Kirmesbetrieb haftet für Stolperfalle Kabel
Auf Veranstaltungen werden Strom und Wasser benötigt. Solange es kein WLAN-Strom und WLAN-Wasser gibt, müssen also Leitungen verlegt werden. Und solange diese Leitungen nicht unter dem Boden oder an der Wand entlang verlegt werden können, entstehen Stolperstellen. Stolpert ein Besucher über ein Kabel, kommt es schnell zum Streit: hätte der Veranstalter das Kabel besser sichern müssen? Hätte der Besucher besser aufpassen müssen?
Das Oberlandesgericht Hamm hat nun einen Fall entschieden, in dem eine Anwohnerin einer Kirmes über Kabel gestürzt ist, die außerhalb des eigentlichen Kirmes-Geländes über den Bürgersteig gelegt waren.
Das Besondere: An der Stelle hatten mehrere Kirmesbetriebe ihre Kabel über den Gehweg gelegt, alle Kabel waren aber lose und nicht gesichert. Es war auch nicht genau klar, über wessen Kabel die Anwohnerin gestürzt war – klar war nur, dass eines der Kabel dem später verklagten Kirmesbetrieb gehört hatte.
Das Gericht verurteilte nun diesen Betrieb. Selbst wenn nicht eindeutig sicher war, ob die Frau über das Kabel des Kirmesbetriebes oder ein anderes gestolpert war, der Kirmesbetrieb war jedenfalls mitverantwortlich, da unstreitig auch er dort sein Kabel lose verlegt hatte.
Dadurch aber wurde eine Gefahrenstelle geschaffen, die hätte gesichert werden müssen. Dies gilt auch dann, wenn die Gefahrenstelle außerhalb des Geländes liegt. Dies auch deshalb, weil der Besucher durch die Attraktionen abgelenkt werde und nicht mehr dauernd auf den Boden schauen kann.
Das Gericht wies der Anwohnerin aber eine Mitschuld von 50% zu: Die Kabel lagen bereits mehrere Tage dort, und die Anwohnerin hätte die Gefahrenstelle kennen müssen.
Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Dieses Ergebnis kann man nicht ohne weiteres auf andere Stolper-Fälle übertragen. Aus diesem und anderen Fällen lässt sich aber zusammenfassen:
• Wenn irgend möglich, sollten Kabel außerhalb des für Besucher zugänglichen Bereichs verlegt werden.
• Je dunkler die Stelle, desto weniger kann der Besucher die Gefahrenstelle erkennen, desto eher muss der Verantwortliche Maßnahmen gegen einen Sturz treffen.
• Eine Kabelbrücke ist nicht immer geeignet, einen Sturz zu vermeiden, da durch sie gerade eine höhere Kante entsteht.
• Nur, weil das Verlegen des Kabel außerhalb des für Besucher zugänglichen Bereiches bzw. “außenherum” etwas Mühe verursachen würde, heißt es nicht, dass man aus Bequemlichkeitsgründen den kurzen Weg über den Besucherweg nehmen dürfte.
• Kabel, durch die eine Stolperstelle entsteht, haben in Fluchtwegen grundsätzlich nichts zu suchen.
• Je mehr der Besucher an der Gefahrenstelle abgelenkt wird bspw. durch Attraktionen, desto mehr muss der Verantwortliche den Sturz vermeiden.
• Je weniger der Besucher die Stolperstelle überhaupt erkennen kann, weil es bspw. sehr voll ist, und er gar nicht auf den Boden schauen kann bzw. von der Menschenmenge überhaupt erst an die Gefahrenstelle geschoben wird, desto eher muss der Verantwortliche die Gefahrenstelle von vornherein vermeiden.
• Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob Klebeband, Gummimatten, Filzmatten oder eine Kabelbrücke ein geeignetes Mittel darstellen, die Stolpergefahr zu reduzieren.
In der DGUV Information 215-310 (früher: BGI 810) heißt es zum Thema Kabelverlegung in Ziffer 3.2.6:
Achten Sie drauf, dass Kabel so verlegt werden, dass keine Gefährdungen entstehen.
Dies wird zum Beispiel durch folgende Maßnahmen erreicht:
• Kabel, die senkrecht hoch geführt werden, mit Fangleinen sicher befestigen.
• Kabel gegen Knicken an scharfen Kanten in geeigneter Weise schützen.
• Kabel, die Verkehrswege überspannen, in ausreichender Höhe führen und mit Abspannseilen entlasten – zum Beispiel 5,0 m über Fahrwegen.
• Kabel im Publikumsbereich in einer Höhe von mindestens 2,5 m führen.
• Kabel in ausreichendem Abstand von elektrischen Freileitungen verlegen (Mindestabstände beachten – DGUV Vorschrift 4 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“).
• Kabel durch stabile Kabelbrücken oder andere geeignete Abdeckungen schützen.
Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Hier geht es um den Schutz des Kabels, nicht um den Stolperschutz des drüberlaufenden Besuchers! Eine Kabelbrücke, die zwar das Kabel vor Beschädigungen schützt, kann eine Stolperfalle erst recht hervorrufen!
• Auf mögliche Stolpergefahren durch auffällige Kennzeichnung hinweisen; an gefährlichen Stolperstellen Sicherungsposten einsetzen.
• Steckverbindungen, die nur spritzwassergeschützt sind, nur dann im Freien verlegen, wenn durch deren Lage oder Abdeckung sichergestellt ist, dass Wasser nicht in die Steckverbindung gelangen kann.
• Sicherheitsrelevante und andere wichtige Einrichtungen von Kabelführungen frei halten – zum Beispiel: Fluchtwege, Türen in Fluchtwegen, Notausgänge oder -ausstiege, Abstiege von Beleuchtungsebenen, Feuerlöscher, Wand- und Unterflurhydranten, Feuermelder, Schalttafeln und Notschalter, Auslösevorrichtungen für Sicherheitsanlagen sowie Steuereinrichtungen für Klima- und Belüftungsanlagen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)
Das Oberlandesgericht Hamm hat nun einen Fall entschieden, in dem eine Anwohnerin einer Kirmes über Kabel gestürzt ist, die außerhalb des eigentlichen Kirmes-Geländes über den Bürgersteig gelegt waren.
Das Besondere: An der Stelle hatten mehrere Kirmesbetriebe ihre Kabel über den Gehweg gelegt, alle Kabel waren aber lose und nicht gesichert. Es war auch nicht genau klar, über wessen Kabel die Anwohnerin gestürzt war – klar war nur, dass eines der Kabel dem später verklagten Kirmesbetrieb gehört hatte.
Das Gericht verurteilte nun diesen Betrieb. Selbst wenn nicht eindeutig sicher war, ob die Frau über das Kabel des Kirmesbetriebes oder ein anderes gestolpert war, der Kirmesbetrieb war jedenfalls mitverantwortlich, da unstreitig auch er dort sein Kabel lose verlegt hatte.
Dadurch aber wurde eine Gefahrenstelle geschaffen, die hätte gesichert werden müssen. Dies gilt auch dann, wenn die Gefahrenstelle außerhalb des Geländes liegt. Dies auch deshalb, weil der Besucher durch die Attraktionen abgelenkt werde und nicht mehr dauernd auf den Boden schauen kann.
Das Gericht wies der Anwohnerin aber eine Mitschuld von 50% zu: Die Kabel lagen bereits mehrere Tage dort, und die Anwohnerin hätte die Gefahrenstelle kennen müssen.
Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Dieses Ergebnis kann man nicht ohne weiteres auf andere Stolper-Fälle übertragen. Aus diesem und anderen Fällen lässt sich aber zusammenfassen:
• Wenn irgend möglich, sollten Kabel außerhalb des für Besucher zugänglichen Bereichs verlegt werden.
• Je dunkler die Stelle, desto weniger kann der Besucher die Gefahrenstelle erkennen, desto eher muss der Verantwortliche Maßnahmen gegen einen Sturz treffen.
• Eine Kabelbrücke ist nicht immer geeignet, einen Sturz zu vermeiden, da durch sie gerade eine höhere Kante entsteht.
• Nur, weil das Verlegen des Kabel außerhalb des für Besucher zugänglichen Bereiches bzw. “außenherum” etwas Mühe verursachen würde, heißt es nicht, dass man aus Bequemlichkeitsgründen den kurzen Weg über den Besucherweg nehmen dürfte.
• Kabel, durch die eine Stolperstelle entsteht, haben in Fluchtwegen grundsätzlich nichts zu suchen.
• Je mehr der Besucher an der Gefahrenstelle abgelenkt wird bspw. durch Attraktionen, desto mehr muss der Verantwortliche den Sturz vermeiden.
• Je weniger der Besucher die Stolperstelle überhaupt erkennen kann, weil es bspw. sehr voll ist, und er gar nicht auf den Boden schauen kann bzw. von der Menschenmenge überhaupt erst an die Gefahrenstelle geschoben wird, desto eher muss der Verantwortliche die Gefahrenstelle von vornherein vermeiden.
• Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob Klebeband, Gummimatten, Filzmatten oder eine Kabelbrücke ein geeignetes Mittel darstellen, die Stolpergefahr zu reduzieren.
In der DGUV Information 215-310 (früher: BGI 810) heißt es zum Thema Kabelverlegung in Ziffer 3.2.6:
Achten Sie drauf, dass Kabel so verlegt werden, dass keine Gefährdungen entstehen.
Dies wird zum Beispiel durch folgende Maßnahmen erreicht:
• Kabel, die senkrecht hoch geführt werden, mit Fangleinen sicher befestigen.
• Kabel gegen Knicken an scharfen Kanten in geeigneter Weise schützen.
• Kabel, die Verkehrswege überspannen, in ausreichender Höhe führen und mit Abspannseilen entlasten – zum Beispiel 5,0 m über Fahrwegen.
• Kabel im Publikumsbereich in einer Höhe von mindestens 2,5 m führen.
• Kabel in ausreichendem Abstand von elektrischen Freileitungen verlegen (Mindestabstände beachten – DGUV Vorschrift 4 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“).
• Kabel durch stabile Kabelbrücken oder andere geeignete Abdeckungen schützen.
Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Hier geht es um den Schutz des Kabels, nicht um den Stolperschutz des drüberlaufenden Besuchers! Eine Kabelbrücke, die zwar das Kabel vor Beschädigungen schützt, kann eine Stolperfalle erst recht hervorrufen!
• Auf mögliche Stolpergefahren durch auffällige Kennzeichnung hinweisen; an gefährlichen Stolperstellen Sicherungsposten einsetzen.
• Steckverbindungen, die nur spritzwassergeschützt sind, nur dann im Freien verlegen, wenn durch deren Lage oder Abdeckung sichergestellt ist, dass Wasser nicht in die Steckverbindung gelangen kann.
• Sicherheitsrelevante und andere wichtige Einrichtungen von Kabelführungen frei halten – zum Beispiel: Fluchtwege, Türen in Fluchtwegen, Notausgänge oder -ausstiege, Abstiege von Beleuchtungsebenen, Feuerlöscher, Wand- und Unterflurhydranten, Feuermelder, Schalttafeln und Notschalter, Auslösevorrichtungen für Sicherheitsanlagen sowie Steuereinrichtungen für Klima- und Belüftungsanlagen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)