Das Fremdeln des Top-Managements mit KI
Künstliche Intelligenz ist eine wichtige Technologie, von der sich Unternehmen handfeste Wettbewerbsvorteile versprechen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des IT-Dienstleisters adesso unter Führungskräften. Konkrete Projekte haben allerdings bislang nur wenige Firmen umgesetzt. Besonders zurückhaltend zeigt sich bei dem Thema das Top-Management.
Grundlegend sind sich deutsche Führungskräfte der Bedeutung von KI bewusst: So sind 90 % der für die adesso-Studie Befragten davon überzeugt, dass Unternehmen, die in den nächsten fünf Jahren in KI investieren, einen Wettbewerbsvorteil haben. Gleichzeitig sind sich 82 % der Entscheider darüber einig, dass es mit KI gerade erst losgeht. Konkrete Projekte wie etwa KI-gestütztes Lead Scoring oder Produktentwicklung auf Basis von Nutzerdaten werden von Unternehmen selten realisiert.
Überraschend ist die abweichende Einstellung des Top-Managements zum Thema KI. 72 % der befragten Vorstände oder Geschäftsführer sehen in KI-Investments Wettbewerbsvorteile. Über alle Abteilungen hinweg aber stimmen 90 % der Befragten dieser Aussage zu. Auch an anderen Stellen unterscheiden sich die Antworten des Top-Managements von dem Durchschnitt. Ein Beispiel: Insgesamt 27 % der befragten Führungskräfte gaben an, Text-Chats – etwa in Form von Dialogfenstern auf einer Webseite – bereits einzusetzen beziehungsweise den Einsatz gerade zu planen. Aber nur 7 % der Vorstände und Geschäftsführer wissen davon. Und während 21 % aller Führungskräfte sagen, dass in ihrem Unternehmen Weiterbildungsmaßnahmen rund um KI und Maschinelles Lernen laufen oder aktuell umgesetzt werden, sind es beim Top-Management lediglich 3 %.
Für diese Diskrepanz gibt es zwei mögliche Erklärungen: Einerseits wird das Management gerade in größeren Unternehmen nicht jedes KI-Detail im Blick haben. Ob die Marketing- und IT-Abteilungen auf einer Unterseite ein Chatbot-Modul testen, spielt im Gesamtkontext keine größere Rolle. Andererseits weiß anscheinend die oberste Führungsriege selbst bei eher strategischen Fragestellungen wie der KI-Weiterbildung nicht über alle Aktivitäten in ihrem Unternehmen Bescheid. Das ist allerdings ein klarer Widerspruch zu der häufig propagierten Forderung, das Thema KI aufgrund seiner Bedeutung ganz oben zu verankern. Die Unterstützung von Seiten des Vorstands oder der Geschäftsführung ist grundlegende Voraussetzung, damit aus Einzelaktivitäten eine konsolidierte KI-Strategie wird.
„Aktuell scheint das Top-Management beim Planen und Umsetzen von KI-Projekten noch zu zögern. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich das ändern wird. Denn das Potenzial, das in KI-Anwendungen steckt, ist zu groß, um es langfristig zu ignorieren. Aber eine umfangreiche KI-Strategie lässt sich nur mit der Unterstützung aus der Unternehmensleitung realisieren“, erklärt Volker Gruhn, Aufsichtsratsvorsitzender und Gründer der adesso SE.
adesso hat gemeinsam mit der Kölner Marktforschungsagentur heute & morgen im Zeitraum von Januar bis Mitte Februar 2020 eine Umfrage zum Thema KI durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 318 Entscheider in Unternehmen sowie 1.000 Endverbraucher unterschiedlichster Altersgruppen in Deutschland befragt. Anfang Juni wurden die Verbraucher zu ausgewählten Punkten erneut befragt, um Trends oder Veränderungen in ihrer Einstellung zu KI durch die aktuelle Corona-Pandemie zu analysieren.