print logo

Marketing: Mit sieben A’s zu Spitzenleistungen

Anders als andere war gestern. Heute brauchen wir die 7A's: es ausgezeichnet, aufmerksamkeitsstark angenehm anders machen als Aldi’s und alle Anderen
Anne M. Schüller | 30.09.2006

Empfehlungsgeschäft ist Vertrauenssache. Denn auf Empfehlungen verlässt man sich vor allem bei komplexen oder teuren Entscheidungen, wenn fachkundiger Rat nötig oder die eigene Sicherheit betroffen ist. Oder wenn das berufliche Weiterkommen auf dem Spiel steht. Oder wenn es um Lebensqualität geht.

Wenn Sie also planen, Ihr Empfehlungsgeschäft systematisch aufzubauen, sind Höchstleistungen obligatorisch. Kein noch so guter Verkäufer erhält Empfehlungen, wenn die angebotenen Leistungen gerade mal Durchschnitt sind. Vielmehr müssen Sie auf Ihrem Gebiet bekannt und anerkannt sein. Und erster im Kopf ihrer Zielgruppe. Dann sind Sie auch erste Wahl.

„Erfolgreich zu sein heißt, anders als die anderen zu sein“, hat Woody Allen einmal gesagt. Anders als andere: Eine Formel, mit der man höchstens im letzten Jahrhundert noch punkten konnte. In den Märkten von heute und morgen braucht es mehr, viel mehr. Versuchen Sie es doch mal mit den 7 A's:

• ausgezeichnet +
• aufmerksamkeitsstark +
• angenehm
• anders als
• Aldi’s +
• alle
• Anderen


Ausgezeichnet

Jack Welch, der charismatische Führer von General Electric hat seinem Riesenkonzern eine klare Vorgabe gemacht: Alle Produkte müssen die Nummer 1 oder 2 in ihrem jeweiligen Markt sein, sonst trennt man sich von ihnen. In einer Überflussgesellschaft gibt es keinen einzigen Grund, 08/15 zu kaufen. Wer nicht auf dem Siegertreppchen steht, ist unnötig im Markt.

Also: Werden Sie die Nummer 1 in Ihrer Branche. Oder kommen Sie zumindest aufs Siegertreppchen. Der vierte im Wettkampf ist immer eine traurige Gestalt. Sieger hören auf Sieger. Sieger kaufen gerne von Siegern. Sieger arbeiten am liebsten mit Siegern zusammen. Und: Sieger werden am ehesten weiterempfohlen. Menschen bewundern Sieger. Sie wollen ihnen nahe sein und schmücken sich gerne mit ihnen. Gerade so, als strahle ein wenig von deren Glanz auf einen selber ab. Erfolgreiche Leute haben demnach eine Menge Kontakte – und Einfluss.

Wenn Sie bisher nicht auf dem Siegerpodest standen und keine reelle Chance haben, dies je zu erreichen: Erfinden Sie eine neue Kategorie und machen Sie sich zu deren Nummer 1! Sie sind vielleicht nicht der größte Plastikbecher-Hersteller, aber womöglich die Nummer 1 in Sachen Joghurtbecher. Reinhold Messner war nicht der erste, der den Mount Everest bestieg, aber er war der erste, der dies allein tat - und der erste, der ohne Sauerstoffgerät den Gipfel erklomm. Und all das hat er aufmerksamkeitsstark vermarktet.

Wer Marktführer ist, dem glaubt man, dass er die besseren Produkte oder Dienstleistungen hat. Der darf auch höhere Preise verlangen. Und wer als Marke erst mal ganz oben auf dem Podest steht, der ist dort nicht so leicht wieder wegzukriegen. Es dauert meist lange, eine wirklich starke Marke zu beschädigen. Andererseits kann es Jahre dauern, eine beschädigte Marke wieder aufzubauen.

Beträchtliches Empfehlungspotenzial hat auch, wer in Ratings und Rankings ganz oben steht, wer Testsieger ist oder eine begehrte Auszeichnung erhält. Positive Forschungs- oder Studienergebnisse, Siegertrophäen und Preise sowie Ehrungen durch hochrangige, neutrale Dritte untermauern Ihren Status als Spitzenleister. Suchen Sie in Ihrer Branche aktiv nach solchen Möglichkeiten. Machen Sie sich schön und bewerben Sie sich. Die meisten Kürungen sind kein purer Zufall, sondern von langer Hand vorbereitet.

Und wenn Sie dann die begehrte Auszeichnung in Händen halten, schmücken Sie sich und Ihre Angebote damit und erzählen Sie es kräftig weiter. Gerade in austauschbaren Märkten kann ein solches Detail den Ausschlag geben. Wer beispielsweise vor dem Butter-Regal steht und sich nicht entscheiden kann, weil alles nahezu gleich aussieht und ähnlich viel kostet, greift im Zweifel sehr wahrscheinlich zu der Marke, auf der ein Stiftung-Warentest-sehr-gut-Prädikat prangt.

Aufmerksamkeitsstark

Wie soll man wissen, wie gut Sie sind, wenn Sie es dem Markt und Ihren Zielgruppen nicht lautstark verkünden? Wer hat zum Beispiel Amerika entdeckt? Christopher Kolumbus war nicht der erste, aber er hat die beste PR gemacht. Wenn Sie der Welt etwas zu sagen haben, sagen Sie es geräuschvoll und deutlich. Aufmerksamkeit ist ein äußerst knappes Gut. Zurückhaltung und Bescheidenheit sind deshalb völlig fehl am Platz.

Hohe Aufmerksamkeitswerte sind übrigens nicht unbedingt eine Sache von schierer Unternehmensgröße und hohen Marketingbudgets. Mit gut gemachten Geschichten und überraschenden Aktionen können Sie nicht nur den Geldbeutel schonen, sondern auch viel Sympathie einheimsen und sich begehrenswert machen. Viele solcher Aktionen lassen sich unter dem Begriff des Guerilla-Marketing einordnen. Ein Produkt taucht auf ungewohnte Weise oder an ungewohnter Stelle auf, sorgt für Gesprächsstoff und verschwindet wieder.

Als beispielsweise der neue Mini auf den Markt kam, war er auf der Love Parade in Berlin in Lack und Leder gekleidet zu sehen – und die Presse hat sich darauf gestürzt. In den USA wurde der Mini auf das Dach eines Geländewagens gepackt und ist so durch die Staaten gefahren. In einem Baseball-Stadion hat man auf der Tribüne acht Plätze gekauft und den Mini unter die Zuschauer gemischt. Die Fernsehkameras haben natürlich darauf gehalten und so hat der Mini jede Menge kostenlose TV-Werbung bekommen. An Hauswände wurden Original-Minis gehängt, das wollte jeder gesehen haben. An zentralen Plätzen in Deutschland hingen kürzlich Riesen-Plakete. Per SMS konnten die Passanten das Plakat aktivieren, so dass der Mini schnaubte wie ein Stier.

Zur puren Erzielung von Aufmerksamkeit muss sich übrigens noch ein weiterer Faktor gesellen: Resonanz. Ihre Botschaft muss die anvisierte Zielgruppe gefühlsmäßig ansprechen, also emotionale Hirnzentren in Schwingungen versetzen. Erst Resonanz erzeugt Kauflust.

Angenehm

Was der Kunde wirklich kaufen will? Sein gelöstes Problem und ein gutes Gefühl. ‚Geben Sie mir Sicherheit, dass ich die richtige Entscheidung treffe, wenn ich ihr Produkt wähle’, signalisiert der Kunde unterschwellig, während er nach Fakten fragt. Oder: ‚Zeig mir, dass du besser / schneller / günstiger / robuster/ wertbeständiger / freundlicher bist, und beweise es mir! Dann will ich dir vertrauen, dann kaufe ich lieber bei dir!’

Als Kunde wirklich verstanden zu werden - ein Traum! Doch dazu müssen sich die meisten Unternehmen erst noch von ihrer selbstzentrierten Sichtweise (unsere tolle Firma, unsere tollen Produkte) lösen, um tief einzutauchen in die Kundenwelt. Und Verkäufer müssen sich endlich von ihren selbstverliebten Präsentationen verabschieden und sich in ihre Kunden ‚verlieben’. Sie müssen quasi zu Kunden-glücklich-Machern werden wollen.

Kunden glücklich machen? Unser Gehirn will das Happy End! Deshalb versorgt es uns mit Glückshormonen. Diese Strategie der Natur hilft uns nicht nur, zu Überleben, sondern kann auch unsere Lebensqualität sehr angenehm machen. So hat die Evolution es eingerichtet, dass wir Menschen ständig auf der Suche nach guten Gefühlen sind. Zuhause wie in der Arbeit.

Für den Vertrieb bedeutet dies: Wem es gelingt, eine Wohlfühl-Atmosphäre zu gestalten, eine positive Stimmung zu erzeugen, dem Kunden immer wieder Momente des Glücks zu verschaffen, der wird dauerhaft erfolgreich sein. Denn wer sich wohl fühlt, wer ein gutes Gefühl hat, wer sich bestätigt fühlt, kauft eher - und mehr. In meinem Buch Erfolgreich verhandeln – erfolgreich verkaufen habe ich detailliert beschrieben, wie das funktioniert.

Anders

'Don't imitate – innovate!' lautet eine nützliche Managerweisheit. Machen Sie etwas wirklich Bemerkenswertes und stellen Sie sicher, dass es leicht ist, darüber zu reden. Den meisten Unternehmen fehlt jedoch dazu der Mut. Sie sind viel zu brav. Sie ahmen lieber nach, was andere erfolgreich vormachen oder glätten so lange die Ecken und Kanten ihrer Produkte, bis sie massentauglich und damit langweilig werden. Und problemlos kopierbar sind. Das ist wie bei den Matroschkas, den russischen Puppen. Sie sehen alle gleich aus und werden immer kleiner. Nur auf die äußere Puppe scheint die Sonne, die übrigen leben meist im Dunkeln.

Machen Sie also nicht Alles für Jeden, sondern lieber etwas Besonderes für Manche. Erfinden Sie etwas Einzigartiges und radikal Neues, anstatt nur weiter an alten Sachen herumzuoptimieren. Spezialisieren Sie sich, suchen Sie eine Nische, die noch keiner gefunden hat, und werden Sie darin uneinholbar gut. "Selbst die Hunde haben sich inzwischen spezialisiert", sagte mir kürzlich ein Tierarzt. "Früher gab es nur Hofhunde, Jagdhunde, Hirtenhunde und streunende Hunde. Heute gibt es Blindenhunde, Drogenhunde, Sprengstoffhunde, Schimmelpilzhunde …Und für die werden prächtige Preise erzielt.“

Verkaufen Sie an andere Zielgruppen als Andere. Verkaufen Sie vor allem an solche Konsumenten, die sich Neuem gegenüber aufgeschlossen zeigen, die gerne aktuelle Trends verfolgen und Vorreiter sind. Und verkaufen Sie an die, die sich mit Ihrem Produkt schmücken wollen, weil es noch nicht jeder hat. Solche Zielgruppen werden schnell zu Empfehlern und finden leicht Menschen, die ihnen nacheifern. Sie tragen, weil selbst überzeugungsstark und begeisterungsfähig, den Begeisterungsfunken zügig weiter und können Massen entzünden - ganz ohne Ihr Zutun.

Wie es dazu kommt? Wer selbst unsicher ist, handelt klug, wenn er sich demjenigen anschließt, der so tut, als ob er sicher sei. Viele hören erst mal, was die Meinungsführer zu sagen haben und sind dann schnell genau der gleichen Meinung. Deshalb reicht manchmal ein kleiner Auslöser, an der richtigen Stelle und bei den richtigen Menschen platziert, um Empfehlungskaskaden loszutreten. Plötzlich will die ganze Welt das neue hippe Produkt haben.

Harry Potter ist so ein Beispiel. Man liest Harry Potter, weil jeder, den man kennt und schätzt, das auch tut. Wenn der Meinungsführer in der Klasse damit anfängt, macht es bald die ganze Klasse. Wenn die Älteren es machen, eifern die Jüngeren ihnen nach. Und bald ist die Schule, und schließlich das ganze Land und schließlich die ganze Welt ‚infiziert’.

Produkte dagegen, die nur noch den breiten Massenmarkt ansprechen oder gar die konservativen Nachzügler bedienen, verlieren schnell das Interesse der Vorreiter. Irgendwann sind sie auf dem absteigenden Ast und – womöglich nach einem letzten Aufbäumen, im Marketing Relaunch genannt - meist ziemlich bald tot. Und das wird eines Tages selbst bei Harry Potter so sein.

Aldi & Co.

Deutschland = Diskountland? Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, jeder stünde auf Schnäppchen. Viele Premium-Marken - wie etwa Gucci, Adidas oder Porsche - verdienen prächtig. Wer schon alles hat, will höchstens noch etwas Besonderes. Machen Sie also Ihren Kunden ein unwiderstehliches Angebot. Oder zwei. Oder drei. Deutsche Haushalte verfügen im Schnitt über 15.000 Gegenstände, und es wird, vor allem dank Ebay, gerade kräftig entrümpelt. Man schafft Platz für etwas Außergewöhnliches. Oder verlagert den Konsum ins Immaterielle: Reisen und Wellness boomen.

Wir alle kennen Momente, da wollen wir Etwas unbedingt haben. Da spielt der Preis dann keine Rolle mehr. Und das passiert weiß Gott nicht nur im privaten Bereich, sondern genauso oft im Geschäftsleben. Geld ist eine hochemotionale Sache.

Der Griff in den Geldbeutel ist immer ein Opfer, welches der Kunde nur dann wirklich gerne erbringt, wenn die rationalen und emotionalen Vorteile des Angebots den Preis überstrahlen. „Kunden entscheiden sich dann zum Kaufen, wenn sie das, was das Produkt tut, mehr lieben als das Geld, das sie in das Produkt investieren müssen“, sagt der Verkaufsprofi Zig Ziglar.

In diesem Spiel des Marktes kommen nur die Besten durch. Wer das nicht ist, wird wohl in die Preisschraube geraten, und zwar ab nach unten. Alles, was vergleichbar ist und schnell kopiert werden kann, gerät sofort in einen ruinösen Preiswettbewerb. Welchen anderen Grund sollte es auch geben, etwas völlig Austauschbares zu kaufen?

Überleben wird nur, so der schwedische Wirtschaftsdenker Kjell A. Nordström, wer fit ist und sexy. Fit und sexy: Das macht eine Sache begehrenswert – und damit auch empfehlenswert. Bei einer überzeugend ausgesprochenen Empfehlung rückt der Preis fast immer in den Hintergrund. Wer fragt etwa noch nach dem Preis, wenn ein vertrauenswürdiger Ober uns einen guten Wein empfiehlt?

Alle Anderen

Viele Unternehmen beschäftigen sich zu stark mit der Konkurrenz. Anstatt als Vorreiter zu agieren, starren sie gebannt – wie das Kaninchen vor der Schlange – auf all das, was die Mitbewerber tun und ziehen dann nach. Der Markt wird dabei mit immer besseren und gleichzeitig immer ähnlicheren Produkten überschwemmt. So beginnt ein folgenschweres Wetteifern, bei dem sich ganze Branchen qualitätsmäßig nach oben schaukeln – und dann preismäßig in den Ruin treiben.

"Wir sind zu teuer, die Konkurrenz bietet billiger an! Wir müssen noch mal mit den Preisen runter, sonst verkaufen wir gar nichts mehr“, heißt dann die Devise. Hierbei liefern sich ganze Branchen Preisschlachten mit verheerendem Ausgang. Durch hektisches Preisdumping, gerne auch Umsatzkosmetik genannt, kommt zwar kurzfristig Geld in die Kassen. Doch zuerst verlieren solche Firmen Kunden-Vertrauen, und am Ende womöglich alles. Billig-billig hat vielen Firmen nicht die Rettung gebracht, sondern den Ruin.

Der Ausweg aus diesem Dilemma heißt: Divergenz. Während Evolution die Dinge besser macht, lässt Divergenz etwas anderes, neues entstehen. Früher gab es nur Zahnbürsten mit starrem Griff. Dann hat die Marke Dr. Best eine ‚nachgebende’ Zahnbürste mit Schwingkopf erfunden und war damit auf Anhieb nicht nur Marktführer, sondern auch Preisführer.

Die Biermarke Krombacher hat sich nach oben katapultiert, seitdem sie propagiert, ihr Bier nicht mit ‚herkömmlichem’ Wasser, sondern mit Felsquellwasser zu brauen. Das tun andere Brauer auch? Richtig, doch einzig und allein entscheidend ist, was in den Köpfen der Verbraucher passiert. Sie halten Krombacher für das reinere Bier. Oder sie sehen die verletzbare rote Tomate im Werbespot und verstehen den Nutzen des Schwingkopfs. Und sind gerne bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen.

Wie Sie für Divergenz sorgen? Fragen Sie nicht länger: Was können wir besser machen als die Konkurrenz? Sondern fragen Sie: Was können wir aufmerksamkeitsstark und angenehm anders machen als Aldi’s und alle Anderen? Und: Wie können wir Kopf und Herz unserer Kunden erobern, so dass wir wärmstens weiterempfohlen werden?


Die Autorin

Anne M. Schüller ist Diplom-Betriebswirt und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Sie ist als Marketing Consultant, Dozentin, Trainerin und Autorin tätig und gehört zum Kreis der ‚Excellent Speakers’.
Kontakt: info@anneschueller.de oder www.anneschueller.de


Aktuelle Buchempfehlung:

Anne M. Schüller
Zukunftstrend Empfehlungsmarketing
Der beste Umsatzbeschleuniger aller Zeiten
BusinessVillage 2005, 130 Seiten,
ISBN 3-934424-65-1, € 21,80
eBook: PB-587, € 14,80 (www.businessvillage.de)

Hier bestellen: http://www.anneschueller.de/rw_e13v/main.asp?WebID=schueller3&PageID=122