print logo

Events auf einem alten Schloss - Verkehrssicherung

Timo Schutt | 12.03.2014
Viele Veranstaltungen finden in alten Gebäuden bzw. Gemäuern statt. Altersbedingt ist an alten Gebäuden nun mal vieles nicht mehr so intakt wie bei Neueren. Auf einer auf einem Schloss in Niedersachen stattfindenden Gartenausstellung war eine Besucherin über einen sogenannten Auflaufbock gestolpert und verklagte den Veranstalter auf Schadenersatz.

Für die verletzte Besucherin war dieser Auflaufbock – eine metallene, schwellenartige Erhöhung am Boden, auf der ein geschlossenes Tor bzw. große Tür aufliegt – eine Stolperfalle.

Sowohl das erstinstanzliche Landgericht als auch nun das Oberlandesgericht Oldenburg wiesen die Klage aber ab.
Das Argument: Die Besucherin träfe eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, weil sie wisse, dass sie sich in einem alten Schlossgelände befinden würde. Damit sei erkennbar, dass es keine absolute Barrierefreiheit bei Eingängen geben könne. Hätte die Besucherin besser aufgepasst, wäre der Sturz vermeidbar gewesen. Zudem sei ein Anlagenbetreiber überfordert, wenn er alte Gebäude umbauen müsste, damit sie stolperfrei seien.

Unsere Meinung

Grundsätzlich gilt: Ein Veranstalter bzw. Betreiber einer Versammlungsstätte muss das Erforderliche und Zumutbare tun, damit sein Besucher nicht geschädigt wird.
Umgekehrt geht man dabei von einem durchschnittlich aufmerksamen Besucher aus.

Daher ist die Aussage: „In alten Gemäuern muss der Besucher eher mit baulichen Mängeln rechnen wie in modernen Gebäuden“ grundsätzlich einmal nicht falsch.

Aber:
• Dieser Grundsatz kann schon nur gelten, wenn der Besucher überhaupt die Möglichkeit hat, die Gefahrenstelle zu erkennen. Wäre es bspw. dunkel oder sehr voll, dann fiele es auch einem durchschnittlich aufmerksamen Besucher schwer, den Boden nach Stolperfallen abzusuchen – und er dürfte schon wieder eher darauf vertrauen, dass es keine gibt.
• Ein Auflaufbock ist nur wenige Zentimeter groß. Würde er durch Staub des Kieselweges o.Ä. verdreckt sein, wäre er schon schwieriger zu erkennen gewesen.
• Letztlich kommt es auch darauf an, von welcher Tür wir sprechen: Ist der Besucher bspw. durch Plakate, verkleidete Statisten oder sonstige Programmpunkte typischerweise abgelenkt, reduziert dies m.E. wieder die Anforderungen an den Durchschnittsbesucher und erhöht die Anforderungen an den Veranstalter.
• Das Argument, der Anlagenbetreiber sei überfordert, wenn er Umbauten vornehmen müsse, greift m.E. hier zu kurz:
• Zum Einen reden wir nicht über immense Investitionen. Befindet sich der Auflaufbock in einem zentralen Weg für die Besucher, könnte man auch auf die Idee kommen, den Auflaufbock temporär bei geöffnetem Tor zu entfernen.
• Zum Anderen profitiert der Veranstalter ja gerade von der Art der Location: Er hat ein schöneres Ambiente als in einem modernen Gebäude, das allen Sicherheitsbedenken genügt. Könnte also heißen: Ein findiger Veranstalter geht deshalb in eine alte Versammlungsstätte, da dann die Anforderungen an seine Verkehrssicherungspflichten sinken?
• Und: Handelt es sich bei dem Weg, auf dem sich der Auflaufbock befunden hatte, um einen Rettungsweg, dann hätte der Betreiber (der hier zugleich der Veranstalter war) ohnehin dafür sorgen müssen, dass es diese Stolperfalle nicht gibt. Zwar ist die Frau nicht bei der Benutzung des Weges als Rettungsweg gestolpert – aber mit Blick auf die Frage, ob die Entfernung des Auflaufbockes für den Veranstalter zumutbar war (dies wurde ja vom OLG Oldenburg verneint), muss man sagen: Doch! Die Beseitigung der Stolperfalle war unbedingt erforderlich.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)