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Besucherin von Crowd-Surfer verletzt: Muss Veranstalter zahlen?

Timo Schutt | 01.02.2016
Nachdem eine Besucherin eines Konzerts in Miesbach im Jahr 2014 durch einen Crowd-Surfer am Auge verletzt wurde, kam es nun zum Gerichtsverfahren gegen den Veranstalter.

Die Besucherin stand nach eigenen Angaben vorne in der Mitte – während ein Crowd-Surfer über die Menge getragen wurde und sie dabei mit dem Schuh am Auge traf. Nach Ansicht der Richterin trage die Geschädigte aber ein erhebliches Mitverschulden (siehe § 254 BGB): „Sie haben sich freiwillig vorne hingestellt, wo Sie besonders gefährdet waren“.

Dieses Argument halte ich für fragwürdig: Ist man auf einem Konzert denn typischerweise „besonders gefährdet“, nur weil man vorne an der Bühne steht? Muss dann – mit Blick auf die Besuchersicherheit – nicht erst recht dafür gesorgt werden, dass vor der Bühne die Besucher gerade nicht „besonders gefährdet“ sind?

In dem Fall kam noch eine Besonderheit hinzu: Die Geschädigte hat wohl durchaus gesehen, dass jemand von anderen Besuchern über die Menge getragen wurde – ihn dann aber nicht weiter beobachtet. Auch das warf das Gericht der Geschädigten vor. Und auch dieses Argument ist durchaus fragwürdig: Vorne spielt die Musik, dafür zahle ich. Von hinten kommt ein Idiot, den ich nun auch noch beobachten soll. Und: Wohin denn, wenn es voll ist?

Das eigentliche Argument dürfte in der Frage liegen, ob und wie überhaupt der Veranstalter verantwortlich gemacht werden kann. Anders als beim Stage-Diving, wo ein Besucher auf die Bühne klettert und von dort hinunterspringt, beginnt das Crowd-Surfen oftmals mitten unter den Zuschauern. Ein Veranstalter bzw. sein Sicherheitsdienst hat hierauf anders als beim Stage-Diving erst einmal keinen direkten Zugriff, um das zu verhindern.

Immerhin erhält die Geschädigte nun 10% ihrer Klageforderung, sie hatte sich mit dem Veranstalter im Verfahren geeinigt.

Grundsätzlich “direkter” wäre der Weg gegen den tatsächlichen Täter, also den Crowd-Surfer: Hier wäre dann zu überlegen, ob und inwieweit er damit hätte rechnen können, andere Personen zu verletzen – zumal es sich beim Crowd Surfen nicht um ein klassisches Fortbewegungsmittel handelt.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)