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Was „Privacy First“ für Marken bedeutet

Ein verstärkter Fokus auf den Datenschutz sollte von Marken als Chance gesehen werden, ihre Datennutzung zu verbessern.
Dave O’Flanagan | 10.02.2022
Was der „Privacy First“-Trend für Marken bedeutet © Freepik / 3dhun
 

Die Pandemie hat die Internetnutzung der deutschen Verbraucher:innen nachhaltig beeinflusst. Während der Lockdowns und Kontakteinschränkungen war es häufig die einzige Möglichkeit, einzukaufen und mit Freund:innen, Familie und Kolleg:innen in Kontakt zu bleiben. Auch trotz gelockerter Beschränkungen kauften viele von uns weiterhin online ein. Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen einen Anstieg der Online-Verkäufe für den Zeitraum Mai bis September 2021 um 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Betrachtet man die Zahlen aus 2019, vor Beginn der Pandemie, konnte die Branche sogar eine Steigerung von 36 Prozent verzeichnen.

Normalerweise würde ein solcher Anstieg des Volumens im Onlinehandel von Marketingfachleuten als Boom begrüßt werden, denn die zusätzlichen Daten helfen ihnen, ihre Kund:innen besser zu verstehen. Doch angesichts der bevorstehenden Änderungen bei der Nutzung von Drittanbieter-Cookies dürfen sich Marken nicht hierauf ausruhen.

Der Datenschutz und damit verbunden die Möglichkeit, Daten von Kund:innen zu nutzen, sind in der Marketingbranche schon lange ein Thema. Und hier vor allem die Fragestellung: Wie kann man das Surferlebnis für die Nutzer:innen optimieren und gleichzeitig ihre Entscheidung respektieren, was getracked wird und was nicht? Marketingfachleute haben schon eine Reihe gesetzlicher und technologischer Änderungen erlebt. Diese beeinflussen stark, wie Marken Kund:innendaten sammeln, speichern und nutzen. Es ist eine sich ständig verändernde Landschaft und Diskussion.

Heute haben vor allem deutsche Kund:innen dank der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Sagen, wenn es darum geht, wie Marken ihre Daten nutzen können. Dies wird Ende 2023 noch einen Schritt weiter gehen. Ab da werden Marken keinen Zugang mehr zu Cookies von Drittanbietern in Google Chrome haben, dem weltweit beliebtesten Browser mit einem Marktanteil von rund 65 Prozent. Hinzu kommt, dass Apple den Nutzer:innen erlaubt, das Tracking von Apps über andere Apps hinweg zu stoppen. Marken müssen daher zusätzlichen Aufwand betreiben, um in einer Welt ohne Cookies und mit hohem Datenschutz relevant und mit den Nutzer:innen verbunden zu bleiben.

Keine Cookies? Kein Problem!

Wichtigstes Werkzeug hierfür sind Daten. Marken erhalten durch sie eine Fülle von Einblicken in das Verhalten und die Vorlieben der Verbraucher:innen. Sie helfen dabei, ein Bild von einer Person zu zeichnen und ermöglichen eine maximal relevante und persönliche Kommunikation. Eine Umfrage unter Marketingfachleuten im Vereinigten Königreich zeigt, welch hohen Stellenwert Cookies in der Branche haben: Die Hälfte der Fachleute glaubt, dass die fehlende Möglichkeit, Cookies von Drittanbietern zu verwenden, sie daran hindert, neue Kund:innen zu gewinnen. Wenn sie jedoch klug vorgehen, können sie diesen Verlust mit ihren eigenen First-Party-Daten ausgleichen. Diese Daten werden nach Zustimmung der Kund:innen gesammelt und sind Eigentum der Marke – anders als Cookies von Drittanbietern, die Eigentum der Werbetreibenden sind.

Die Menge an Daten, auf die Marken zugreifen und nutzen können, ist heute unbegrenzt. Sie sind über ihre eigenen Kanäle leicht verfügbar und werden durch jede Interaktion mit Kund:innen wertvoller. Da die Verbraucher:innen nun jedoch die Möglichkeit haben, die Weitergabe von Daten abzulehnen, könnte dieser Strom nützlicher Informationen versiegen. Daher müssen die Marken demonstrieren, welchen Mehrwert die Freigabe der Daten für die Kund:innen hat, die mit einer verbesserten, personalisierten Erfahrung einhergeht.

Durch das Schaffen von überzeugenden, personalisierten Erlebnissen erfüllen sie einen zentralen Wunsch der Verbraucher:innen: Sie wollen sich von den Marken als Individuen wahrgenommen fühlen und die richtigen Inhalte zur richtigen Zeit auf der richtigen Plattform erhalten. Damit Unternehmen aber dazu in der Lage sind, müssen sie über flexible Technologien verfügen. Die sind nötig, um Informationen in Echtzeit zu sammeln, zu analysieren und auf sie zu reagieren. Angesichts der aktuellen Störung der Lieferketten, ist es für Firmen besonders wichtig, schnell anpassen zu können, was Kund:innen bei einer Suche angezeigt wird. Vor allem momentan, da Kund:innen immer über die aktuelle Verfügbarkeit relevanter Produkte informiert werden möchten.

Diese Erwartungen von Kund:innen müssen von Unternehmen erfüllt werden – auch, wenn keine Cookies von Dritten zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch bereits Technologien, die dabei helfen: Mit Customer-Data-Plattformen, etwa des Anbieters Sitecore, ist es möglich, Daten von Erstanbietern zu verwalten und nutzbar zu machen, um verwertbare Kund:inneneinblicke zu gewinnen.

Transparenz schafft Vertrauen

In dieser neuen, datenschutzfreundlichen Welt müssen sich Marken das Vertrauen der Kund:innen verdienen. Nur so können sie weiterhin immer wichtiger werdende First-Party-Daten von User:innen sammeln. Und obwohl eine herausragende User Experience hier eine große Wirkung hat, ist es ebenso wichtig, klar zu kommunizieren, welche Daten gesammelt werden und wie und wofür sie verwendet werden. Angesichts der allgegenwärtigen Cyberangriffe sind sich die Kund:innen des Risikos, das mit der Preisgabe ihrer Daten verbunden ist, immer stärker bewusst. Ihre Forderung nach Transparenz sollte daher erfüllt werden.

Im Zusammenhang damit ist es wichtig, dass Marken es vermeiden, zu viele Kund:innendaten abzufragen. Ansonsten drohen ihnen negative Auswirkungen. Sie sollten sich fragen, ob sie wirklich die Telefonnummer von Kund:innen benötigen, wenn keine Produkte geliefert werden, oder persönliche Informationen (z.B. den Geburtsnamen der Mutter) nötig sind, um ein Konto wiederherzustellen. Es war noch nie so wichtig wie heute, das absolute Minimum an Daten abzufragen, das für ein erfolgreiches und ansprechendes Surferlebnis erforderlich ist.

Den Konsument:innen die Macht geben

Der Missbrauch von Daten kann dem Ruf einer Marke massiv schaden und selbst das Vertrauen der treusten Kund:innen dadurch verloren gehen. Ein verstärkter Fokus auf den Datenschutz sollte von Marken als Chance gesehen werden, ihre Datennutzung zu verbessern. Schließlich ist ein großartiges Kund:innenerlebnis nicht länger nur ein erstrebenswertes Ziel für Marken, sondern ein Grundstein für zukünftigen Erfolg.