Kaufkraft in Deutschland 2022: Positive Einkommensentwicklung wird durch hohe Inflation getrübt
Das Customer Intelligence Unternehmen Acxiom untersucht für zahlreiche Kunden, unter anderem aus den Bereichen Automotive, Finanzdienstleistungen, Healthcare, Telekommunikation, Tourismus, Einzelhandel sowie Technologie & Consumer Electronics, jährlich die regionalisierte Kaufkraft.
Im Jahr 2022 erwartet Acxiom für Deutschland eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 25.044 Euro je Einwohner – Dies bedeutet eine Steigerung von 632 Euro pro Kopf gegenüber dem Vorjahr. Die Gesamtkaufkraft steigt um 2,6 Prozent auf ca. 2.101,9 Mrd. Euro.
Acxiom orientiert sich in der Analyse an der Gemeinschaftsdiagnose einiger deutscher Wirtschaftsinstitute1, die in ihrer Studie mit einer positiven Einkommensentwicklung in Deutschland rechnen. Neben der Überwindung der seit 2020 herrschenden pandemischen Ausnahmesituation mit einhergehender Lockerungspolitik und dem Wegfall der Einschränkungen im Jahr 2022 zeichnen sich Lohn- und Rentensteigerungen sowie höhere Transferleistungen für diesen Anstieg verantwortlich.
In der Realität wird die Zunahme der Einkommen durch die stark gestiegenen Verbraucherpreise - insbesondere im Bereich der Energie als Folge des Krieges in der Ukraine - komplett aufgehoben. Laut Statistischem Bundesamt liegt die Inflationsrate im Juli 2022 bei 7,5 Prozent.2 Da in der gegenwärtigen Lage nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Verbraucherpreise abschwächen, ist für das gesamte Jahr mit einer realen Kaufkraft-Abnahme zu rechnen. Die Preissteigerungen werden durch die höheren Einkommen etwas abgemildert.
Bundesländer-Ranking: Bayern erneut das Bundesland mit der höchsten Kaufkraft
Im direkten Bundesländervergleich befindet sich, ebenso wie im Vorjahr, der Freistaat Bayern mit einer Kaufkraft von 27.075 Euro bzw. 108,1 Indexpunkten (Deutschland=100) auf Rang eins. Hamburg mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 27.002 Euro besetzt hinter Bayern den zweiten Platz, Baden-Württemberg folgt mit 26.761 Euro pro Kopf auf Rang drei. Anschließend folgen – allesamt noch über dem Bundesdurchschnitt von 25.044 Euro pro Kopf – Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Die übrigen zehn Bundesländer liegen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Das Schlusslicht im Ranking bildet, wie im Jahr zuvor, Mecklenburg-Vorpommern mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 21.604 Euro und 86,3 Indexpunkten.
Top 10-Ranking der kreisfreien Städte und Landkreise: Kreis Starnberg weiterhin auf dem ersten Rang, Böblingen neu dabei
An der Spitze des Rankings der 400 kreisfreien Städte und Landkreise steht der bayerische Kreis Starnberg mit 34.194 Euro Pro-Kopf-Einkommen und 136,5 Indexpunkten. Der Kreis München und der Hochtaunuskreis in Hessen besetzen mit 34.077 Euro und 32.337 Euro den zweiten und dritten Platz.
Wie auch in den letzten Jahren wird die Top 10 von Städten und Landkreisen aus Bayern geprägt: So sind, neben Starnberg und München, auch die bayerischen Kreise Ebersberg, Fürstenfeldbruck und Dachau vertreten.
Hinzu kommen aus der Region Frankfurt wieder der hessische Hochtaunus- und der Main-Taunus-Kreis sowie aus dem Nürnberger Raum die Stadt Erlangen. In das Ranking neu aufgestiegen ist der Kreis Böblingen aus dem Stuttgarter Speckgürtel. Dieser verdrängt den Kreis Erlangen-Höchstadt aus den Top 10.
Ranking der Groß- und Mittelstädte: München hat die höchste Kaufkraft
Die Großstadt München führt mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 32.162 Euro und 128,4 Indexpunkten das Ranking der Groß- und Mittelstädte mit über 50.000 Einwohnern an.3 Auf den weiteren Spitzenplätzen folgen Meerbusch aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 31.835 Euro und Bad Homburg v. d. Höhe aus Hessen mit 31.834 Euro.
Das Ende des Rankings setzt sich aus dem hessischen Gießen mit 19.675 Euro, Gelsenkirchen mit 19.537 Euro und Gronau (Westf.) mit 19.481 Euro Pro-Kopf-Einkommen zusammen.
Gemessen an der Zahl der Einwohner weist Berlin als größte deutsche Stadt eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 22.815 Euro und 91,1 Indexpunkte auf. Für das rheinland-pfälzische Speyer, nach Einwohnerzahl die kleinste Stadt im Ranking, wird eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 27.167 Euro prognostiziert. Mit einem Index von 108,5 liegt Speyer somit fast 10 Prozent über und Berlin fast 10 Prozent unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Berechnungsbasis der Kaufkraft
Mit dem Kaufkraftindex vergleicht Acxiom die Pro-Kopf-Einkommen einer Region mit dem durchschnittlichen Wert für ganz Deutschland. Die private Kaufkraft entspricht dem „verfügbaren Einkommen“, wie es das Statistische Bundesamt definiert. Sie bildet das steuerbereinigte Einkommen der Bevölkerung in Deutschland aus den unterschiedlichsten Einkommensquellen in Euro am Wohnort ab und spiegelt das zum Ausgeben oder Sparen zur Verfügung stehende Einkommen wider.
Die Berechnung basiert auf amtlich zur Verfügung gestellten Daten, z. B. von den Statistischen Ämtern. Die wichtigste Quelle sind die Informationen aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik. Aber auch Transferleistungen wie z. B. Renten und Pensionen, Arbeitslosengeld und vergleichsweise kleine Beträge aus BAföG und Elterngeld werden mit einbezogen. In aufwendigen Prüfverfahren werden die jeweils aktuellsten verfügbaren Daten plausibilisiert, anhand verschiedener Konjunkturprognosen für das aktuelle Jahr fortgeschrieben und zu einer Gesamtaussage integriert.
1 Als Prognosegrundlage dient die Gemeinschaftsdiagnose der Projektgruppe deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute aus dem Frühjahr 2022: ‚Von der Pandemie zur Energiekrise – Wirtschaft und Politik im Dauerstress‘, https://gemeinschaftsdiagnose.de/wp-content/uploads/2022/04/GD_F22_Langfassung_online.pdf (abgerufen am 18.05.2022).
2 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 336 vom 10. August 2022: ‚Inflationsrate im Juli 2022 erneut leicht abgeschwächt bei +7,5 %‘, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/08/PD22_336_611.html (abgerufen am 10.08.2022).
3 Bevölkerungsdaten aus dem Acxiom Marktdatenspektrum zum Release 2022R07: https://www.acxiom.de/geomarketing/marktdaten/.