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Wer „volles Programm“ anbietet, muss auch das volle Programm liefern

Timo Schutt | 13.12.2013
Gerade im Agenturbereich wird gerne damit beworben, dass die Agentur einen Full-Service für den Auftraggeber biete. Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich jüngst mit der Frage auseinanderzusetzen, was dabei „voll“ bedeutet.

Das Gericht hat dabei entschieden, dass „voll“ auch „voll“ bedeute, sprich alles: Derjenige, der mit „voller Leistung“ im Sinne von „umfassend“ wirbt, muss auch alles leisten.

Wirbt die Agentur also mit „Full Service“ und erteilt ein Veranstalter den Auftrag zur Organisation und Durchführung der Veranstaltung, gehört das volle Programm zum Auftrag. Die Agentur kann sich dann bspw. nicht herausreden, sie sei bspw. nicht für die Beantragung der Genehmigungen oder die Prüfung wettbewerbsrechtlicher oder markenrechtlicher Probleme zuständig.

Wie schon oft gesagt, ist maßgeblich grundsätzlich der erteilte Auftrag. Oftmals aber ergibt sich nicht sehr viel aus dem Auftrag, gerade viele Details werden im Auftrag gar nicht genannt.

Erteilt der Veranstalter bspw. den Auftrag „Organisation“, dann ist damit nicht unbedingt eindeutig klar, wer den Antrag auf Genehmigung stellen soll oder wer sich darum kümmert, ob der Veranstaltungsname urheberrechtlich geschützt ist.

Ergibt sich dies nicht aus dem Auftrag, können aber Werbeaussagen des Auftragnehmers herangezogen werden. Wirbt der Auftragnehmer also mit dem Vollprogramm, dann ist er auch grundsätzlich für solche Details zuständig.

Natürlich kann der Auftragnehmer im Auftrag dann ausdrücklich sagen, wofür er nicht zuständig sein will. Beispiel: „Organisation, aber nicht Antragstellung der erforderlichen Genehmigung.“

Dann muss der Auftragnehmer, der einerseits mit dem Vollprogramm wirbt, aber andererseits dann im konkreten Auftrag doch wieder einiges ausschließt (damit also doch nicht das beworbene Vollprogramm liefern will) aufpassen: Der Widerspruch zwischen Werbung („alles“) und Realität („doch nicht alles“) kann unlautere Werbung sein, die zumindest abmahnfähig wäre.

by the way: Wer nicht das volle Programm bietet, darf sich nicht zurücklehnen: Ggf. trifft den Auftragnehmer nämlich eine Aufklärungspflicht – d.h. er muss seinen Kunden darüber aufklären, dass bestimmte Punkte wichtig sind, die er aber selbst nicht beauftragt sieht. Das muss er dann tun, wenn er davon ausgehen muss, dass der Kunde möglicherweise und fälschlicherweise glauben könnte, der Auftragnehmer würde sich darum kümmern. Kurz: Je größer das Wissensgefälle zwischen Kunde und Auftragnehmer, desto eher muss der Auftragnehmer seinen Kunden über wichtige Punkte aufklären (ungefragt!).

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq