Der nächste Schritt für Enterprise UX: Anwendungsübergreifende Nutzbarkeit
Tief vergraben unter Stapeln von Berichten und Artikeln, in denen Hunderte von digitalen Führungskräften sich zu Wort meldeten, tauchte plötzlich dieses Zitat auf: „Der kognitive Aufwand, Statistiken unserer Analyse-tools zu verarbeiten und daraus sinnvolle Aktionen im CMS abzuleiten, ist zu hoch.“ Diese Vorstellung – dass Unternehmen es alarmierend schwierig finden, ihre Software zusammenarbeiten zu lassen – hat das Gewicht und das Potenzial, nichts weniger als einen Paradigmenwechsel zu kennzeichnen. Ein Paradigmenwechseln in der Art und Weise, wie wir über Interoperabilität zwischen Anwendungen im Unternehmen denken. Hier ist die Geschichte darüber, wo wir herkommen und wohin wir gehen müssen, um es lohnender, produktiver und sogar spannend zu machen, Arbeit mit Hilfe von Software zu erledigen. Die gute Nachricht: Enterprise UX war früher schlechter Es ist erst wenige Jahre her, als Mitarbeiter von Unternehmen auf ihre Smartphones schauten – lächelnd. Dann blickten sie entsetzt und ungläubig zurück auf ihre Desktop-Bildschirme, auf denen ihnen alle ihre Unternehmensanwendungen entgegen leuchteten. Der Unterschied in der Benutzerfreundlichkeit war erschreckend. Das war etwa 2014, als es allen dämmerte, dass es einfach nicht menschlich war, im Privatleben ein großartiges Nutzererlebnis zu haben, während man sich bei der Arbeit durch ein abschreckendes Software-Labyrinth kämpfen musste. Jared Spool* hat es so ausgedrückt: „Das Gegenteil von Nutzbarkeit ist Training.“ Denn Training ist das, was notwendig wird, wenn Ihre Software nicht selbsterklärend ist. Warum sollte das Nutzererlebnis von Unternehmenssoftware gruselig sein, wenn Personal und Mobile Computing inzwischen höchstes Niveau erreicht haben? Es wurde deutlich, dass diese neue Stufe der Benutzerfreundlichkeit im persönlichen Bereich nicht nur ein großartiges emotionales Erlebnis war, sondern auch die Qualität unseres Outputs beeinflusste und die Art und Weise veränderte, wie wir miteinander umgehen. So wurde die Idee von Enterprise UX – Benutzerfreundlichkeit von Unternehmenssoftware – das neue Ding. Überall gab es Konferenzen, Präsentationen, Blogs, Artikel und How-Tos. Jetzt schnell ins Jahr 2018. Wie weit sind wir gekommen? Die schlechte Nachricht: Wir sind erst auf dem halben Weg Zweifellos hat sich die Benutzerfreundlichkeit von Unternehmenssoftware tatsächlich in vielerlei Hinsicht verbessert. Neue Start-ups haben traditionelle Kategorien mit überlegener Benutzerfreundlichkeit aufgebrochen, alte Anbieter haben ihre Bemühungen intensiviert oder sind dabei es zu tun. Neue SaaS-Anbieter, die keine Rücksicht auf Abwärtskompatibilität nehmen müssen, sowie stark nach Kundenwünschen angepasste Anwendungen könnten große Fortschritte für mehr Spaß und Freude an der Arbeit bringen. Der Ruf nach besserer Benutzerfreundlichkeit im Büro wurde erhört. Aber hier ist das Problem und auch die Chance, der wir jetzt gegenüber stehen: Hochwertige Benutzerfreundlichkeit in Unternehmen wurde in der Regel nur für die einzelne Anwendung erreicht. Die Benutzererfahrung bei dem Versuch, aus mehreren verbundenen Anwendungen einen Mehrwert zu ziehen, ist noch immer nicht besonders gut. Tatsächlich ist sie oft geradezu schrecklich. Jeder nutzt eine Unmenge von Software, um seine Arbeit zu erledigen. Auch wenn jedes einzelne dieser individuellen Programme ein großartiges Nutzererlebnis bietet, fällt dieses dennoch komplett flach, wenn die Programme nicht auf sinnvolle Weise vor dem Nutzer zusammengeführt werden. Um es einfach auszudrücken: Der nächste Schritt für Enterprise UX ist die anwendungsübergreifende Benutzerfreundlichkeit. Bescheidenere Software bitte Die anwendungsübergreifende Nutzbarkeit geht weit über den reinen Datenaustausch zwischen Anwendungen hinaus. Es geht darum, Analysedaten an genau den richtigen Stellen im Experience Planner einzubringen und darum, die richtige Dosis an SEO-Vorschlägen für die Suchmaschinenoptimierung in der Content Authoring Oberfläche zu verwalten. Oder es geht um den Empfang von Benachrichtigungen von anderen Anwendungen, die in der aktuell geöffneten Benutzeroberfläche Informationen zu Ihrer Arbeit bereitstellen. Wenn Daten von Drittanbietern den Nutzer zum kontextuell optimalen Zeitpunkt erreichen, so hat das einen massiven Einfluss auf die Erlebnisqualität. Bescheidenere Software wird uns allen gut tun. Software, die weniger arrogant auf ihre Eigenständigkeit beharrt, sondern im Zusammenspiel mit anderen aufrichtig als wohlwollender Akteur auftritt. Es reicht nicht aus, Daten gut hin- und herzuschieben. Integrationen müssen visuell und zeitnah dargestellt werden. Eine solche Fähigkeit muss bei Kaufentscheidungen als wesentliches Merkmal betrachtet werden. Sicher, die großen Software-Suiten versprechen eine nahtlose und effektive Benutzerführung über die verschiedenen Anwendungen hinweg. Aber obwohl ich in den letzten Jahren Hunderte von Interviews mit digitalen Führungskräften geführt habe, bin ich bisher auf kein einziges Unternehmen gestoßen, das ausschließlich eine einzige Produktfamilie mit mehr-oder-weniger-nahtlosen Workflows über verschiedene Anwendungen hinweg einsetzte. Jeder nimmt ständig neue Tools in Betrieb, integrierte oder auch nicht-so-integrierte. Was bedeutet das alles für den digitalen Vermarkter in einem Unternehmen? Es bedeutet, dass sie, wenn sie ein Ziel erreichen wollen, Daten aus mehreren Anwendungen anwenden und mit ihnen interagieren müssen. Und es bedeutet, dass sie gezwungen sind, ihr Kurzzeitgedächtnis und ernsthafte, kognitive Schwerstarbeit als Programmierschnittstelle (API) zwischen nicht zusammenhängenden Werkzeugen zu nutzen. Das Zitat, mit dem wir begonnen haben, über den kognitiven Aufwand, Statistiken in der Analytik zu verarbeiten und daraus sinnvolle Aktionen im CMS abzuleiten, ist ein Paradebeispiel für dieses Phänomen. Sinnvolle – nicht-technische – Integrationen Allzu oft sind die Integrationen zwischen den Werkzeugen im explodierenden Martech-Stapel weitgehend technischer Natur. Sie haben Ihre Entwicklungsteams gebeten, die Apps miteinander kommunizieren zu lassen, die Daten wurden effizient ausgetauscht, die Anwendungen „integriert“. Alles sollte gut und schön sein, oder? Das Problem ist, dass niemand die UX-Brücken zwischen den einzelnen Anwendungen baut. Wenn das Benutzerererlebnis von integrierten Anwendungen mangelhaft ist, dann muss der Unternehmens-Marketer am Ende alles mit einer großen Geistesleistung miteinander verbinden: - Wann ist ein Signal im Analyse-tool für eine laufende Kampagne relevant? - Auf welchen Inhalt in der Content-Marketing-Plattform bezieht sich eine Engagement-Analytics-Benachrichtigung? - Was sollte im CMS geändert werden, wenn im Suchmaschinenoptimierungs-Tool ein Red-Hot-Alarm-Signal aufblinkt? - Wie kann das Segmentierungsmodell des CRM darüber informieren, welche Art von Content erstellt werden soll? Alle diese Workflows sind anwendungsübergreifend und erfordern, dass die Mitarbeiter selbst über Sinn und Relevanz der Meldungen und Informationen entscheiden. Man könnte argumentieren, dass der Bedarf an diesen hirnbasierten APIs genau der Grund ist, warum man als digitale Vermarkter Menschen einstellt und keine Bots. Aber Vermarkter werden mit dem Anstieg der digitalen Möglichkeiten überfordert sein. Die Werkzeuge, mit denen sie sich umgeben, sind durchsetzt mit Optionen und Potenzial, mit Krisenauslösern und Anfragen, mit Unvorhersehbarkeit und Anlässen für Verwirrung. Kein Wunder, dass es nicht funktioniert – und kein Wunder, dass so viel Software gekauft und doch nie genutzt wird. Denken Sie darüber nach, wie gut iOS-Apps über die Teilen-Funktionalität miteinander kommunizieren können. Oder wie aussagekräftig Slack Integrationen für den Endanwender sind. Dieser Grad der Vernetzung liegt für uns bei der Arbeit mit mehreren Unternehmensanwendungen immer noch in der Zukunft. In meinem Unternehmen nennen wir dies Interoperability User Experience (IUX), also Interoperabile Benutzerfreundlichkeit. Dies bedeutet, dass Integrationen, die rein technisch funktionieren, aber für den Anwender letztlich keinen Sinn ergeben, nutzlos sind. Wir arbeiten offen und leidenschaftlich daran, Integrationen und Benutzerfreundlichkeit miteinander zu vereinen. Ein guter erster Schritt dieses Problem anzugehen, besteht darin, sich hinzusetzen und sich über die Praxis des Service Designs zu informieren und zu lernen, es auf die Workflows in Apps anzuwenden. Digitale Transformation erfordert Service Design Wenn Sie sich lediglich darauf beschränken, Software zu kaufen, Schulungen einzurichten und sich auf die technische Integration und den Datenaustausch zwischen den Systemen zu konzentrieren, setzen Sie Ihr Unternehmen einem Geschäftsrisiko aus. Sie riskieren einen schlechten ROI für teure Softwareinvestitionen – und Sie riskieren, dass Zeit und Mühe den Bach runtergehen, wenn die Benutzer damit überfordert sind, zu erkennen auf welche Weise sie aus all den Signalen und Optionen, die sie von ihren Tools erhalten, Nutzen ziehen sollen. Die Praxis des Service-Designs kann uns viel darüber lehren, wie wir bessere Benutzererfahrungen softwareübergreifend planen können. Wir müssen die anwendungsübergreifende Nutzbarkeit für interne Benutzer mit der gleichen Ernsthaftigkeit behandeln wie die Planung der Customer Journeys. Wenn Ihre Mitarbeiter hinter den Bildschirmen nicht in der Lage sind, die Ein- und Ausgaben softwareübergreifend miteinander zu verknüpfen, dann kann digitale Transformation nicht wirklich umgesetzt werden. Zu sagen, dass man datengesteuert sein will, ist eine Sache. Die operative Umsetzung ist eine ganz andere. Dies kann jedoch durch die Gestaltung des Benutzerererlebnisses z. B. zwischen Ihrer Engagement-Analytik, der Optimierungssoftware und dem Experience Management gelöst werden. Es geht darum, die Designressourcen auf die internen Arbeitsabläufe zu lenken, um letztendlich das Kundenerlebnis zu verbessern. Diejenigen, die in den Bereichen User Experience und Service Design arbeiten, wissen genau, wie man das macht. Sie müssen nur in diese Richtung geschubst werden. Schützen Sie Ihre Softwareinvestitionen Wenn Sie heute einen Raum voller digitaler Führungskräfte bitten würden, ihre Hände zu heben, wenn sie bereit wären, das Budget für anwendungsübergreifende Benutzerfreundlichkeit zu priorisieren, so würden nicht viele Hände nach oben gehen. Ich behaupte, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird – und es ist bereits im Gange. Die Budgetierung eines besseren Benutzererlebnisses über die gesamte Software hinweg ist intern oft schwer zu vermitteln. Doch ein Projekt zur Verbesserung der Verbindungen zwischen den Anwendungen ist in der Regel viel kostengünstiger und wertvoller als ein weiterer Werkzeugwechsel. Die geschäftliche Seite besserer Integrationen besteht im Wesentlichen darin, die Softwareinvestitionen eines Unternehmens zu schützen. Wenn Benutzer Schwierigkeiten haben, die Vorteile von Programmen zu nutzen, die zusammen arbeiten sollten, dann ist das ein sehr reales Geschäftsproblem. Verzichten Sie endgültig auf Silo-Software Nach und nach werden nur noch sehr wenige Menschen aus Ihrem Umfeld, wenn überhaupt, die gesamte Bandbreite an Software und Dienstleistungen verstehen, die für den Betrieb Ihrer digitalen Organisation erforderlich ist. Der Zugriff auf Software, die Dienste miteinander verbindet und dies auf eine überschaubare Weise macht, ist daher eine absolute Notwendigkeit. Unternehmen sollten kreativ entscheiden, wie sie ihre Tools zusammenarbeiten lassen. Es ist von großem Wert, z.B. den Auftrag von Ihrer Content-Marketing-Plattform direkt in den Benutzeroberflächen des Customer-Experience-Management anzuzeigen und somit die Benutzer an das große und ganze zu erinnern, zum entscheidenden Zeitpunkt, wenn sie das Erlebnis zusammenstellen. Betrachten Sie es als Herausforderung, für immer auf abgeschottete Silo-Software zu verzichten und werden Sie ein Anhänger ernsthaft vernetzter Werkzeuge. * https://twitter.com/jmspool/status/821875044926324736?lang=de