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Steigende Einkommen in Europa trotz Verunsicherung

Aktuelle Ergebnisse der GfK Kaufkraft Europa.
GfK SE | 31.10.2011
Die neu aktualisierte Studie GfK Kaufkraft Europa 2011/2012 untersucht die regionalen Niveauunterschiede in der Kaufkraft der Menschen in 42 europäischen Ländern. Trotz der aktuellen Schuldenkrise sowie der Abschwächung der Konjunktur im zweiten Halbjahr bleiben die Aussichten für das verfügbare Einkommen der Haushalte in Europa 2011 ungetrübt.


Nach den Ergebnissen der Studie "GfK Kaufkraft Europa 2011/2012" stehen den europäischen Verbrauchern für das Jahr 2011 ca. 8,5 Billionen Euro für Konsumausgaben (z. B.: für Einzelhandel, Reisen) oder Sparen zur Verfügung. Dies entspricht einer Kaufkraft von 12.774 Euro pro Einwohner im Durchschnitt der 42 Studienländer. Ausgehend von den für 2010 in vielen Ländern nach oben revidierten Zahlen wird eine Wachstumsrate von 3,1 Prozent für die Kaufkraft der 42 Länder dieses Jahr erwartet.

Die "alten" EU-15 Mitglieder weisen dagegen nur eine Wachstumsrate von 2,3 Prozent aus; der Schwung kommt eher von den neueren Mitgliedsstaaten oder EU-Beitrittskandidaten bzw. Partnerländern, insbesondere der Türkei und der Ukraine, die mit ihren hohen Einwohnerzahlen und Wachstumsraten zur Erhöhung des gesamten Wachstumsniveaus beitragen.

Regionale Kaufkraft-Verteilung in ausgewählten Ländern
Norwegen: Der Wohlstand drückt sich in Kaufkraft aus
Norwegen stellt sich mit einer pro-Kopf-Kaufkraft für 2011 in Höhe von 29.028 Euro an dritter Stelle im Kaufkraft Ranking nach Liechtenstein und der Schweiz auf. Somit haben die knapp 5 Mio. Bewohner des Landes eine über doppelt so hohe Kaufkraft wie im Durchschnitt der 42 Studienländer. Die herausragende Stellung Norwegens lässt sich auch auf Wechselkurseffekte zurückführen: Die Aufwertung der norwegischen Krone gegenüber dem Euro unterstützt die Steigung der in Euro ausgedrückten Kaufkraft.

Im reichsten Kreis des Landes, Oslo, wohnen auch die meisten Menschen. Die rund 600.000 Bewohner der Hauptstadt verfügen über 33.481 Euro Kaufkraft pro Person im Jahr 2011. Ein Vergleich mit ähnlich großen Kreisen macht den Wohlstand deutlich: Im Stadtkreis Düsseldorf verfügen die Menschen über 41 Prozent weniger Geld zum Ausgeben als in Oslo. Überhaupt erreichen nur sechs deutsche Kreise eine pro-Kopf-Kaufkraft, die das Niveau des ärmsten Kreises Norwegens übersteigt.

Bærum, ein westlicher Vorort von Oslo, ist die reichste Gemeinde Norwegens. Nicht umsonst gelten ihre Einwohner in Norwegen als Stereotyp für reiche Menschen: Die knapp 113.000 Einwohner haben eine durchschnittliche Kaufkraft von 37.209 Euro je Einwohner zur Verfügung, anderthalb so viel wie in Erlangen.

Während sich die kaufkraftstarken Regionen um Oslo und Stavanger bilden, sind insbesondere Gemeinden im Landesinneren "arm". Es sind oftmals auch Gemeinden, die in den vergangenen Jahren einen mehr oder weniger kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen hatten. Dennoch haben die Einwohner der "ärmsten" Gemeinde Norwegens durchschnittlich 22.275 Euro zur Verfügung.

Portugal und Kroatien: Neue Erkenntnisse dank Zensus 2011
Gemäß EU-Verordnung wurde im Jahr 2011 ein Zensus in allen EU-Mitgliedstaaten durchgeführt, dessen Ergebnisse zum Teil bereits ausgewertet worden sind. In Portugal und Kroatien, wo im Gegensatz zum deutschen registergestützten Zensus eine Vollerhebung stattfand, lagen zum Zeitpunkt der Kaufkraftberechnung schon vorläufige Ergebnisse für Einwohner und Haushalte vor.

Auf nationaler Ebene zeigt sich, dass die Zahl der Einwohner im Vergleich zu dem auf Fortschreibungen basierenden Vorjahreswert gesunken sind (moderat in Portugal um -0,8 Prozent und deutlich in Kroatien um -3,1 Prozent); hingegen ist die Anzahl der Haushalte angestiegen (deutlich in Portugal um +3,9 Prozent und in Kroatien um +2 Prozent).

Vergleicht man die Zahlen auf regionaler Ebene, wird in beiden Ländern deutlich, dass die Abweichungen zum Vorjahr mit abnehmender Größe der regionalen Einheiten stark ansteigen. Diese Ergebnisse deuten auf die Dynamik der regionalen Entwicklung hin und bekräftigen damit die Wichtigkeit eines regelmäßig durchgeführten Zensus und einer aktuellen Datenbasis. Da in Kroatien keine amtliche Bevölkerungsfortschreibung auf Gemeindeebene stattfindet, klaffen die Zensusergebnisse mit den berechneten Vorjahreswerten in Einzelfällen stark auseinander. Z. B. sinkt die Einwohnerzahl der Stadt Pula in Istrien um fast ein Drittel. Solche drastischen Änderungen haben natürlich Auswirkungen auf die Kaufkraftsumme der einzelnen Gebiete.

Portugal liegt mit einer pro-Kopf-Kaufkraft von 10.608 Euro im Mittelfeld der 42 untersuchten Länder, dicht hinter Slowenien. Kroatien steht mit 5.011 Euro pro Kopf an der Spitze der Balkanländer (Slowenien ausgenommen) und platziert sich somit nach Island und der Türkei an dritter Stelle der EU-Kandidatenländer.

Die mit Abstand höchste Kaufkraft je Einwohner Portugals ist im Hauptstadtkreis Lissabon vorzufinden. Hier ist die Kaufkraft pro Einwohner mit 24.049 Euro fast 2,3 Mal so hoch wie im Landesdurchschnitt. Auf den nachfolgenden Rängen folgt mit Porto die zweitgrößte Stadt des Landes sowie die Nachbarkreise der Hauptstadt Lissabon, Oeiras und Cascais, in denen immerhin noch das 1,7- bis 1,5-Fache des Landesdurchschnitts zur Verfügung steht.

Im Stadtkreis Zagreb konzentriert sich fast ein Viertel der Kaufkraftsumme Kroatiens; hiermit sind die rund 800.000 Bewohner der Hauptstadt um ca. 30 Prozent reicher als im Durchschnitt des Landes. Mit einer Kaufkraft von 6.507 Euro pro Kopf verfügen sie aber über ca. die Hälfte dessen, was die Europäer im Durchschnitt zur Verfügung haben. Kroatiens Nachbarn in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana mit ihren rund 350.000 Einwohnern weisen eine doppelt so hohe pro-Kopf-Kaufkraft aus; die halbe Million Einwohner des Kreises Lissabon haben im Schnitt sogar fast das Vierfache.

Der Stadtkreis Zagreb wird dicht gefolgt vom Kreis Istrien. Die Kreise der dalmatinischen Küste weisen hingegen durchweg unterdurchschnittliche Kaufkraftindizes aus. Der Kreis Split vereint aber aufgrund seiner hohen Einwohnerzahl etwa 10 Prozent des verfügbaren Einkommens des Landes auf sich. Die ärmsten Kreise befinden sich im Inneren des Landes an den Grenzen zu Serbien und Bosnien.

Ukraine und Polen im Zeichen der Fußball-EM
Die ukrainische Wirtschaft bleibt seit der letzten globalen Marktkrise auf einem moderaten Erholungspfad. Dieser Trend kommt unter anderem in einer Steigerung der Kaufkraft pro Einwohner auf 1.761 Euro pro Kopf in 2011 zum Ausdruck. Unter den untersuchten Ländern erreicht damit nur die Ukraine (ausgehend von den revidierten Zahlen) eine Wachstumsrate im zweistelligen Bereich. Allerdings muss dies relativiert werden: Die Ukraine bleibt, gemessen an der pro-Kopf-Kaufkraft, weiterhin an der zweitletzten Stelle in der Länderrangfolge. Die Ukrainer haben im Schnitt zwar doppelt so viel Kaufkraft je Einwohner wie die Moldawier, aber wiederum nur 30 Prozent dessen, was den Polen durchschnittlich zur Verfügung steht.

Auch in Polen profitieren die Haushalte von einem dynamischen wirtschaftlichen Hintergrund: Die Kaufkraft pro Einwohner weist das größte Wachstum der EU-27 Staaten auf. Trotzdem erreicht Polen mit einer pro-Kopf-Kaufkraft in Höhe von 6.050 Euro nicht mal 60 Prozent des portugiesischen Landesdurchschnitts.

Das Eröffnungsspiel der UEFA Europameisterschaft wird in Polens Hauptstadt Warschau stattfinden, die mit 10.266 Euro je Einwohner mit Abstand der reichste Stadtkreis des Landes ist. Somit haben die Bewohner Warschaus fast 70 Prozent mehr Geld zur Verfügung als im Durchschnitt des Landes. Das ist allerdings fast drei Mal so viel wie die Bewohner der Hauptstadt der Ukraine im Schnitt zur Verfügung haben.

Neben der ukrainischen Hauptstadt, die als Endspielort der EM 2011 bestimmt ist, genießen drei weitere ukrainische Städte den Gastgeberstatus für die kommenden Spiele: Charkiw, Donezk und Lemberg. Kaufkraftmäßig befinden sie sich auf einem vergleichbaren Niveau – um die 40 Prozent unter dem Durchschnitt Kiews. Donezk, das stärkste Industriezentrum des Landes, weist eine Kaufkraft pro Einwohner auf, die 35 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt. Charkiw, der viertgrößte Kreis der Ukraine, ist jedoch mit einer überdurchschnittlichen Kaufkraft je Einwohner der "ärmste" unter den restlichen EM-Austragungsorten.

Die drei weiteren polnischen Austragungsorte gehören zu den zehn reichsten und größten Kreisen des Landes und weisen ein vergleichbares Kaufkraftniveau auf, das ca. 80 Prozent der Kaufkraft der Hauptstadt ausmacht. Der "kaufkraftschwächste" polnische Kreis unter den Spielorten, Posen, verzeichnet eine Kaufkraft von knapp 8.000 Euro je Einwohner, etwa 60 Prozent des europäischen Durchschnitts.

Zur Studie
Die Kaufkraft bezeichnet das verfügbare Einkommen ohne Steuern und Sozialabgaben inklusive Transferleistungen und wird pro Kopf und Jahr in Euro und als Index ausgewiesen. Die GfK Kaufkraft bezieht sich auf die nominalen verfügbaren Einkommen, d.h. die Werte sind nicht inflationsbereinigt und beinhalten auch keine regional verschiedenen Preisniveaus. Basis der Berechnung sind neben Daten der Einkommensteuerstatistik einschlägige Statistiken zur Berechnung von Transferleistungen sowie Prognosewerte der Wirtschaftsinstitute. Die Gesamtsumme der GfK Kaufkraft wird von der Bevölkerung sowohl für private Konsumausgaben aber ebenso auch für monatliche Fixkosten wie Mieten, Energiekosten, private Altersvorsorge und Versicherungen sowie andere Ausgaben, beispielsweise Urlaub oder Verkehr, verwendet.

Die Studie GfK Kaufkraft Europa wird jährlich flächendeckend für 42 europäische Länder berechnet, bis zur Ebene der Gemeinden und Postleitzahlen. Die Studie 2011/2012 ist ab sofort auf neuestem Daten- und Gebietsstand, inklusive Daten zu Einwohnern und Haushalten, verfügbar. GfK GeoMarketing bietet ebenfalls passende digitale Landkarten für ganz Europa an.

International agierende Unternehmen brauchen möglichst genaue Vorhersagen, wie viel Geld in den Ländern zur Verfügung steht. Die GfK Kaufkraft Europa wird etwa zur internationalen Vertriebs- und Expansionsplanung, Filialnetzoptimierung oder im Controlling eingesetzt.