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Facebook als Jederzeit-Medium im Web

Zuckerberg plant zentralen Aufmerksamkeitsverteiler
Gunnar Sohn | 10.03.2009
Hamburg/Bonn, 9. März 2009, www.ne-na.de - In dieser Woche gibt sich Facebook ein neues Gesicht. Die langfristigen Ziele beschreibt Facebook-Chef Mark Zuckerberg in seinem Firmen-Blog http://blog.facebook.com/blog.php?post=57822962130 mit Schlagworten wie „Informationsstrom" oder „Menschen Kontakt zu allem geben, was sie interessiert". Auf lange Sicht sollen Menschen Facebook nicht mehr benutzen, um „bestimmte Inhalte zu finden, sondern um am Informationsfluss selbst teilzuhaben". „Mit der Neugestaltung baut Zuckerberg Facebook ganz pragmatisch zum Jederzeit-Medium um. Die Hauptseite soll demnächst in Echtzeit jedem Mitglied Nachrichten darüber liefern, wer aus seinem Bekannten- und Freundeskreis gerade was denkt, kommentiert, im Web entdeckt, gekauft, gehört, gesehen hat. Bislang aktualisierte Facebook die zentrale Nachrichtenseite nur alle 10 bis 15 Minuten, nun soll das ständig passieren“, analysiert Spiegel Online-Redakteur Konrad Lischka http://www.klischka.de.

Wenn ständig etwas Neues passiere sei der Drang groß, ständig die entsprechende Seite zu verfolgen. Das erinnere sehr an den Reiz von Twitter, dem gerade enorm gehypten Echtzeit-Mikroblogging-Dienst, der seinen Nutzern das Gefühl gibt, nahezu live zu verfolgen, was im Web passiert. „In Zukunft unterscheidet Facebook nicht mehr sonderlich zwischen den Seiten von normalen Mitgliedern und Unternehmen, Politikern, Bands und Stars“, schreibt Lischka. Der Dienst könne sich zum großen Aufmerksamkeitsverteiler im Web mausern. Neue Musik? Mal sehen, was die Freunde bei Facebook empfehlen. Gipfeltreffen in Washington? Mal sehen, was das Team von Obama schreibt. Der nächste logische Schritt wäre nach Ansicht des Internetexperten Sascha Lobo http://saschalobo.com die Entwicklung eines echten eigenen Browsers, der ganz nebenbei dazu führen würde, dass man die Community überhaupt nicht mehr verlässt.

Teile des Redesigns würden darauf hindeuten: viele Navigationspunkte wurden in die nicht bewegliche Fußleiste verlagert. Die Redundanz mit der Navigation auf der Fläche sei nicht zufällig - sondern soll den Nutzer daran gewöhnen, Facebook auch dann zu benutzen, wenn auf der Fläche des Screens eine andere Seite dargestellt wird. Mit Cloud Computing würden Betriebssystem und Browser sowieso zusammenwachsen zu einem „Betriebsbrowser“. Die Office-Anwendungen von Google Docs beim Browser Chrome seien dabei richtungsweisend. „Mit einem echten eigenen Facebook-Browser würde die halbautomatische Kommunikation in Form eines umfassenden Lifestreams Realität, weil alles, was wir im Browser erledigen - bei mir wäre das ungefähr alles -, dann Teil unseres Kommunikationsstromes werden könnte“, spekuliert Lobo.

„Das Praktische an einem halbautomatischen Kommunikationsstrom ist, dass ich nicht mehr aktiv eingreifen muss, sondern immer mehr reagieren kann - wenn man will. Ein tolles Szenario. Nicht ‘Big Brother is watching you’ sondern ‘Facegoogle is watching, tracking, analysing and predicting you’”, meint Marc-Christopher Schmidt, Geschäftsführer des Reiseportals Triptivity http://www.triptivity.com. Die Facebook-Strategie bietet für Unternehmen enorme Chancen, so die Ansicht des Neue Medien-Publizisten Sebastian Paulke, Geschäftsführer von Wort + Welt http://www.wortundwelt.eu: „Sie können sich schon jetzt auf eine völlig neue Marketingwelt freuen, in der statt Budgets Strategien zählen, da die eigentliche Multiplikation von Informationen sich zunehmend automatisieren wird und damit keine Kostenstelle mehr sein muss.”

Facebook werde eine neue Runde im Social Web einläuten und damit die Messlatte für Enterprise Team Collaboration anheben: „Die Fachkräfte von heute lernen jetzt schon, dass Informationsflüsse automatisiert ablaufen – cc-Mail-Orgien á la Outlook und Lotus Notes entfernen sich damit weiter von den gelernten Anforderungen der nächsten Wissensarbeiter-Generation: Die wird ein Corporate-Facebook verlangen, anstatt sich über jede Information Gedanken zu machen, wer die nun benötigt oder nicht“, erläutert Paulke. In der von seinem Unternehmen erstellten Studie „Kollaborieren oder kollabieren? Enterprise Team Collaboration 2.0 http://www.team-collaboration.net wird deutlich, dass jeder dritte Projektmanager wichtige Aufgaben nicht mehr erledigen kann, weil er in Kommunikationspflichten ertrinkt. „Es ist es höchste Zeit, eine Plattform zu schaffen, die das Informationsmanagement automatisiert und zentralisiert“, fordert Paulke.



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Über Gunnar Sohn

Gunnar Sohn ist Freiberufler und u.a. Wirtschaftspublizist, Buchautor, Blogger, Medienberater, Moderator und Kolumnist.