Rückforderungen des Insolvenzverwalters - Wissenszurechnung des eigenen Rechtsanwalts
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 10. Januar 2013 verkündet, dass Forderungen des Insolvenzverwalters gegen Anleger auf Rückzahlung von ausgezahlten Leistungen gerechtfertigt sein können. Damit stehen Anlegern des Konzerns keine guten Nachrichten ins Haus. Hauptproblem war, das der vertretende Rechtsanwalt des Anlegers bei Aushandeln der Entschädigungssumme bereits hinreichende Kenntnis der wirtschaftlichen Schieflage hatte. Daher stellt sich die Frage, ob ein privater Kläger sich ein etwaiges Wissen des Anwalts zurechnen lassen muss.
Der Beklagte beteiligte sich in den neunziger Jahren bei der Göttinger Gruppe an verschiedenen Einlagen. Im Jahr 2001 kündigte er die Beteiligung und verlangte nun von der Göttinger Gruppe die eingezahlte Summe zurück. Dieser Zahlungsaufforderung wurde nicht nachgekommen, so dass der Beklagte um anwaltliche Unterstützung für eine Klageeinreichung ersuchte. Der beauftragte Anwalt vertrat eine Vielzahl von Anlegern und publizierte auf dem eigenen Internetauftritt mehrere Artikel zum Thema Göttinger Gruppe. Diese schloss, nach einigen für sie selbst nachteiligen Entscheidungen des BGH, einen Gesamtvergleich mit den Mandanten des Rechtsanwalts ab. Nach dem im Jahr 2007 über das Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verlangt der bestellte Insolvenzverwalter die ausgezahlten Beträge zurück.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Zurückverlangungsbegehren des Insolvenzverwalters ist zunächst, dass eine Zahlungsunfähigkeit des in Rede stehenden Schuldners vorlag. Die wirtschaftliche Schieflage war hier wohl schon im Jahr 2005 insoweit gegeben. Die Zahlungsrückstände beliefen sich bereits im November des genannten Jahres nur den Anlegern gegenüber auf mehrere Millionen Euro. Des Weiteren müsste der Schuldner vorsätzlich Zahlungen vorgenommen haben, um andere Gläubiger zu benachteiligen. Vorsätzlich handelt, wer die Benachteiligung der Gläubiger als Erflog will oder erkennt und billigt. Der BGH geht davon aus, dass für den Fall der Kenntnis einer Zahlungsunfähigkeit auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann. Hier wusste die Göttinger Gruppe, dass das eigene Vermögen nicht ausreichte, um sämtliche Gläubiger zu bedienen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit kann ein gewichtiges Indiz für einen solchen Benachteiligungsvorsatz sein. Dies gilt nur dann nicht, wenn aufgrund einer sicheren Aussicht auf Kredite mit einer Überwindung der Krise in näherer Zukunft zu rechnen ist. Jedoch darf erst von einer Abwendung ausgegangen werden, wenn konkrete Umstände für eine solche Annahme vorliegen. Dies war aber nicht der Fall, ebenso wie keine ernsthaften Sanierungsbemühungen unternommen worden sind. Wesentliches Merkmal der Regelung in der deutschen Insolvenzordnung eines Rückzahlungsverlangens des Insolvenzverwalters ist aber, dass der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit gewusst haben muss. Dies war im verhandelten Fall der Knackpunkt. Das Landgericht nahm die Zurechnung der Kenntnis des Anwalts an den Anleger an. Das oberste deutsche Zivilgericht bestätigt nun diese Auffassung. Dem Anleger selbst dürfte von einer drohenden Insolvenz der Göttinger Gruppe zum damaligen Zeitpunkt nichts bekannt gewesen sein. Daher geht es ausschließlich um die Zurechnung fremden Wissens, in diesem Fall um das des Rechtsanwalts. Diese Kenntnis um die wirtschaftliche Situation des Unternehmens könne dem BGH zur Folge unter anderem den Internetveröffentlichungen des Rechtsanwalts entnommen werden. Darin hieß es unter anderem, dass jedem klar sein müsse, dass Schadensersatzansprüche, selbst wenn sie nur von einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht würden, kaum zu realisieren seien. Zudem zeichnete sich aufgrund der BGH Rechtsprechung aus dem Jahr 2005 ab, dass erhebliche Schadensersatzforderungen zu bedienen waren. Daher kann zumindest davon ausgegangen werden, dass auf Seiten des Rechtsanwalts eine hinreichende Erfassung der Situation stattfand. Somit liegen alle Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs vor, sodass die Forderung des Insolvenzverwalters insgesamt begründet ist. Der Anleger muss folglich den erhaltenen Betrag wieder zurückerstatten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12
Der Beklagte beteiligte sich in den neunziger Jahren bei der Göttinger Gruppe an verschiedenen Einlagen. Im Jahr 2001 kündigte er die Beteiligung und verlangte nun von der Göttinger Gruppe die eingezahlte Summe zurück. Dieser Zahlungsaufforderung wurde nicht nachgekommen, so dass der Beklagte um anwaltliche Unterstützung für eine Klageeinreichung ersuchte. Der beauftragte Anwalt vertrat eine Vielzahl von Anlegern und publizierte auf dem eigenen Internetauftritt mehrere Artikel zum Thema Göttinger Gruppe. Diese schloss, nach einigen für sie selbst nachteiligen Entscheidungen des BGH, einen Gesamtvergleich mit den Mandanten des Rechtsanwalts ab. Nach dem im Jahr 2007 über das Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verlangt der bestellte Insolvenzverwalter die ausgezahlten Beträge zurück.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Zurückverlangungsbegehren des Insolvenzverwalters ist zunächst, dass eine Zahlungsunfähigkeit des in Rede stehenden Schuldners vorlag. Die wirtschaftliche Schieflage war hier wohl schon im Jahr 2005 insoweit gegeben. Die Zahlungsrückstände beliefen sich bereits im November des genannten Jahres nur den Anlegern gegenüber auf mehrere Millionen Euro. Des Weiteren müsste der Schuldner vorsätzlich Zahlungen vorgenommen haben, um andere Gläubiger zu benachteiligen. Vorsätzlich handelt, wer die Benachteiligung der Gläubiger als Erflog will oder erkennt und billigt. Der BGH geht davon aus, dass für den Fall der Kenntnis einer Zahlungsunfähigkeit auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann. Hier wusste die Göttinger Gruppe, dass das eigene Vermögen nicht ausreichte, um sämtliche Gläubiger zu bedienen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit kann ein gewichtiges Indiz für einen solchen Benachteiligungsvorsatz sein. Dies gilt nur dann nicht, wenn aufgrund einer sicheren Aussicht auf Kredite mit einer Überwindung der Krise in näherer Zukunft zu rechnen ist. Jedoch darf erst von einer Abwendung ausgegangen werden, wenn konkrete Umstände für eine solche Annahme vorliegen. Dies war aber nicht der Fall, ebenso wie keine ernsthaften Sanierungsbemühungen unternommen worden sind. Wesentliches Merkmal der Regelung in der deutschen Insolvenzordnung eines Rückzahlungsverlangens des Insolvenzverwalters ist aber, dass der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit gewusst haben muss. Dies war im verhandelten Fall der Knackpunkt. Das Landgericht nahm die Zurechnung der Kenntnis des Anwalts an den Anleger an. Das oberste deutsche Zivilgericht bestätigt nun diese Auffassung. Dem Anleger selbst dürfte von einer drohenden Insolvenz der Göttinger Gruppe zum damaligen Zeitpunkt nichts bekannt gewesen sein. Daher geht es ausschließlich um die Zurechnung fremden Wissens, in diesem Fall um das des Rechtsanwalts. Diese Kenntnis um die wirtschaftliche Situation des Unternehmens könne dem BGH zur Folge unter anderem den Internetveröffentlichungen des Rechtsanwalts entnommen werden. Darin hieß es unter anderem, dass jedem klar sein müsse, dass Schadensersatzansprüche, selbst wenn sie nur von einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht würden, kaum zu realisieren seien. Zudem zeichnete sich aufgrund der BGH Rechtsprechung aus dem Jahr 2005 ab, dass erhebliche Schadensersatzforderungen zu bedienen waren. Daher kann zumindest davon ausgegangen werden, dass auf Seiten des Rechtsanwalts eine hinreichende Erfassung der Situation stattfand. Somit liegen alle Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs vor, sodass die Forderung des Insolvenzverwalters insgesamt begründet ist. Der Anleger muss folglich den erhaltenen Betrag wieder zurückerstatten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12