Verstoß gegen Arbeitszeiten macht Vertrag unwirksam?
Ein unschönes aber häufiges Phänomen: Ein Kunde erwartet das Maximum, möchte aber nur das Minimum bezahlen. Oft wirkt sich das auch auf die Arbeitszeit der Mitarbeiter aus, die selten nach den regulären 8 Stunden in den Feierabend dürfen. Ich höre in Seminaren und in der Beratung oft: „Das ist ja utopisch, dass wir uns an das Arbeitszeitgesetz halten könnten“.
Ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Schwarzarbeit wirft die Frage auf, ob man diese Entscheidung auch für den Fall heranziehen kann, dass Auftragnehmer und Auftraggeber gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.
Zur Schwarzarbeit sagt der BGH nämlich, dass ein Vertrag zwischen Kunde und Unternehmer dann unwirksam ist, wenn er von vornherein auf Schwarzarbeit basiert. Juristisch ausgedrückt: Da der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (siehe § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG), ist der Vertrag nichtig (§ 134 BGB).
Wie ist es aber, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer einen Vertrag schließen, in dem sich bspw. die Eventagentur verpflichtet, die Veranstaltung des Kunden durchzuführen und alle Beteiligten wissen, dass gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird?
1 zu 1 kann man die Entscheidung des BGH zur Schwarzarbeit nicht übertragen, denn: Beim Vertrag zwischen Veranstalter und Agentur ist es ja möglich, dass sich die Agentur an das Arbeitsgesetz hält, auch dann, wenn sie ihre Preise so niedrig hält, dass sie das rechtmäßig notwendige Personal gar nicht bezahlen könnte.
Anders könnte es aber doch sein, wenn feststeht, dass beide Vertragspartner wissen, dass sich der Auftragnehmer nicht an das Arbeitszeitgesetz (oder andere Arbeitsschutzvorschriften) halten wird.
Die Auswirkungen wären fatal – und je nach konkreter Konstellation – kann ich mir gut vorstellen, dass die Nichtigkeitsfolge bejaht werden kann. Umso interessanter wäre es daher, ob Gerichte auch bestimmte Arbeitsschutzvorschriften als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB einstufen würden.
Dagegen spricht allerdings, dass der BGH in früheren Entscheidungen zur Schwarzarbeit im Schwarzarbeitsgesetz ein Verbotsgesetz deshalb gesehen hat, weil „Sinn und Zweck des Gesetzes dahin gingen, im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die rechtliche Wirkung zu versagen, und nur so das Ziel, Schwarzarbeit tatsächlich zu verhindern, erreicht werden“ könne. Und: Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit wolle die Schwarzarbeit schlechthin verbieten und den Leistungsaustausch zwischen den „Vertragspartnern“ verhindern.
Beim Arbeitszeitgesetz bspw. ist das nicht so streng. Zwar steht auch ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz unter Androhung von Bußgeld oder einer Strafe (wie auch das Schwarzarbeitsgesetz); allerdings will das Arbeitszeitgesetz den Arbeitnehmer schützen, und nicht den Vertrag zwischen Arbeitgeber und dessen Kunden.
Allerdings wenden die Gerichte § 134 BGB auch dann an, wenn der Vertrag selbst bereits einen Straftatbestand erfüllt bzw. darauf angelegt ist, einen strafrechtlich relevanten Erfolg (hartnäckiger Verstoß, siehe § 23 ArbZG) herbeizuführen. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn durch den Vertrag zwischen Veranstalter und Agentur die schuldrechtliche Verpflichtung zu strafbarem Verhalten begründet wird – nämlich eben dazu, dass wissentlich Personal eingesetzt wird oder werden muss, das länger als zulässig arbeiten muss.
Sittenwidriges Handeln?
Interessant könnte aber eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit sein (§ 138 BGB): „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Hierzu gelten ähnliche Überlegungen wie oben. Der sittenwidrige Anteil des Vertrages muss aber dann erheblich sein, d.h. ein klitzekleiner bewusster Verstoß wird nicht zur Sittenwidrigkeit des ganzen Vertrages führen.
Die Gerichte sehen auch die Umgehung von Gesetzen als Sittenwidrigkeit an, insbesondere wenn soziale Schutznormen umgangen werden sollen, worunter auch das Arbeitsrecht fallen kann.
Insgesamt ist das ein Thema, das oft ausgeblendet wird. Abgesehen von strafrechtlichen Risiken droht auch Ungemach mit dem Kunden, wenn der später die Zahlung verweigert und sich auf die Nichtigkeit beruft.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Herausgeber & Autor des Themenportals www.eventfaq.de
Ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Schwarzarbeit wirft die Frage auf, ob man diese Entscheidung auch für den Fall heranziehen kann, dass Auftragnehmer und Auftraggeber gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.
Zur Schwarzarbeit sagt der BGH nämlich, dass ein Vertrag zwischen Kunde und Unternehmer dann unwirksam ist, wenn er von vornherein auf Schwarzarbeit basiert. Juristisch ausgedrückt: Da der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (siehe § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG), ist der Vertrag nichtig (§ 134 BGB).
Wie ist es aber, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer einen Vertrag schließen, in dem sich bspw. die Eventagentur verpflichtet, die Veranstaltung des Kunden durchzuführen und alle Beteiligten wissen, dass gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird?
1 zu 1 kann man die Entscheidung des BGH zur Schwarzarbeit nicht übertragen, denn: Beim Vertrag zwischen Veranstalter und Agentur ist es ja möglich, dass sich die Agentur an das Arbeitsgesetz hält, auch dann, wenn sie ihre Preise so niedrig hält, dass sie das rechtmäßig notwendige Personal gar nicht bezahlen könnte.
Anders könnte es aber doch sein, wenn feststeht, dass beide Vertragspartner wissen, dass sich der Auftragnehmer nicht an das Arbeitszeitgesetz (oder andere Arbeitsschutzvorschriften) halten wird.
Die Auswirkungen wären fatal – und je nach konkreter Konstellation – kann ich mir gut vorstellen, dass die Nichtigkeitsfolge bejaht werden kann. Umso interessanter wäre es daher, ob Gerichte auch bestimmte Arbeitsschutzvorschriften als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB einstufen würden.
Dagegen spricht allerdings, dass der BGH in früheren Entscheidungen zur Schwarzarbeit im Schwarzarbeitsgesetz ein Verbotsgesetz deshalb gesehen hat, weil „Sinn und Zweck des Gesetzes dahin gingen, im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die rechtliche Wirkung zu versagen, und nur so das Ziel, Schwarzarbeit tatsächlich zu verhindern, erreicht werden“ könne. Und: Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit wolle die Schwarzarbeit schlechthin verbieten und den Leistungsaustausch zwischen den „Vertragspartnern“ verhindern.
Beim Arbeitszeitgesetz bspw. ist das nicht so streng. Zwar steht auch ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz unter Androhung von Bußgeld oder einer Strafe (wie auch das Schwarzarbeitsgesetz); allerdings will das Arbeitszeitgesetz den Arbeitnehmer schützen, und nicht den Vertrag zwischen Arbeitgeber und dessen Kunden.
Allerdings wenden die Gerichte § 134 BGB auch dann an, wenn der Vertrag selbst bereits einen Straftatbestand erfüllt bzw. darauf angelegt ist, einen strafrechtlich relevanten Erfolg (hartnäckiger Verstoß, siehe § 23 ArbZG) herbeizuführen. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn durch den Vertrag zwischen Veranstalter und Agentur die schuldrechtliche Verpflichtung zu strafbarem Verhalten begründet wird – nämlich eben dazu, dass wissentlich Personal eingesetzt wird oder werden muss, das länger als zulässig arbeiten muss.
Sittenwidriges Handeln?
Interessant könnte aber eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit sein (§ 138 BGB): „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Hierzu gelten ähnliche Überlegungen wie oben. Der sittenwidrige Anteil des Vertrages muss aber dann erheblich sein, d.h. ein klitzekleiner bewusster Verstoß wird nicht zur Sittenwidrigkeit des ganzen Vertrages führen.
Die Gerichte sehen auch die Umgehung von Gesetzen als Sittenwidrigkeit an, insbesondere wenn soziale Schutznormen umgangen werden sollen, worunter auch das Arbeitsrecht fallen kann.
Insgesamt ist das ein Thema, das oft ausgeblendet wird. Abgesehen von strafrechtlichen Risiken droht auch Ungemach mit dem Kunden, wenn der später die Zahlung verweigert und sich auf die Nichtigkeit beruft.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Herausgeber & Autor des Themenportals www.eventfaq.de