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Technische Anlage muss nur funktionieren, nicht den neuesten Stand haben

Timo Schutt | 30.01.2013
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich mit der interessanten Frage auseinandergesetzt, ob ein Verkehrssicherungspflichtiger die neuesten technischen Standards befolgen muss, oder ob die Einhaltung der Standards zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlage ausreichen.

Konkret war folgendes passiert: Eine ältere Dame wollte aus einem Fahrstuhl aussteigen, als sich die Tür öffnete. Allerdings hatte der Fahrstuhl 40 cm über dem Boden angehalten, so dass die Dame 40 cm tief hinunterfiel und sich dabei verletzte. Ursache war ein technischer Defekt des Fahrstuhls.

Der Fahrstuhl entsprach den technischen Anforderungen zum Zeitpunkt des Baus. Danach hat es zwar neue technische Vorschriften für Fahrstühle gegeben, allerdings gibt es keine gesetzliche Nachrüst- oder Umbaupflicht.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt hatte der Betreiber seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt: Es sei nicht erforderlich, so das OLG, dass der Fahrstuhl nachgerüstet werde, wenn dazu keine gesetzliche Pflicht bestehe.

Relevant ist also nur der technische Maßstab, der mit dem, was technisch vorhanden und einwandfrei funktionsfähig ist, erreicht werden kann.

Auf den ersten Blick mutet das Urteil seltsam an. Allerdings wäre es etwas viel verlangt, wenn der Betreiber (egal ob Fahrstuhl oder Versammlungsstätte) stets die aktuellsten technischen Vorschriften umsetzen müsste: Dies würde ihn wirtschaftlich schlicht überfordern. So weit geht, jedenfalls nach Auffassung des OLG Frankfurt, die Verkehrssicherungspflicht dann doch nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; vermutlich würde aber auch der Bundesgerichtshof, wenn es zu einem Revisionsverfahren käme, die Anforderungen an den Betreiber nicht so hoch aufhängen.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor www.eventfaq.de