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DAX 40 Inklusions-Report

Weniger als 1 Prozent der Bilder auf den Karriere-seiten der DAX 40 zeigen Menschen mit Handicap.
© freepik
 

Wie integrativ werben die großen Unternehmen um Talente? Wird der Wert Inklusion genannt und letztlich auch innerhalb des Unternehmens gelebt? Sprechen die DAX 40 Konzerne Jobsuchende mit Handicap an, indem sie ihr Engagement zeigen und konkrete Geschichten erzählen? Diese und weitere Fragen stellte sich die Berliner Agentur Mashup Communications in ihrer jährlichen Untersuchung der Karriereseiten der DAX-Konzerne. Die diesjährige Auswertung zeigt leider eindeutig: Vor allem die Bildwelten auf den Karriereseiten transportieren wenig Offenheit und Authentizität in puncto Inklusion und sprechen somit nicht alle Talente an.


Bei der vorliegenden Analyse ist mit „Inklusion“ ausschließlich die Abbildung von Menschen mit Handicaps gemeint.


Das Auge bewirbt sich mit: Nur 17 von 40 Konzernen zeigen inklusive Bildwelt

Menschen mit Handicap auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, fängt bei passenden Fotos und offener Kommunikation im Employer Branding an. Unter dieser Annahme wurden rund 3.940 Bilder auf den Karriereseiten von Airbus, Daimler, RWE und Co. untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass auf lediglich 34 der 3.940 Fotos Menschen mit sichtbarer Beeinträchtigung gezeigt werden. Das macht nicht mal 1 Prozent (0,84 Prozent) des gesamten Webauftritts mit Fokus auf Karriere, Recruiting und Employer Branding aus. Ganz besonders sticht dabei ins Auge, dass gerade einmal 17 von den 40 DAX-Konzernen überhaupt Menschen mit Behinderungen zeigen. Das gängigste Motiv ist hier der „Rollstuhl“ mit 90 Prozent. Gefolgt von „Gehörlos“ (3 Prozent), „Downsyndrom“ (2 Prozent) über „Autismus“ (2 Prozent) und „Sehbeeinträchtigung“ (2 Prozent) bis hin zu „Beinprothesen“ (1 Prozent).

 

Authentisch in Szene gesetzt: Verwendete Bildkomposition und Stockbilder

Eine wahrhaftige Teilhabe in allen Lebensbereichen, insbesondere am Arbeitsplatz, fängt zwangsläufig bei den Unternehmen an. Authentizität und Empathie kann viel besser über eigene Bilder als über das klassische Stockfoto transportiert werden. Hier zeigte sich bei der Untersuchung, dass rund 99 Prozent der Darstellungen Fotos von eigenen Mitarbeitenden, Kund:innen, Partner:innen oder Charity-Projekten sind.
 
Konkret und glaubwürdig umgesetzt wird dies beispielsweise von Adidas und RWE. Wobei RWE als Arbeitgeber Menschen mit Behinderung sehr offensichtlich beim Bewerbungsprozess und dem anstehenden Übergang ins Berufsleben unterstützt. Die Bildkomposition der analysierten Fotos ist ausgeglichen, denn Mitarbeiter:innen mit Handicap werden sowohl allein als auch in der Gruppe gezeigt. Zudem sind sie häufig aktiv. Lediglich die Rolle einer Führungsperson mit Behinderung bleibt bei allen Unternehmen visuell aus.


Inklusion als Teil der Unternehmens-DNA: Zentrale Werte ehrlich kommuniziert


Werte sind der soziale Kitt eines Unternehmens – sowohl für die Außenkommunikation als auch die interne Arbeit. Wer den Inklusionsgedanken als Arbeitgeber:in öffentlich teilen möchte, muss also sicherstellen, dass dieser nicht nur im Fundament des Unternehmens verankert ist, sondern auch von allen Angestellten verstanden und gelebt wird.
 
Die Auswertung hinsichtlich visueller Inklusion auf den Karriereseiten fand heraus, dass von den 40 DAX-Unternehmen 15 Inklusion nicht als zentralen Wert nennen. Die anderen 25 Konzerne bekennen sich auf ihren Webseiten dazu. Allerdings überzeugen davon nur 13 mit einer entsprechenden Bildwelt, die auch Menschen mit Handicap zeigt. Die restlichen zwölf teilen wiederum gar keine Fotos von beeinträchtigten Kolleg:innen.


Besonders positiv fallen dagegen Daimler, die Deutsche Post und RWE auf. Sie veröffentlichen jeweils konkrete Erzählungen und Berichte von Mitarbeitenden in Form von Testimonial-Storys. Damit leben sie Inklusion nicht nur, sondern lassen die eigenen Kolleg:innen mit Handicap auch zu Wort kommen und geben ihnen eine Bühne.
 
So zeigt die Geschichte von Timo, der trotz seiner Gehörlosigkeit ein Praktikum bei RWE absolvierte, „dass eine Behinderung nicht automatisch eine Leistungswandlung bedeutet, denn um Leistung zu bringen, braucht es vor allem Motivation und ein positives Arbeitsumfeld“, wie die Betriebsratsvorsitzende der RWE AG erklärt. Für Timo, der seine Umwelt nicht hören kann und seit seiner Geburt andere Wege finden muss, mit anderen zu kommunizieren, war das Praktikum ein voller Erfolg. Er kann sich nach Abschluss seines Fachabiturs gut vorstellen, bei dem Energieversorgungskonzern zu arbeiten. Für RWE ist das ebenfalls eine realistische Vorstellung, denn sie waren mit seiner Leistung und seinem Einsatz vollends zufrieden. Die Testimonial-Story von Timo schließt mit einem glaubwürdigen Aufruf an Menschen mit Handicap, sich zu bewerben.


Fazit: Visuelle Inklusion als Karriere-Einladung

„Unsere diesjährige Untersuchung hat gezeigt, dass Inklusion vor allem von den ganz Großen visuell nicht genug (vor-)gelebt wird. Um neue Talente auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen, sollten Geschäftsführung und Personalabteilung aufgeschlossen und rücksichtsvoll gegenüber Minderheiten sein. Einer integrativen Unternehmenskultur nützt eine empathische, authentische Einstellung und motiviert bisher unentdeckte Talente. Das muss unbedingt sofort ins Auge stechen.“
Nora Feist, CEO und HR Verantwortliche von Mashup Communications

Die gesellschaftlichen Bedenken, wie wenig Firmen sich überhaupt mit einer inklusiven Arbeitswelt auseinandersetzen, sind dementsprechend groß. Eine inklusive, überzeugende und konkrete Employer-Branding-Strategie, um den Kreis der Kolleg:innen zu erweitern, ist hierfür nötig. Letztlich profitieren alle von einer inklusiven Arbeitswelt. Ein schöner Auftakt, um dieses Verständnis zu teilen, sind Karriereseiten und deren visuelle Aufbereitung.


Über die Erhebung

Für die Analyse hat Mashup Communications, die Agentur für PR und Brand Storytelling, die vorrangig deutschsprachigen Karriereseiten aller DAX-40-Unternehmen (Stand Mai 2022) untersucht. Für die Erhebung wurden die Anzahl der Bilder auf denen Menschen zu sehen sind, gezählt. Davon ließen sich dann jeweils die Bilder mit Menschen mit Behinderung abstrahieren. Zudem wurden die Kategorien „Bildkomposition“, „Führungspositionen“, „Aktivität“ und „Stockbilder“ analysiert. In einem zweiten Schritt konnten die Storytelling-Aspekte in Hinblick auf Inklusion auf den Karriereseiten unter die Lupe genommen werden. Dazu zählen Aspekte wie „Inklusion als zentraler Unternehmenswert“, „Konkrete Belege und Geschichten“ sowie „Blogs, Videos und Interviews“ zu Inklusion als auch konkrete Hinweise bei den „Stellenausschreibungen“.