielsweise das Dokumentenmanagement, das Records-Management oder das Workflow-Management, und bieten eine tiefe Spezialisierung in diesen Bereichen.

Speziallösungen, wie Dokumentenmanagementsysteme (DMS) oder Workflow-Management Systeme, werden häufig als eigenständige Anwendungen betrieben, während ECM-Systeme in der Regel als Plattformlösungen bereitgestellt werden, die mehrere Funktionen und Module innerhalb eines einzigen Systems integrieren. Aufgrund dieser integrierten Architektur können ECM-Systeme in der Regel besser sowohl in andere Unternehmensanwendungen wie ERP- oder CRM-Lösungen als auch in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens integriert werden.

Richtig eingesetzt können ECM-Systeme wesentlich zur Automatisierung von Geschäftsprozessen beitragen. Wichtige Funktionen in diesem Zusammenhang sind z. B.:

Workflow-Management: ECM-Systeme bieten leistungsstarke Workflow-Management-Tools, mit denen Unternehmen Arbeitsabläufe automatisieren können. Workflow-Management kann Aufgaben automatisch an die entsprechenden Mitarbeiter weiterleiten, Benachrichtigungen senden, Genehmigungen anfordern und den Fortschritt von Aufgaben verfolgen.

Dokumentenmanagement: ECM-Systeme bieten eine effiziente Möglichkeit, Dokumente zu erfassen, zu speichern und zu verwalten. Durch die Automatisierung von Dokumentenmanagement-Aufgaben, wie z. B. Indexierung, Klassifizierung und Archivierung, können Unternehmen die Effizienz und Genauigkeit verbessern.

Automatische Datenerfassung: ECM-Systeme können Daten automatisch aus verschiedenen Quellen erfassen, einschließlich E-Mails, Webformulare, Scanner und anderen elektronischen Quellen. Durch die Automatisierung der Datenerfassung können Unternehmen den Zeitaufwand für manuelle Dateneingabe reduzieren und die Genauigkeit erhöhen.

Integration mit anderen Systemen: ECM-Systeme können in andere Unternehmensanwendungen integriert werden, wie z. B. CRM-, ERP- und HR-Systeme. Durch die Integration von ECM-Systemen mit anderen Systemen können Daten nahtlos zwischen verschiedenen Anwendungen ausgetauscht werden, um Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu optimieren.

In der Theorie präsentiert sich das ECM-System also als Allrounder für das Digital Office, der alle Prozesse im Umfeld von „Dokumenten“ im weitesten Sinne effizient automatisiert. Leider muss es heißen „in der Theorie“, denn obwohl ECM-Systeme die Effizienz und Automatisierung von Geschäftsprozessen verbessern können, gibt es dennoch einige Aufgaben, die manuell erledigt werden müssen.

Wasser im Wein – Die tägliche Handarbeit

Handarbeit wird z. B. meist nötig, wenn Daten aus unstrukturierten Dokumenten wie E-Mails oder Notizen extrahiert werden sollen, physische Dokumente verarbeitet oder Daten überprüft und validiert werden müssen. Auch können in einem ECM zwar Prozesse für den Umgang mit Dokumenten und Workflows definiert und automatisiert werden. Hierbei beschränkt sich die Automatisierung aber auf die Unterstützung der Mitarbeiter bei der Erstellung von Dokumenten und Inhalten sowie die Einhaltung von Fristen und die Vergabe von Zugriffsrechten. Die Mitarbeiter führen einen Großteil der Arbeitsschritte selbst aus.

Ganz abgesehen davon, dass es sich bei diesen Aufgaben häufig um langweilige, repetitive Tätigkeiten handelt, ist manuelle Arbeit bei der Verarbeitung von Daten immer mit gewissen Risiken verbunden: Manuelle Arbeit birgt zum einen das Risiko von Fehlern, sei es durch Tippfehler, fehlerhafte Dateneingabe oder andere menschliche Fehler. Dies kann zu ungenauen oder fehlerhaften Daten führen, was wiederum zu ungenauen oder fehlerhaften Entscheidungen führen kann. Außerdem ist manuelle Arbeit meist zeitaufwendig, was Arbeitsprozesse verzögern kann. Auch die Skalierbarkeit leidet, insbesondere, wenn die Anzahl der zu bearbeitenden Aufgaben zunimmt. Dies kann dazu führen, dass Arbeitsprozesse ineffizient werden und das Unternehmen möglicherweise nicht in der Lage ist, mit der Nachfrage Schritt zu halten. Schließlich kann manuelle Arbeit auch das Risiko von Compliance-Verstößen erhöhen, z. B. wenn es um die Aufbewahrung oder Verarbeitung vertraulicher oder sensibler Daten geht. Mitarbeiter können versehentlich gegen Vorschriften oder Bestimmungen verstoßen, was zu rechtlichen Problemen und Strafen führen kann.

Software-Roboter übernehmen manuelle Aufgaben

Doch seit einiger Zeit kommt ein Trend, der in der Industrie schon seit längerem Fuß gefasst hat, auch in den Büros an und geht in Sachen Automatisierung noch einen Schritt weiter: der

Einsatz von Robotern. Bei der robotergesteuerten Prozessautomatisierung (RPA) übernehmen Softwareroboter repetitive manuelle Tätigkeiten und entlasten dadurch die Mitarbeiter. Dabei erlernt der Softwareroboter die manuellen Tätigkeiten des Mitarbeiters und führt diese 1:1 aus. Für die Ausführung dieser Tätigkeiten benötigen die Roboter Regeln und Vorgaben. Die entsprechenden Arbeitsanweisungen werden entweder im Vorfeld programmiert oder während der Aufgabenbearbeitung selbst mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Methoden des Machine Learning dynamisch entwickelt. Auf diese Weise sind die Bots dann z. T. auch in der Lage, flexibel auf unterschiedliche Situationen zu reagieren und in Ausnahmefällen eigene Entscheidungen zu treffen.

Die Implementierung von RPA in ein bestehendes System ist vergleichsweise unkompliziert: Die Software-Roboter sind nicht Teil der zugrundeliegenden IT-Infrastruktur, sondern werden als Programm von virtuellen Maschinen ausgeführt. Dementsprechend müssen andere Anwendungen nicht verändert und auch keine neue Anwendungsschnittstelle (API) programmiert werden. Stattdessen lassen sich die Softwareroboter an jede Schnittstelle und an beliebige Workflows anpassen. Dort imitieren die Bots dann das Verhalten menschlicher Anwender und können damit anwendungsübergreifende Aktivitäten im ECM-System ausführen und ihre menschlichen Mitarbeiter entlasten.

ECM & RPA – Ein gutes Team

Im Bereich des digitalen Büros kann RPA ein ECM auf verschiedene Weise ergänzen. Während beispielsweise ein RPA zur Automatisierung von relativ einfachen, aber zeitintensiven Arbeitsschritten eingesetzt wird, kann dem ECM die zentrale Verwaltung aller Informationen innerhalb eines Unternehmens übergeben werden. Diese Informationen können dann von Anwendungen und Anwendern konsumiert werden.

RPA bietet wiederum als Brückentechnologie Potenziale, zeitliche Ressourcen durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben einzusparen. Dabei verwaltet RPA keine Daten, sondern bearbeitet lediglich strukturierte Geschäftsprozesse und ahmt dabei menschliches Verhalten nach. Allerdings eignet sich die Technologie bisher nicht für die tiefergehende Automatisierung vollständiger Geschäftsprozesse. Es ist deshalb wichtig, RPA von hochintegrativen Systemen für das ECM abzugrenzen. Moderne ECM-Lösungen bieten eine Vielzahl von Schnittstellen, um Informationen miteinander zu verzahnen. So können valide Daten zum Zeitpunkt der Notwendigkeit aus Fachanwendungen extrahiert und zentral verfügbar gemacht werden. Dies macht eine weitreichende Prozessautomatisierung möglich.

Auch wenn RPA derzeit einen gewissen Hype erlebt, ist es zudem wichtig, dass entsprechende Projekte sauber konzipiert, umgesetzt und betreut werden, damit ihre Validität sichergestellt und der gewünschte Nutzen erzielt werden kann. Dies wiederum ist mit einem gewissen Aufwand verbunden, der in einem angemessenen Verhältnis zum Return-on-Invest (ROI) stehen muss.

Ein Anwendungsbeispiel aus dem Bereich Versicherungen

Eine Neukundin stellt einen Antrag auf Abschluss einer Versicherung. Das kann sie über eine Online-Eingabemaske tun, per E-Mail oder postalisch. Im letzteren Fall wird das Dokument zunächst gescannt und digitalisiert. Eine in die Content-Services-Plattform integrierte Lösung für Optical Character Recognition (OCR) liest den Scan oder die E-Mail und erkennt anhand von zuvor festgelegten Schlüsselworten wie Antrag automatisch den Dokumententyp. Anschließend extrahiert sie entsprechend der Klassifizierung die für die jeweils nachgelagerten Prozesse notwendigen Daten, zum Beispiel Name, Adresse und Geburtsdatum.

Softwareroboter können diese Daten in ein Vertrags-Template einpflegen und intelligente Workflow Tools dieses an die verantwortlichen Sachbearbeiter zur Freigabe routen. Wenn diese ihr OK geben, wird automatisch eine Benachrichtigung mit einem Vertragsangebot an die Kundin ausgelöst. Sobald sie den Vertrag unterschrieben zurückgeschickt hat, können Bots automatisch die Kundendetails in das zentrale CRM-System übertragen.

Prozesse wie diese können vollautomatisch und hocheffizient ablaufen. Manuelle Eingriffe werden auf ein Minimum reduziert, was auch ein Plus in Bezug auf die Compliance bedeutet – insbesondere, wenn es um Prozesse mit sensiblen personenbezogenen Daten geht.

Softwareroboter sind nur so gut wie ihr Briefing

Softwareroboter und Automatisierungslösungen sind unermüdliche Arbeiter. Deren Arbeitsqualität hängt jedoch entscheidend davon ab, wie gut ihre menschlichen Kollegen sie zuvor instruiert haben. Damit Automatisierungsprojekte gelingen, ist es entscheidend, dass IT und Fachabteilungen eng zusammenarbeiten und mit genau den Personen sprechen, die die Prozesse bisher in ihrem Arbeitsalltag erledigt haben. Diese haben das konkrete Praxiswissen, um die Abläufe korrekt abzubilden, denn nicht selten weichen die formellen Prozessdokumentationen deutlich von den über die Jahre immer weiter von den Teams optimierten tatsächlichen Arbeitsschritten ab.

Damit die Mitarbeitenden ihr wertvolles Wissen teilen, gilt es von Anfang an, Akzeptanz für die neue Technologie zu schaffen. Nicht selten bestehen Bedenken bei Mitarbeitenden, dass Automatisierung unweigerlich auch zu einer Rationalisierung von Arbeitsplätzen führt. Tatsächlich bedeutet der Einsatz digitaler Helfer jedoch vor allem eine Entlastung für Angestellte und bietet sogar die Möglichkeit zu beruflichem Wachstum und Weiterbildung, weil sie Zeit für höherwertige Aufgaben schaffen.

Fazit: ECM und RPA ergänzen sich

Auch wenn der Einsatz von ECM schon die Basis für eine sehr weitgehende Realisierung des Digital Office bietet und die Automatisierung der Geschäftsprozesse vorantreibt, bleiben immer noch etliche, oft repetitive Aufgaben, die manuell erledigt werden müssen. RPA eignet sich zur Automatisierung zumindest eines Teils dieser manuellen Aufgaben und erweist sich damit als gute Ergänzung zu ECM-Systemen: Während die ECM-Lösung die Dokumente bzw. Inhalte eines Unternehmens und die damit verbundenen Prozesse managt, übernimmt der RPA-Helfer einzelne Prozessschritte, die zuvor durch einen Anwender ausgeführt wurden.

Erfolgsgeschichten lassen sich mit RPA realisieren, wenn man Automatisierungsprojekte als Teamarbeit begreift, bei der die Beteiligung von Mitarbeitenden genauso wichtig ist, wie eine smarte Kombination mit weiteren Automatisierungstechnologien und Anwendungen für das Management von Informationen, Dokumenten und Prozessen.