print logo

Bezeichnung eines Hotels als „Hühnerstall" in Bewertungsportal ist zulässig

Timo Schutt | 14.11.2013
Die Bezeichnung eines Hotels als „Hühnerstall" ist nicht als rechtswidrige Schmähkritik, sondern als zulässige Meinungsäußerung anzusehen. Das zumindest sagen die Richter des OLG Stuttgart. Damit wurde die Klage eines Hotelbetreibers auf Schadensersatz zurückgewiesen.

Ein Gast hatte nach einem Aufenthalt im Hotel „Hühnerhof" dieses auf einem Hotelbewertungsportal unter der Überschrift "Nicht Hühnerhof sondern Hühnerstall" u.a. für eine nicht besetzte Rezeption, "Bahnhofsatmosphäre" und ein Frühstück, das "eine einzige Zumutung" sei, kritisiert. Der Kläger sah hierin eine unzulässige Schmähkritik und machte Schadensersatz geltend. Die Bezeichnung „Hühnerstall" und der Vergleich mit einem Bahnhof würden einen schmutzigen und unhygienischen Zustand suggerieren. Die Bewertung sei damit nicht mehr von der Meinungsfreiheit umfasst.

Das Gericht sah es aber als zulässige Meinungsäußerung an. Schon die Überschrift sei als Wortspiel und Alliteration so gestaltet, dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers auf die anschließende Bewertung lenke. Der Begriff der Schmähkritik müsse eng ausgelegt werden, um der Bedeutung der Meinungsfreiheit gerecht zu werden. Sie könne insbesondere nur bejaht werden, wenn die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund stehe. Dies sei jedoch beim Begriff "Hühnerstall" nicht der Fall. Ein durchschnittlicher Leser werde dies nicht mit Verschmutzung und hygienischen Mängeln, sondern vielmehr mit Unordnung und schlechter Koordination assoziieren. Gleiches gelte für die Bezeichnung der "Bahnhofsatmosphäre", bei der an eine kühle und unfreundliche Einrichtung gedacht werden dürfte. In beiden Fällen bedürfe es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, bis man zu der vom Kläger vorgebrachten Interpretation, also dem Vorwurf von Verschmutzung und unhygienischen Zuständen, gelange. Demnach müsse hier verneint werden, dass es dem Beklagten um eine Diffamierung gehe, womit keine unzulässige Schmähkritik vorliegen könne.

(OLG Stuttgart, Urteil vom 11.9.2013, Aktenzeichen 4 U 88/13)

Unsere Meinung

Der Grad zwischen zulässiger Meinungsäußerung und unzulässiger Schmähkritik ist schmal. Letztlich spielen auch immer die Umstände des Einzelfalls und die genaue Wortwahl eine Rolle. Und: Die Gerichte fragen immer, wie wohl der durchschnittliche Leser der Bewertung diese verstehen und einordnen würde.

Daher muss jede kritische Äußerung entsprechend durchdacht sein. Aus Sicht des Bewerteten empfiehlt sich eine kurze anwaltliche Prüfung, bevor man in die Schlacht zieht.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht