Veranstaltungsbranche fordert sofortige Öffnungsperspektive und Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende 2022
Die Zeit sei reif für einen sofortigen Wegfall aller Beschränkungen öffentlicher Veranstaltungen. Die kürzlich angekündigte Verlängerung des Kurzarbeitergeldes lediglich bis Ende Juni 2022 greife für die Branche zu kurz und müsse für den am meisten von den Corona-Eindämmungsmaßnahmen betroffenen Wirtschaftszweig mindestens bis Ende dieses Jahres gelten. Dabei müssten die Sozialleistungen für die ausgefallenen Arbeitsstunden ab Januar – wie es bis Ende 2021 der Fall war – bis zum 31. Dezember 2022 zu 100% erstattet und die Bezugsdauer entsprechend verlängert werden. Nur so könne das Ziel der beachtlichen Hilfeleistungen der vergangenen zwei Jahre tatsächlich erreicht werden. Das fordern die Verbände des Forums Veranstaltungswirtschaft, der Allianz der maßgeblichen Wirtschaftsverbände der Branche.
„Nicht nur in den meisten europäischen Nachbarstaaten sondern auch in den Bundesländern werden die Corona-Regeln zunehmend gelockert. Die Maskenpflicht wurde abgeschafft und Abstandsregeln bestehen nicht mehr. Es ist höchste Zeit, dass das nun endlich uneingeschränkt im ganzen Land geschieht“, fordert Prof. Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). „Wir respektieren seit Beginn der Pandemie alle Eindämmungsmaßnamen und setzen sie uneingeschränkt um. Dass es aber bisher immer noch keine verbindliche Exit-Strategie gibt, die Veranstaltern eine zuverlässige Planung ermöglicht, ist nicht weiter akzeptabel. Wir fordern die Bundesregierung auf, hier unverzüglich entsprechende Beschlüsse zu fassen.“ Axel Ballreich, Erster Vorsitzender der LiveMusikKommisson (Livekomm) ergänzt: „Die Branche steht mit ihrer Forderung längst nicht mehr allein da. Auch eine zunehmende Zahl von Ärzten und Politikern fordert ein Ende der Eindämmungsmaßnahmen. Beschränkungen von Indoor-Veranstaltungen auf 1.000 und von Open Airs auf 10.000 Personen sind doch nun wirklich nicht mehr nachvollziehbar.“ Vor allem müsse klar sein, dass die Branche aufgrund der langen Vorlaufzeiten von einem Ende der Maßnahmen ohnehin erst frühestens im Spätherbst profitieren werde.
„Es geht ja nicht nur darum, dass wir seit zwei Jahren keine wirtschaftlichen Veranstaltungen durchführen können. Unsere Kunden verlieren immer mehr das Vertrauen, dass angekündigte Veranstaltungen auch tatsächlich stattfinden“, berichtet Timo Feuerbach, Geschäftsführer des Europäischen Verbandes der Veranstaltungs-Centren (EVVC). „Das Kaufverhalten im gesamten Veranstaltungsbereich befindet sich für zukünftige Events auf einem noch nie dagewesenen Tiefstand. Es wird noch sehr lange dauern, bis die Branche sich von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erholt hat.“
Zwar begrüßten die Verbände des Forums, dass der Bundesarbeitsminister die erleichterte Kurzarbeiterregelung bis Ende Juni verlängern will. Für die Veranstaltungsbranche reiche das aber nicht aus. „Um Ausnahmeregelungen auf unsere so besonders betroffenen Unternehmen zu beschränken, fordern wir schon lange ein branchenspezifisches Sonderprogramm“, berichtet Linda Residovic, Geschäftsführerin des Verbandes für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT). „Beim Kurzarbeitergeld wissen wir natürlich, dass bereits die geplante Verlängerung nicht unumstritten ist Durch ein Sonderprogramm ließe sich aber bei einer weiteren Verlängerung der befürchtete Missbrauch durch nicht von der Krise betroffene Wirtschaftszweige vermeiden. Das wurde bisher leider von der Regierung immer wieder abgelehnt.“ Solange aber nach wie vor nicht sicher sei, wann die Branche wieder durchstarten könne, werde die Entscheidung für eine über den Juni dieses Jahres hinausgehende Fortbeschäftigung von Arbeitnehmern wesentlich davon abhängen, ob die Betriebe auch im zweiten Halbjahr „zur Not“ noch Kurzarbeit unter erleichterten Bedingungen einführen könnten.
„Trotz beachtlicher Hilfen blutet die Branche wirtschaftlich zunehmend aus. Hilfen werden zurückgefordert, gestundete Steuern werden von den Finanzämtern bereits jetzt fällig gestellt, obwohl sich die Situation des Wirtschaftszweigs zwischenzeitlich sogar noch verschlechtert hat.“, mahnt Marcus Pohl, Erster Vorsitzender der Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft (isdv). „Wir müssen wieder uneingeschränkt arbeiten dürfen, sonst verlieren wir einen bedeutenden Wirtschaftszweig, der 2019 noch zu den Top-Märkten der Welt zählte. Es muss auch für uns endlich einen funktionierenden Neustart geben.“
Die Regierung müsse verstehen, dass die beachtlichen Hilfen des Bundes unter diesen Bedingungen leider immer noch nicht ausreichen. „Neben den Kulturveranstaltern mussten auch die Messe-, Kongress-, Tagungsveranstalter und Betreiber von Veranstaltungshallen ihren Geschäftsbetrieb in den letzten zwei Jahren nahezu vollständig einstellen. Die Verluste der Gesamtbranche liegen längst im zweistelligen Milliardenbereich“, klagt Michael Kynast, Vorstandsmitglied des Fachverband Messen und Ausstellungen (FAMA). „Wenn die bisherigen Hilfen nicht vergeblich gewesen sein sollen, ist es dringend erforderlich, dass die neue Regierung mit uns schnell darüber spricht, wie eine praxisorientierte Lösung aussehen muss.“