Bewertungen im Internet: Risiko für den Portalbetreiber?
Bewertungsportale im Internet werden gerne dazu genutzt, sich über Dienstleister zu informieren: Welche Erfahrungen haben andere Kunden bisher gemacht?
Natürlich kommt es dann auch vor, dass nicht nur positive Bewertungen, sondern auch negative Bewertungen dort eingetragen werden. Grundsätzlich muss ein Gewerbetreibender zwar damit leben, dass nicht jeder Kunde top-zufrieden mit ihm ist – er muss sich aber nicht unbedingt falsche Tatsachenbehauptungen oder Schmähungen gefallen lassen.
Der Bundesgerichtshof hat gestern nun einen lange schwelenden Streit um ein Ärztebewertungsportal (fast) entschieden.
Als Internetnutzer kann man sich in diesem Portal registrieren und Ärzte bewerten, ohne dabei seinen echten Namen angeben zu müssen.
Ein Nutzer hatte einen Arzt mit der Schulnote 4,8 bewertet. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“.
Der Arzt hat vom Portalbetreiber daraufhin verlangt, den Eintrag zu entfernen und bestritten, diese Person behandelt zu haben. Das Portal forderte immerhin den Nutzer zur Stellungnahme auf, wollte aber die Antwort und Daten des Nutzers unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht an den Arzt weiterleiten und löschte auch den Eintrag nicht.
Der Arzt erhob nun Klage gegen den Portalbetreiber auf Unterlassung der Veröffentlichung des Eintrags. Das Landgericht Köln verurteilte in 1. Instanz den Portalbetreiber. Der ging daraufhin in Berufung und das Oberlandesgericht Köln hob das Urteil in 2. Instanz wieder auf. Dagegen ging nun wieder der Arzt in Revision. Daher landete die Sache nun in 3. Instanz vor dem Bundesgerichtshof. Der wiederum hob die Entscheidung des Oberlandesgerichts wieder auf – er ist also derselben Meinung wie das Landgericht.
Der Bundesgerichtshof hat aber differenziert:
Der Eintrag des anonymen Nutzers ist keine eigene "Behauptung" des Portalbetreibers, weil er sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht habe.
Der Portalbetreiber haftet aber für die vom Nutzer abgegebene Bewertung dann, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.
Wann eine Prüfungspflicht zumutbar ist und wann nicht ist eine Frage des Einzelfalls: Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert, so der Bundesgerichthof in seiner Entscheidung.
In dem konkreten Fall hat der Portalbetreiber die ihm obliegenden Prüfpflichten verletzt. Die Begründung des BGH dazu: Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Telemediengesetz in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache nun wieder an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun anhand der vom BGH aufgestellten Kriterien konkret prüfen, ob ausreichende Maßnahmen von der Portalbetreiberin ergriffen wurden.
Fazit:
Das Internet stellt eine große Herausforderung für alle Nutzer dar: Es gibt eine Reihe von juristischen Stolpersteinen und Problemen, die mit dem Betrieb einer Webseite einhergehen.
Lässt man auf seiner Webseite Kommentare oder gar Bewertungen zu, gibt es noch weitere Rechtsfragen, die im Einzelfall zu klären sind. Der Webseitenbetreiber sollte sich also immer vor dem Betrieb kundig machen, was er darf oder was er tunlichst lassen sollte. Für eine solche Beratung (inklusive datenschutzrechtlicher, IT-rechtlicher oder medienrechtlicher Aspekte) stehen wir als spezialisierte Kanzlei gerne zur Verfügung.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)
Natürlich kommt es dann auch vor, dass nicht nur positive Bewertungen, sondern auch negative Bewertungen dort eingetragen werden. Grundsätzlich muss ein Gewerbetreibender zwar damit leben, dass nicht jeder Kunde top-zufrieden mit ihm ist – er muss sich aber nicht unbedingt falsche Tatsachenbehauptungen oder Schmähungen gefallen lassen.
Der Bundesgerichtshof hat gestern nun einen lange schwelenden Streit um ein Ärztebewertungsportal (fast) entschieden.
Als Internetnutzer kann man sich in diesem Portal registrieren und Ärzte bewerten, ohne dabei seinen echten Namen angeben zu müssen.
Ein Nutzer hatte einen Arzt mit der Schulnote 4,8 bewertet. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“.
Der Arzt hat vom Portalbetreiber daraufhin verlangt, den Eintrag zu entfernen und bestritten, diese Person behandelt zu haben. Das Portal forderte immerhin den Nutzer zur Stellungnahme auf, wollte aber die Antwort und Daten des Nutzers unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht an den Arzt weiterleiten und löschte auch den Eintrag nicht.
Der Arzt erhob nun Klage gegen den Portalbetreiber auf Unterlassung der Veröffentlichung des Eintrags. Das Landgericht Köln verurteilte in 1. Instanz den Portalbetreiber. Der ging daraufhin in Berufung und das Oberlandesgericht Köln hob das Urteil in 2. Instanz wieder auf. Dagegen ging nun wieder der Arzt in Revision. Daher landete die Sache nun in 3. Instanz vor dem Bundesgerichtshof. Der wiederum hob die Entscheidung des Oberlandesgerichts wieder auf – er ist also derselben Meinung wie das Landgericht.
Der Bundesgerichtshof hat aber differenziert:
Der Eintrag des anonymen Nutzers ist keine eigene "Behauptung" des Portalbetreibers, weil er sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht habe.
Der Portalbetreiber haftet aber für die vom Nutzer abgegebene Bewertung dann, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.
Wann eine Prüfungspflicht zumutbar ist und wann nicht ist eine Frage des Einzelfalls: Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert, so der Bundesgerichthof in seiner Entscheidung.
In dem konkreten Fall hat der Portalbetreiber die ihm obliegenden Prüfpflichten verletzt. Die Begründung des BGH dazu: Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Telemediengesetz in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache nun wieder an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun anhand der vom BGH aufgestellten Kriterien konkret prüfen, ob ausreichende Maßnahmen von der Portalbetreiberin ergriffen wurden.
Fazit:
Das Internet stellt eine große Herausforderung für alle Nutzer dar: Es gibt eine Reihe von juristischen Stolpersteinen und Problemen, die mit dem Betrieb einer Webseite einhergehen.
Lässt man auf seiner Webseite Kommentare oder gar Bewertungen zu, gibt es noch weitere Rechtsfragen, die im Einzelfall zu klären sind. Der Webseitenbetreiber sollte sich also immer vor dem Betrieb kundig machen, was er darf oder was er tunlichst lassen sollte. Für eine solche Beratung (inklusive datenschutzrechtlicher, IT-rechtlicher oder medienrechtlicher Aspekte) stehen wir als spezialisierte Kanzlei gerne zur Verfügung.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)