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Ein Prosit aufs Reinheitsgebot

Seit 500 Jahren modern – Deutsche kaufen pro Jahr rund 6 Mrd. Liter Bier.
Im vergangenen Jahr haben die Deutschen rund 6,1 Mrd. Liter alkoholhaltige und alkoholfreie Biere und Biermix-Getränke im Handel gekauft. Umgerechnet sind das gut 76 Liter pro Kopf. Das zeigt eine Auswertung von Nielsen, einem globalen Performance Management Unternehmen, das Informationen und Erkenntnisse zum Konsumverhalten von Verbrauchern liefert, zum Tag des deutschen Bieres am 23. April. „Im letzten Jahr haben besonders die starke Sommerperiode und ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft den Biermarkt unterstützt“, fasst Marcus Strobl, der Spezialist für den Markt für Bier und Biermix-Getränke bei Nielsen, zusammen. „Das Absatzwachstum um 1,5 Prozent im Vergleich zu 2014 hängt aber auch damit zusammen, dass das letzte Jahr 53 und nicht wie üblich 52 Kalenderwochen hatte. Ohne diese zusätzliche Woche würde der Markt stagnieren.“ Die Nielsen-Berechnung umfasst auch die zusätzliche Kalenderwoche. Der Umsatz mit Bier und Biermix-Getränken im Handel stiegt im Vergleich zum Vorjahr (2014) um 2,2 Prozent auf rund 7,3 Mrd. Euro. Pro Kopf gaben die Deutschen damit im Schnitt rund 92 Euro für Bier- und Biermix-Getränke aus.

„Auch wenn das Reinheitsgebot 500 Jahre alt ist, veraltet ist es auf keinen Fall. Gerade die aktuellen Trends wie etwa Regionalität und Nachhaltigkeit belegen, dass es in Deutschland sogar aktueller und populärer denn je ist! Das zeigt sich auch darin, dass es ausländische Biermarken schwer haben, sich auf dem deutschen Markt zu etablieren“, so Marcus Strobl. „Mit anderen Worten: Altbewährtes liegt im Trend. Ein gutes Beispiel dafür ist die Popularität von Hell-Bier, das es zum Teil noch in der Euro-Flasche gibt, aber auch die Neuauflagen von historischen Flaschen oder Verpackungen gehören dazu.“

Im interaktiven Bier-Atlas
sites.nielsen.com/microregionen/ hat Nielsen den deutschen Biermarkt kartographiert. Dort kann jeder im Detail ablesen, wo welches Bier in welcher Menge getrunken wird: Top 3-Biersorten und jeweilig angebotene Auswahl, wachstumsstärkste Sorte (inkl. prozentuales Wachstum), Durchschnittspreis pro Liter und Verbrauch pro Kopf für die 36 Micro Regionen.

Durst auf Helles- und Spezialitäten-Bier wächst und beflügelt den Markt

Der Trend zu Hell- und Spezialitäten-Bieren, wie etwa Keller-, Land-, oder Festbiere, hält an. Diese Sorten verzeichneten im letzten Jahr ein gutes Absatzplus (Hell-Biere +10,3%; 327 Mio. Liter, Spezialtäten-Biere +4%, 290 Mio. Liter). „Das Wachstum von Hell- und Spezialitäten-Bieren zeigt sich am stärksten in Süddeutschland. In Bayern liegt ihr Absatzanteil sogar bei 26,1 Prozent“, sagt Marcus Strobl. Darüber hinaus konnte auch alkoholfreies Bier zulegen (+6,9%, 340 Mio. Liter). Biermix-Getränke, Exportbiere und Dunkel/Schwarz-Bier sind hingegen im letzten Jahr weniger gekauft worden (Biermix: -2,3%, 367 Mio. Liter; Export: -4,4%, 465 Mio. Liter; Dunkel/Schwarz: -10,4%, 0,8 Mio. Liter).

„Das Wachstum des Biermarktes hängt stark mit dem Erfolg der Spezialitäten-Biere zusammen und zeigt sich vor allem beim Umsatz. Diese Biere verleihen dem gesamten Biermarkt Rückenwind und werden durch die Craft-Bier-Welle zusätzlich unterstützt. Für diese Sorten legen die Verbraucher gerne auch ein paar Euro mehr auf den Tisch. Das ist beim klassischen Pils anders“, erläutert Marcus Strobl. „Der Trend zum Spezialitäten-Bier zeigt, dass den Deutschen Qualität und Wertigkeit wichtig sind. Sie zählen oft auf altbewährte Marken, probieren aber gerne auch mal etwas Neues aus. Das Reinheitsgebot steckt hier die Leitplanken ab. Man könnte auch sagen: Die aktuellen Trends definieren den Gedanken vom Reinheitsgebot noch einmal neu.“

Pils, Export, Weizen – Klassiker sind (noch) die beliebtesten Biere in Deutschland

Fakt ist jedoch: Pils-Bier bleibt das Lieblingsbier der Deutschen – auch wenn der Absatz im letzten Jahr nur noch leicht stieg (+1,4%). 2015 haben die Deutschen 3,2 Mrd. Liter Pils gekauft. Damit macht diese Sorte rund 54 Prozent des gesamten Bierabsatzes in Deutschland aus. In einzelnen Bundesländern und besonders in Nord- und Ostdeutschland lagen die Marktanteile sogar bei über 60 Prozent. Auf den Plätzen zwei und drei der beliebtesten Biersorten folgen Export- (Absatz 2015: rund 465 Mio. Liter) und Weizen-Biere (Absatz 2015: leicht über 450 Mio. Liter).
Trotz aller Beliebtheit: Der Pils-Durst flaut ab – eine Entwicklung, die keine Kurzzeiterscheinung ist. Schaut man sich die Zahlen der letzten neun Jahre an, fällt auf: Die traditionellen Sorten wachsen nicht mehr. Pils, aber auch Export und Weizen, gehören hier zu den Verlierern. Lag der Marktanteil von Pils 2007 noch bei 55,8 Prozent, ist dieser 2015 um 1,9 Prozent gesunken und lag zuletzt bei 53,9 Prozent.

Ganz anders bei alkoholfreiem Bier: Während der Absatzanteil 2007 bei nur 2,7 Prozent lag, ist dieser in den vergangenen neun Jahren auf 5,5 Prozent gestiegen. Marcus Strobl: „Auf lange Sicht gehören alkoholfreie Biere neben Hell- und Spezialitäten-Bieren zu den Gewinnern. Alkoholfreies Bier hat sich als eine Art ‚Erwachsenen-Limonade‘ etabliert.“

Die Dose auf dem Vormarsch

Am liebsten kaufen die Deutschen ihr Bier weiterhin im 20er Kasten mit der 0,5 Liter Flasche. 2,9 Mrd. Liter und damit 47,2 Prozent des gesamten Biers wurden in dieser Form 2015 verkauft. Das sind allerdings 0,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Den größten Zuwachs unter den Gebindeformen konnte die 0,5 Liter Dose verzeichnen. Ihr Absatz wächst kontinuierlich und konnte im letzten Jahr um 28,6 Prozent zulegen (Absatz 263 Mio. Liter). „Der Erfolg der 0,5 Liter Dose wird maßgeblich über die Discounter getrieben, in denen es immer häufiger Marken-Bier zu kaufen gibt. Zum anderen ist die politische Diskussion um den Dosen-Pfand abgeebbt“, so Marcus Strobl. „Was die Popularität der Dose betrifft, gibt es zurzeit einen deutlichen Wandel. Wir beobachten, dass viele Jüngere die Dose zunehmend bevorzugen. Das liegt auch daran, dass ihnen diese durch Energy-Drinks bekannt ist. Die Brauereien profitieren ebenfalls davon, da Dosen logistisch einfacher zu handhaben sind und die Qualität einfacher gewährleistet werden kann.“