Krabbeln, Gehen, Rennen – So packen Sie Real-Time Decisioning an
Wenn Marketers an automatisierte Entscheidungen in Echtzeit („Real-Time Decisioning“) denken, dann landen ihre Ideen oft ganz schnell bei super-modernen Marketing-Programmen wie z.B. vorausschauenden Analysen („Predictive Analytics“) und fortgeschrittenen Modellierungen. Diese Methoden sorgen für Schlagzeilen in der Marketing-Fachpresse, aber die allermeisten Marketers haben einen ziemlich langen Weg vor sich, bevor sie tatsächlich eine Implementierung solcher komplexen Strategien angehen können.
Die Realität von heute ist, dass viele Marketers die Grundlagen nicht angemessen anpacken, wenn es darum geht, Daten in Echtzeit zu verarbeiten. Wenn Sie an Ihre aktuellen Marketing-Kampagnen und -Programme denken – sammeln Sie Ihre Daten in Echtzeit? Wie tief reichen die Daten, die Sie sammeln? Und können Sie die diese Daten mit Ihren anderen Daten – eigene oder von Drittanbietern – verknüpfen?
Echtzeit-Daten und Echtzeit-Entscheidungen erfordert den Ansatz: Krabbeln, Gehen, Rennen. Der Schlüssel ist, sich realistisch einzuschätzen, und zwar bei den Ihnen zur Verfügung stehenden Resourcen und bei Ihrer Erfahrung in diesem Bereich. Beides bildet letztlich den Ausgangspunkt für Ihr Projekt. Denken Sie immer daran, dass es bei Echtzeit-Entscheidungen nicht nur darum geht, schnell zu sein. Es geht darum, sich auf die richtige Antwort in der richtigen Geschwindigkeit zu konzentrieren, basierend auf den Bedürfnissen des Kunden.
Krabbeln: Sammeln und Verknüpfen Sie Daten in Echtzeit
Ohne Daten in Echtzeit gibt es keine Entscheidungen in Echtzeit. Der einfachste Datentyp, zu dem man Daten sammeln kann ist Email. Für Email bekommt man nicht nur Klicks und Öffnungen, sondern auch die (ungefähre) Geolocation, den Zeitpunkt und das verwendete Gerät. Aber wenn Sie es bei Email belassen, haben Sie nur den Hauch einer Ahnung von der Beziehung, die Ihr Kunde mit Ihrer Marke hat. Deshalb ist es unabdingbar, Ihre Echtzeit-Daten für Email mit Ihren anderen Datensätzen und Informationen zu verheiraten, z.B. Web-Aktivitäten, Aktivitäten in den sozialen Netzen, Offline-Daten (einschließlich Daten aus Ladengeschäften, Kassen, Infoterminals und Call Centern) und natürlich mobile Daten.
Das Sammeln und Verknüpfen von Echtzeitdaten erfordert eine Infrastruktur, um die Daten zu speichern und mit Ihren Marketingaktivitäten zu verknüpfen. Das ist der Startschuß für Real-Time Decisioning. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenige Leute entweder gar keine Daten sammeln oder die gesammelten Daten nicht in einer Form speichern, die eine direkte Nutzung im Marketing erlaubt.
Gehen: Erstellen und Testen Sie Programme mit diesen Daten
Die zweite Phase für Echtzeit-Entscheidungen ist einfach: Nutzen Sie Ihre gesammelten Daten, um Entscheidungen zu treffen. Es ist vergleichbar mit einer Tennispartie: Wenn ein Kunde Ihnen einen Aufschlag serviert, dann müssen Sie mit der am besten passenden Antwort reagieren und für den nächsten Return bereit sein. Um das zu tun, müssen Sie vorbereitet sein auf alle möglichen Interaktionen und Reaktionen und die richtigen Antworten parat haben. Wenn Sie Ihre Kunden wirklich verstehen, dann können Sie einen Antwortplan für jede Kundenaktion zeichnen.
An diesem Punkt können Sie Echtzeit-Daten auf zweierlei Arten nutzen: Zum einen für die Entscheidung. Was tun Sie, wenn Sie die Echtzeit-Daten erhalten? Was ist Ihre unmittelbare Antwort? Die zweite Art ist etwas subtiler, und es hat damit zu tun, wie Echtzeit-Daten die Kommunikation selbst beeinflussen und steuern. Zum Beispiel, wenn Sie sehen, dass ein Kunde gerade eben auf eine bestimmte Produktkategorie in den sozialen Medien reagiert hat, wie können Sie diese Kategorie in Ihrer nächsten Kommunikation – z.B. ein Angebot oder eine Transaktionsnachricht per Email – hervorheben? Mit Echtzeit-Daten können Marketers nicht nur sicherstellen, dass das Timing oder die Abfolge der Kommunikation optimal ist, sie können einem Kunden auch den relevantesten Inhalt bereitstellen.
Rennen: Automatisieren Sie den Real-Time Decisioning Prozeß, und machen Sie Vorhersagen mit wissenschaftlichen Methoden
Der nächste Schritt in Ihrer Evolution sind analytische Vorhersagen, Automation und „Data Science“; im Prinzip geht es darum, sofortige Entscheidungen zu treffen, die auf vielen verschiedenen Variablen basieren. Diese Strategie kann genutzt werden, um Angebote zu optimieren, die Abfolge der Kommunikation und die Auslieferung in bestimmte Kanäle zu steuern oder zur Personalisierung von Inbound-Kanälen. Außerdem können sich fortgeschrittenes Real-Time Decisioning nur dann verbessern, wenn Sie weitere Datenquellen für Ihre Entscheidungsmaschine verfügbar machen. Alle Daten – Antworten in den Kanälen, Kaufdaten, Daten von Drittanbietern (z.B. Wetterberichte), oder die Datenströme aus dem Internet of Things (IoT) – helfen dabei, ein genaueres Bild eines Kunden zu zeichnen.
Es ist empfehlenswert, dass Marketers diese fortgeschrittenen Echtzeit-Entscheidungen mit Vorsicht angehen. Es könnte sich rächen, wenn Sie gleich mit den sehr fortschrittlichen Nischen-Anwendungen anfangen, ohne zuvor gelernt haben, zu Krabbeln und zu Gehen. Eventuell bekommen Sie eine wirklich einzigartige Angebotskampagne mit einem modernen Tool hin, aber wenn die Systeme, die Architektur und die Partnerschaften nicht vorhanden sind, um eine nachhaltige Strategie umzusetzen, dann gewinnen Sie eher eine Schlacht als den Krieg.
Fürchten Sie sich nicht vor den enormen Möglichkeiten, die Echtzeit-Entscheidungen bieten! Sie ja müssen nicht unbedingt alle Datenquellen sammeln, um anzufangen. Schauen Sie sich an, welche Daten Sie heute schon sammeln, und denken Sie darüber nach, wie Sie diese nutzen können, um die Rahmenbedingungen für relevantere Kommunikation zu schaffen. Wenn Sie schon Email-Daten sammeln, fügen Sie ein oder zwei weitere Datenquellen hinzu, und nutzen Sie diese, um Entscheidungen über Ihre Reaktion zu treffen. Völlig egal, welche Datenquelle Sie zuerst einsetzen, der Prozeß ist immer der gleiche: Finden Sie die Datenquelle, dann entwickeln und testen Sie Programme um diese Datenquelle herum. Und während Sie das tun, finden Sie Wege zur Automation, und erweitern Sie die jeweiligen Programme. Und dann wieder, und wieder, und wieder.
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Dieser Artikel erschien zuerst im Digital Marketer Report 2016.