Schwierigkeiten beim Mobilfunkausbau
Komplizierte Verfahren, fehlende Standorte oder Proteste vor Ort: Oft verzögert sich der Ausbau der Mobilfunknetze. Mehr als 1.200 solcher Problemstandorte hat der Digitalverband Bitkom in einer interaktiven Karte zusammengetragen und jetzt veröffentlicht. Die Daten basieren auf Angaben der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica. „Mit der interaktiven Karte wollen wir Transparenz schaffen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Behördliche Verfahren oder fehlende Standorte für den Bau von Mobilfunkanlagen führen allzu oft dazu, dass Funklöcher nicht geschlossen werden können. An einigen Orten stehen die Ausbauvorhaben der Netzbetreiber seit mehr als sechs Jahren still.“ Durchschnittlich dauere der Aufbau einer neuen Mobilfunkanlage mindestens zwei Jahre. Über die Landkarte können private Eigentümer, Unternehmen und die öffentliche Hand ihre Grundstücke und Gebäude zum Aufbau einer Mobilfunkstation anbieten.
Zu wenig Grundstücke für Mobilfunkmasten
Der Ausbau verzögert sich am häufigsten dadurch, dass keine geeigneten Standorte für Mobilfunkstationen zur Verfügung stehen. An mehr als 537 Orten fehlen den Netzbetreibern passende Grundstücke oder Gebäude. Durch eine schleppende Standortabstimmung verzögern sich zudem 285 Ausbauvorhaben. Im Wesentlichen geht es dabei um die Vorbereitung aufwändiger Bauanträge für Mobilfunkstandorte. Langwierige Genehmigungsverfahren bremsen den Ausbau aktuell in weiteren 374 Fällen. Hier handelt es sich um öffentliche Genehmigungen auf Grundlage des Bau- und Naturschutzrechts sowie des Denkmalschutzes. Dazu kommen weitere 71 Ausbauvorhaben mit Verzögerungen aus anderen Gründen. „Funklöcher lassen sich nun einmal nur mit Funkstationen schließen. An mehr als 1.200 Standorten wollen die Netzbetreiber bauen, man sollte sie auch bauen lassen“, so Rohleder.
Die Karte problematischer Ausbauvorhaben im Mobilfunk ist unter der Adresse www.mobilfunkausbau.de erreichbar. Per Zoom-Funktion lassen sich die jeweiligen Standorte anzeigen und nach Fallkategorien filtern. In den Detailinformationen sind Name, Verzögerungsgrund und Verzögerungsdauer aufgeführt. Außerdem gibt es Feedbackmöglichkeiten für Betroffene und Interessierte. Rohleder: „Bürger, Behörden und Unternehmen haben so Gelegenheit, einzelne Verfahren zu kommentieren und geeignete Mobilfunkstandorte anzubieten.“
Vorschläge für einen schnelleren Ausbau
Darüber hinaus macht Bitkom Vorschläge, wie sich der Mobilfunkausbau in Deutschland beschleunigen lässt. So sollte die Suche nach geeigneten Standorten grundlegend vereinfacht werden. Ausbauende Unternehmen sollten die Möglichkeit erhalten, unkompliziert das Grundbuch einzusehen, um so Grundstückseigentümer ansprechen zu können. Infrastrukturen der öffentlichen Hand und öffentlich-rechtliches Eigentum sollten für eine Mitnutzung für Mobilfunkstandorte bereitgestellt werden. Gleiches gilt für die Mitnutzung kommunaler Infrastrukturen, die insbesondere für den Ausbau von Kleinzellen in Betracht kommen. Kommunen könnten zudem die örtliche Wegführung hin zu Mobilfunkstandorten erleichtern und die Energieversorgung der Liegenschaften sicherstellen.
Verfahren digitalisieren und vereinfachen
Ein weiterer Ansatzpunkt sind die Genehmigungsverfahren neuer Ausbauvorhaben. Bitkom setzt sich unter anderem dafür ein, flächendeckend digitale Baugenehmigungsverfahren einzuführen. Verfahrensfristen für die Zustimmung bzw. Stellungnahmen von zuständigen Behörden sollten auf die Laufzeit eines Monat begrenzt werden – idealerweise durch bundesweit einheitliche Regelungen in den Landesbauordnungen. Genehmigungsfreie Höhen von Mobilfunkmasten ließen sich aus Bitkom-Sicht von aktuell 10 Metern auf bis zu 15 Meter auf Gebäuden im Innenbereich und von derzeit 15 Metern auf dann 20 Meter im Außenbereich anheben. Zudem sollten Netzbetreiber die Möglichkeit erhalten, Funklöcher für einen Zeitraum bis zu zwei Jahren ohne weitere Genehmigung durch mobile Masten zu schließen. So kann die Zeit bis zur Erteilung einer Baugenehmigung überbrückt werden. Kleinzellenstandorte erfüllen regelmäßig die physischen Voraussetzungen für Genehmigungsfreiheit. Auf eine notwendige Verfahrensbeteiligung von Gemeinden, wie sie in einigen Ländern weiterhin gilt, könnte verzichtet werden. Und im sogenannten Außenbereich plädiert Bitkom dafür, Mobilfunkanlagen näher an sonstigen baulichen Anlagen errichten lassen zu dürfen sowie Betreiber davon zu befreien, Standorte im Innenbereich prüfen zu müssen, wenn die Versorgungsaufgabe besser vom Außenbereich aus gelöst werden kann.
Aus Bitkom-Sicht ist zudem notwendig, aktiver mit der Bevölkerung vor Ort in den Dialog zu treten. „Wir müssen noch mehr mit Bürgern vor Ort ins Gespräch kommen und die Faktenlage besser verständlich machen. In Deutschland gelten sehr strenge Grenzwerte, die von den zuständigen Behörden in jedem Einzelfall kontrolliert werden. Unterhalb dieser Grenzwerte sind Mobilfunkanlagen keine Gefahr für Mensch, Tier und Pflanzen. Das bestätigen umfassende und intensive Forschungen weltweit“, so Rohleder. „Seit fast 30 Jahren wird in Deutschland mobil telefoniert. Weltweit sind mehr als eine Millionen Mobilfunkanlagen in Betrieb, 4 Milliarden Menschen nutzen Handys. Es liegen jahrzehntelange, umfassende Erfahrungen vor, ohne Befund. Es ist an der Zeit, die teils sehr emotionale und aufgeregte Diskussion vor Ort zu versachlichen.“
Hinweise: Die Karte verzögerter Ausbauvorhaben für Mobilfunk zeigt eine Auswahl an Standorten, an denen die Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland daran arbeiten, die Mobilfunkversorgung durch einen Ausbau ihres Netzes zu verbessern. Gezeigt wird ein Teil der aktuellen Vorhaben, bei denen der Ausbau durch unterschiedliche Herausforderungen über den üblichen Zeiten liegt. Die Karte zeigt keine vollständige Übersicht aller Neubaustandorte, sondern nur einen Teil der geplanten Neubaustandorte für Mobilfunkmasten, an denen verschiedene Herausforderungen zu längeren Prozesslaufzeiten führen. Ein Verfahren wurde dann in die Datenbank aufgenommen, sobald die öffentliche Hand in den zunächst rein unternehmensinternen Prozess der Standortsuche einbezogen wird. Von diesem Moment an wird die Verfahrensdauer kalkuliert, die in der Karte angezeigt wird. Darüber hinaus werden gesonderte Fälle aufgeführt, in denen die Standortsuche gescheitert ist.