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Ratschläge für Merkels Internet-Gipfel: Wunderkinder bringen noch keine digitale Wende

Man sollte einen Steve Jobs an die Spitze von Fraunhofer stellen.
Gunnar Sohn | 04.06.2012
Morgen trifft sich nun die IT-Internet-Digital-Elite im Kanzleramt mit Angela Merkel, um mit der Bundeskanzlerin zu beraten, wie man die digitale und vernetzte Ökonomie in Deutschland zu Glanz und Ruhm bringen könnte. Außer SAP könne man den US-Giganten des Netzes nicht sehr viel entgegensetzen. In Europa sieht es teilweise noch desaströser aus. Was sollte nun die Bundesregierung tun:

“Ich rate der Kanzlerin und jedem anderen, der sich des Themas annimmt, die Internetbranche nicht als Fokus neuer Aktivitäten zu nehmen. Da bestehen viele Chancen, keine Frage, aber die Lösung wäre nur ein Cluster aus Knowhow, Finanzen, Gründern, wie er in den USA besteht, und das beschliesst man nicht ‘mal eben’, dafür muss man den Standort neu ausrichten. Es besteht ohnehin eine gewisse Chance, dass Medien und Politik zu sehr auf B2C und dort auf die Giganten fokussiert sind. Ich glaube aber, dass es wenig sinnvoll ist, ein deutsches Google zu entwickeln. Man greift nicht ausgerechnet den Weltmarktführer 15 Jahre nach seiner Gründung auf seinem Kerngeschäft an, manche wünschen sich das aber”, sagt Berater Christoph Kappes gegenüber dem Ich sag mal-Blog.

Wunderkinder bringen nicht die digitale Wende

Die Lösung würde er in der Konzentration auf nationale Stärken sehen. “Und das ist die weltweit wohl einmalige Verschmelzung von IT und Prozess-Knowhow in unseren Spitzenbranchen Automotive, Logistik, Maschinen- und Anlagenbau. Ein gutes Konzept nutzt das Fundament und unterstützt diese Branchen bei den nächsten Entwicklungsstufen wie Internet of Things einerseits, und entwickelt andererseits auf den dortigen Fachdomänen wieder Startups. Wir brauchen keine Wunderkinder, die als zwanzigste Anbieter webbasierte ToDo-Listen anbieten, und wir sollten auch eine Blase in Berlin vermeiden. Unsere Stärke ist eher unsere Dezentralität, da denken viele Diskutanten leider viel zu simpel, weil sie wieder nur kopieren können, diesmal Kalifornien. Den Kopisten gehört aber in einer Wissensgesellschaft nicht die Zukunft. Die Zukunft ist ein Netz aus Midi-Clustern, die nach einheitlichen, orchestrierten Prozessen arbeiten”, so der Rat von Kappes.

Man müsse die Kraft der Ideen und Stärke der Forschungslandschaft besser vermarkten, fordert Udo Nadolski, Geschäftsführer des IT-Beratungshauses Harvey Nash in Düsseldorf.

“Weitere SAPs zu schaffen, ist sicherlich kein einfaches Unterfangen. Aber was mir zuvorderst hier einfällt, wäre eine sehr pragmatische und unbürokratische Innovationsförderung. Es mangelt in Deutschland un Europa nicht an Ideen. Es fehlt uns die Kraft, diese Ideen umzusetzen. Das bedeutet Innovationsförderung und Kapital sowie eine gezielte Unterstützung von kleinen Organisationen”, so Nadolski. Die meisten Startups würden an simplen Managementfehlern scheitern. Viele Gründer seien mit ausreichend Kapital ausgestattet worden, konnten damit aber nicht richtig umgehen. Es gehe also nicht nur um eine monetäre Unterstützung, sondern auch um eine fachlich-inhaltliche Beratung. Zudem müssten wir uns als Gesellschaft wieder in eine Aufbruchstimmung versetzen, wenn es um die digitale Zukunft des Landes gehe. Es dominiere eine latente Unzufriedenheit. Das müsse sich ändern.

Man sollte einen Steve Jobs an die Spitze von Fraunhofer stellen

An der Forschungslandschaft liege es jedenfalls nicht, dass wir als vernetzte Ökonomie noch so weit zurückliegen. Vielleicht sollten die etablierten Organisationen und Unternehmen anfangen, wie Bundesliga-Vereine Scout-Systeme zu entwickeln, um vermarktungsfähige Innovationen zu suchen. Steve Jobs habe das auch nicht anderes gemacht. Die Konzepte und Prototypen für die digitale Ökonomie seien schon längst in Deutschland vorhanden. “

"Fraunhofer und MP3 sind ein gigantisch schönes Beispiel für die Schwächen bei der Eroberung neuer Märkte. In einer kürzlich veröffentlichten Studie geht hervor, dass sich Fraunhofer in Fragen der Management-Kompetenz im unteren Drittel eingruppiert. Die bescheinigen sich selbst eine hohe Innovationskraft aber nur eine sehr begrenzte Umsetzungskraft. Und da liegt der Hebel. Man sollte einen Steve Jobs an die Spitze der Fraunhofer-Gesellschaft stellen”, sagt der Harvey Nash-Chef.

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