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Mitarbeiter-Wertschätzung: Gerade jetzt ein Erfolgsfaktor

Ein Plädoyer für Respekt gegenüber Mitarbeitern auch in schwierigen Zeiten. Denn in ihnen steckt die Lösung des Problems.
Mirko Kaminski | 10.03.2009

Wie hoch jemand das Gut der Pressefreiheit tatsächlich schätzt, zeigt sich in Zeiten, in denen ihm die veröffentlichte Meinung gegen den Strich geht. Ein Treueschwur indes erfährt seine härteste Bewährungsprobe zum Zeitpunkt größter Verführung. Und ob die Wertschätzung der eigenen Mitarbeiter nicht bloß ein Lippenbekenntnis gewesen ist, wird in wirtschaftlich schwierigen Zeiten deutlich. „Unsere Mitarbeiter sind unser größter Aktivposten“, heißt es, wenn die Geschäfte gut laufen. Investitionen in Rekrutierungsbroschüren, in Employer Branding-Kampagnen und in Qualifizierungsprogramme werden getätigt. Und das ist auch richtig. Kommt jedoch die Delle, sind die vormaligen „Assets“ offenbar nur noch Kostenfaktoren. Zuweilen erscheinen sind es diese Mitarbeiter in den Augen des Managements noch nicht einmal mehr wert, dass ihnen bei ihrer Entlassung für die geleistete Arbeit gedankt wird. Dabei ist Wertschätzung genauso wie Menschenwürde oder Pressefreiheit nicht teilbar. Eine Ausnahme führt dazu, dass sie als Ganzes obsolet wird. Mitarbeiter-Wertschätzung, nur wenn es gerade passt, kann es daher nicht geben.

Verstöße gegen Werte bleiben in kollektiver Erinnerung

Wohlgemerkt: Zahlreiche Unternehmen kommen in diesen Tagen um Kurzarbeit, um das Senken von Kosten und um die Entlassung von Mitarbeitern nicht herum. Die Frage ist allerdings, wie sie sich von Mitarbeitern, die sich bislang für sie eingesetzt haben, trennen und wie sie mit den verbleibenden Mitarbeitern umgehen. Und die Frage ist, ob die Mitarbeiter als das wertgeschätzt werden, was sie sind: als Träger des wichtigsten Know-hows und der kollektiven Erfahrung im Unternehmen und somit als Träger der Lösung des Problems. Viele Unternehmen beschädigen in diesen Tagen durch ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern das, was sie zum Beispiel über eine transparente und ehrliche interne Kommunikation, mit gelebter Wertschätzung und mit umfassenden Investments in die eigene Reputation in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut haben: ein positives Arbeitgeber-Image und einen dynamischen und motivierenden Geist im Unternehmen. Andersherum: Wer jetzt gegen seine zuvor vertretenen und gelebten Werte verstößt, wird dafür sorgen, dass dies in Erinnerung bleibt – bei bestehenden und potenziellen Mitarbeitern. Die Geringschätzung wird sich rächen, wenn der Konjunkturmotor anspringt und erneut händeringend qualifizierte Mitarbeiter gesucht werden.

Mit Wertschätzung verblüffende Energien freisetzen

Unternehmen, die ihre Mitarbeiter wirklich wertschätzen, verstärken deren Motivation und setzen verblüffende Energien frei. Mitarbeiter haben mehr Spaß an der Arbeit, setzen sich stärker ein, übernehmen gern und mehr Verantwortung, identifizieren sich in höherem Maße mit ihrem Unternehmen, mit der Marke, mit den Produkten und Leistungen. Und dies gilt übrigens sowohl für Unternehmen als auch für Agenturen. Und es gilt für alle Branchen.

Was aber bedeutet Wertschätzung eigentlich? Und worin schlägt sie sich nieder? Wertschätzung meint, seine Mitarbeiter zu achten, ihnen Respekt zu zollen. Wertschätzung drückt sich u. a. darin aus, dass Mitarbeiter als mündig, als engagiert, als verantwortungsbewusst, als die Quelle des Unternehmenserfolgs betrachtet werden. Das heißt: Sie sind am besten dafür qualifiziert und geeignet, das Unternehmen in herausfordernden Zeiten neu aufzustellen, Lösungen zu erarbeiten, Einsparpotenziale zu identifizieren. Dies gipfelt in dem Motto: „Lass es die Mitarbeiter machen!“ Und für dieses Machen muss ihnen Zeit gelassen werden. Der Reflex vieler Manager ist augenblicklich eher ein gegenläufiger: aktionistische Lösungen überstülpen, die Kontrolle verstärken und so Mitarbeiter weiter entmündigen. Sie lassen sich hinreißen, die interne Kommunikation zu drosseln und bei der kargen Information von oben nach unten womöglich noch zu tricksen sowie nahezu allein über Zielvorgaben zu führen und ohne Mitarbeiterbeteiligung entwickelte, zementierte Strukturen und Prozesse aufzuoktroyieren. All dies zeugt eher von Geringschätzung und einem Menschenbild, das vom unmündigen, wenig engagierten, nicht selbst denkenden Mitarbeiter ausgeht.

Dem Sog zu zementierten Prozessen gerade jetzt widerstehen

Das Plädoyer muss also lauten, gerade jetzt, gerade in diesen Zeiten die Mitarbeiter „machen zu lassen“ und respektvoll und voller Achtung mit ihnen umzugehen. In einem Workshop der Organisationsberater und -entwickler von Kessels & Smit hörte ich neulich: „Die Sprache des Managements ist der Prozess“. Der Prozess hin zu einer Lösung, das Wie also zeigt die Haltung des Managements und das dieser Haltung zugrunde liegende Menschenbild. Mitarbeiter konsequent mitwirken und gestalten zu lassen und dabei als Führungskraft lediglich Einfluss zu nehmen, zeugt von Wertschätzung. Wenn Mitarbeiter in Gruppen Probleme identifizieren und sukzessive Lösungen erarbeiten, ist dies zeitintensiver. Aber dafür führt das miteinander Arbeiten auch zu einem nachhaltigeren Erfolg, weil Mitarbeiter ob ihrer Freiheit und ob des Zutrauens mehr Verantwortungsgefühl empfinden und noch mehr Engagement zeigen werden.

Das Gegenteil ist das Entscheiden qua Hierarchie. Konzepte und Strukturen schlicht von oben nach unten aufzuoktroyieren zeugt von Geringschätzung und schöpft die bestehenden Potenziale nicht aus. Der Sogwirkung hin zu noch festeren Strukturen und betonierten Strukturen, die eher der Unsicherheit in schwierigen Zeiten entspringen, sollte das Management widerstehen. Trauen Sie Verantwortung zu und trauen Sie mehr zu. Entfachen Sie das Feuer in ihren Mitarbeitern und eine neue, das gesamte Unternehmen erfassende Dynamik, die nicht allein zu wirtschaftlichen Erfolgen, sondern auch zu einem Top-Image als Arbeitgeber führen bzw. es stabilisieren werden. Das Unternehmen wird sich nachhaltig besser und erfolgreicher entwickeln – selbst oder gerade wenn einmal eine Delle droht.

Über Mirko Kaminski:

Mirko Kaminski ist Geschäftsführer der achtung! kommunikation GmbH (www.achtung-kommunikation.de) und Sprecher der achtung! gruppe (www.achtung.de), zu der u.a. auch achtung! erlebnis, achtung! interaktiv und achtung! lotsen gehören. achtung! beschäftigt 130 Kommunikationsspezialisten in Hamburg und München und ist als „Agentur des Jahres“ für einen PR REPORT AWARD nominiert.