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Wenn der Vorsteuerabzug leichter werden soll

Timo Schutt | 22.05.2013
… dann sollte das schon einmal per se verdächtig genug sein, genau hinzuschauen. So tritt das „Europäische Zentralregister zur Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern“ auf den Plan und bewirbt ein angeblich zentrales Register, das noch angeblicher den Vorsteuerabzug erleichtern soll.

Viele Unternehmen haben in der vergangenen Zeit Post von der Gewerbeauskunfts- zentrale und anderen dubiosen Anbietern bekommen, die irgendwelche nutzlosen Branchenbucheinträge versprechen gegen horrende Gebühren. Der Bundesgerichts- hof hat diese Abzocke gestoppt und solcherlei „Verträge“ für unwirksam erklärt. Nun wäre es nicht so, dass sich die GEW davon würde beeindrucken lassen, und machte einfach weiter. Jüngst hatte das Landgericht Düsseldorf ein Ordnungsgeld von 50.000 Euro verhängt.

Nun kommt das „Europäische Zentralregister zur Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern“ daher und verspricht Erleichterungen beim Vorsteuerabzug. Nur: Das Ding kostet schlappe 890 Euro – pro Jahr, und der Vertrag, den man unvorsichtigerweise schließt, geht über mindestens 2 Jahre.

Auch hier: Das Formular sieht tatsächlich sehr amtlich und offiziell aus. Und wenn der Unternehmer hört, dass sein Vorsteuerabzug leichter wird und er damit finanzielle Vorteile zu sehen glaubt, dann wird leider auch schnell die für die Vernunft zuständige Hirnregion kurzfristig beurlaubt.

Also: Nicht unterschreiben. Der Unternehmer sollte seine Mitarbeiter vorsichtshalber über solche Machenschaften aufklären. Nicht selten passiert es, dass das Sekretariat gutgläubig das Formular unterschreibt und zurückschickt, und schon landet eine teure Rechnung im Briefkasten. Die Zahlungspflichten finden sich meist geschickt versteckt im Kleingedruckten.

Wenn die Rechnung kommt: Nicht einfach zahlen. Schauen Sie ins Internet. Wenn dort schon Verbraucherzentralen vor Abzocke warnen, dann spricht viel dafür, dass das auch tatsächlich Abzocke ist.

Denn:
Damit A von B einen Rechnungsbetrag fordern kann, muss es eine so genannte Anspruchsgrundlage für die Forderung geben. Eine Anspruchsgrundlage kann sich aus einem so genannten Schuldverhältnis geben: Der Schuldner schuldet dem Gläubiger etwas, oder: Der Gläubiger kann vom Schuldner etwas verlangen.

Ein solches Schuldverhältnis kann entstehen durch einen Vertrag oder kraft Gesetz:
Ein gesetzliche Schuldverhältnis entsteht, wenn das Gesetz sagt: So, jetzt machen wir ein Schuldverhältnis zwischen A und B. Berühmtestes Beispiel ist hier der Verkehrsunfall. Wenn der B in das Auto des A fährt, haben beide typischerweise keinen Vertrag geschlossen. Das Gesetz (siehe § 823 BGB) sagt aber, dass es unerlaubt ist, ungefragt in ein fremdes Auto zu fahren und es zu beschädigen. Zwischen A und B entsteht also kraft der gesetzlichen Regelung des § 823 BGB ein Schuldverhältnis: Der geschädigte A kann vom Schädiger B Schadenersatz fordern.
Ein vertragliches Schuldverhältnis entsteht durch einen Vertrag: Wenn A und B einen Kaufvertrag über eine Blume schließen, die 5 Euro kostet, dann entsteht zwischen den beiden ein vertragliches Schuldverhältnis. Dieses berechtigt den A, vom B die Blume herauszuverlangen. Der B wiederum kann vom A den Kaufpreis verlangen.

Wenn nun also das „Europäische Zentralregister zur Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern“ (wir kürzen das der Einfachheit halber ab mit “EZzEuVvUI”) von einem Unternehmer Geld fordert, dann muss das EZzEuVvUI beweisen, dass ein Vertrag zustande gekommen ist. Der Vertrag ergäbe dann die Anspruchsgrundlage für die Forderung.

In einem Gerichtsverfahren würde das EZzEuVvUI dann das vom Unternehmer unterschriebene Formular vorlegen. In dem Formular finden sich dann die AGB, wonach der Unternehmer 890 Euro pro Jahr zahlen soll. Nun müsste das Gericht prüfen, ob diese AGB überhaupt wirksam sind. Die AGB dürfen nämlich u.a. “nicht überraschend” sein. Und ganz allgemein darf die Aufmachung des Formulars nicht gegen “Treu und Glauben” verstoßen (siehe § 242 BGB), denn das macht die AGB rechtswidrig bzw. unwirksam. Und dann wird damit auch das vertragliche Schuldverhältnis hinfällig.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht