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Leitfaden Verkaufsgespräch: So bereiten Sie sich auf einen Kundentermin vor

Nicht, wer objektiv besser ist, sondern wer dies subjektiv besser kommunizieren kann, bekommt meist den Zuschlag.
Anne M. Schüller | 23.11.2006

Nicht das bessere Konzept gewinnt, sondern die bessere ‚Story’. Bevor es also zum Kunden geht oder der Kunde zu ihnen kommt, müssen Verkäufer sich fragen: Wie kann ich angenehm und aufmerksamkeitsstark anders und deutlich besser verkaufen als andere - denn gute Produkte haben viele.

Zunächst: Bedenken Sie bei aller Wertschätzung für das, was Sie Ihrem Gesprächspartner sagen wollen: Nicht der Verkäufer, sondern der Kunde spricht mehr als zwei drittel der Zeit. Wer durch ein Bombardement von Argumenten versucht, sozusagen per Schrotflintentaktik einen Zufallstreffer zu landen, wird versagen. Denn diesem Verkäufer fehlt neben dem Einfühlungsvermögen für seinen Gesprächspartner auch die Intuition, an dessen kaum wahrnehmbarem Wimpernschlag zu erkennen, wann er einen Treffer gelandet hat.

Ziele definieren

Jedes Verkaufsgespräch ist einzigartig. Bevor es also zum Kunden geht, werden Sie sich ein Gesprächsziel setzen. Dies sollte in jedem Fall schriftlich geschehen. Ein gedankliches Ziel ist, wie jeder gedachte Gedanke und jedes gedankliche Bild, immer etwas vage. Das merkt man erst, wenn man es aufschreiben will. Machen Sie sich dann, am besten wiederum schriftlich, einen Wie-Plan. Definieren Sie also die Taktik, mit der Sie Ihr Ziel erreichen wollen. Denken Sie dabei auch an die Ziele, die der Kunde hat bzw. haben könnte.

Formulieren Sie neben Ihrem Zielplan (best case) auch ein Ausstiegsszenario (worst case): Was passiert schlimmstenfalls, wenn die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen? Unter welchen Umständen lassen Sie die Verhandlungen platzen? So verlieren Sie Ihre Angst vor dem Scheiten. Denn nicht jedes Verkaufsgespräch ist von Erfolg gekrönt. Manchmal ist es sogar besser, aufzugeben. Mit einer klaren Ausstiegsoption können Sie entschlossener und bestimmter auftreten.

Die Vorbereitung auf das Gespräch

Eine gute Vorbereitung sei 80 Prozent des Erfolgs, heißt es so schön. Ob diese Zahl tatsächlich niedriger oder gar noch höher ausfällt, ist von Fall zu Fall verschieden. Meine Erfahrungen zeigen allerdings, dass die Vorbereitung auf Unternehmen und Ansprechpartner sowie die Einstimmung auf das Verkaufsgespräch oft zeitlich unterschätzt werden und vielfach nicht den Stellenwert erhalten, der notwendig ist. Viele Verkäufer gehen zu blauäugig in den Termin und glauben, dass das, was sie so drauf haben, reicht – und der Rest sei Improvisation. Und wenn es dann wieder mal nicht geklappt hat, müssen die üblichen Sündenböcke herhalten.

Denken Sie nur mal daran, wie viel Zeit ein Leistungssportler in die Vorbereitungen steckt, um sagen wir mal, im entscheidenden Moment eine Strecke von 100 Metern unter zehn Sekunden zu laufen. Oder denken Sie an einen Schauspieler. Was auf der Bühne so perfekt aussieht, wurde nächtelang vor dem Spiegel geprobt, laut rezitiert und in unzähligen Proben so lange geübt, bis es publikumsreif ist. „Über Nacht berühmt wird man nur dann, wenn man über Tag hart gearbeitet hat“, meint dazu Howard Carpendale.

Also: Proben Sie Ihr Verkaufsgespräch! Stellen Sie dazu zwei Stühle auf – einen für sich, einen für Ihren Gesprächspartner. Setzen Sie sich zunächst auf Ihren Stuhl und argumentieren Sie laut. Dann setzen Sie sich auf den Stuhl Ihres fiktiven Kunden und sprechen aus seiner Perspektive. Überlegen Sie, aus welchen Gründen er Ihrem Angebot zustimmen könnte und aus welchen Gründen eher nicht. Überlegen Sie auch, was er dabei denkt und fühlt.

Legen Sie sich geeignete Fragen, Nutzenargumente, Antworten auf mögliche Einwände und Abschluss-Sätze zurecht. Üben Sie das Preisgespräch und auch die so genannten Sie-Formulierungen („Das Gespräch mit Ihnen hat einen besonderen Grund …“ anstatt: „Ich rufe an, weil …“). Wiederholen Sie all dies auch immer wieder laut im Auto auf dem Weg zum Kunden. Das mag Ihnen zunächst albern erscheinen, doch versuchen Sie es mal. Diese Übungen real und nicht nur im Kopf zu machen, gibt Ihnen ganz neue Sichtweisen – und persönliche Sicherheit.

Mit den Ohren sehen lassen

Eines ist sicher: Ihre Argumente können noch so stichhaltig sein, sie bewirken nichts, wenn Sie damit Ihre Gesprächspartner zu Tode langweilen. Das Erfolgsrezept: Sprechen Sie in einer bildhaften Sprache! ‚Mit den Ohren sehen’ heißt das in der arabischen Welt. Gute Verkäufer setzen beim Kunden ein wahres Kopfkino in Gang. Gerade unsere schnelllebige Welt ist sehr bildlastig geworden. Wir haben kaum noch Zeit für Text und viele Worte.

Unsere Vorliebe für Bilder scheint nicht nur mit unserem besonders gut entwickelten Sehsinn zu tun zu haben. Gehirnforscher glauben, dass jeder Denk- und Entscheidungsprozess von inneren Bildern begleitet wird, die unser Hirn in einem ständigen Schöpfungsprozess konstruiert.

Diese Konstruktionen werden gespeist aus Wahrnehmungsbildern, also dem gerade Gesehenen, aus Erinnerungsbildern früherer Ereignisse und aus inneren Vorstellungsbildern. Dem können Sie zusätzliche Nahrung geben: Sprechen Sie, von einer lebendigen Körpersprache begleitet, in Bildern, malen Sie während des Gesprächs, zeigen Sie Fotos, halten Sie etwas zum Anfassen oder Ausprobieren bereit!

Gut gewählte Beispiele, Zitate, Anekdoten und spannend erzählte Geschichten haben etwas Magisches. Sie regen die Fantasie an, setzen Emotionen in Gang, verbessern das Klima, führen zu schnelleren Ergebnissen. Wenn ich Menschen begegne, die mal einen meiner Vorträge gehört haben, frage ich gern: „Und was ist Ihnen davon in Erinnerung geblieben?“ „Ihre Geschichte von …“, ist meist die Antwort.

Beispiele, Analogien, Geschichten

Legen Sie sich in jedem Fall ein paar passende Beispiele zurecht. Beispiele wecken das Gefühl von Vertrautheit. Sie wirken anschaulich, sprechen das Vorstellungsvermögen an und aktivieren. Beispiele machen selbst komplizierte Zusammenhänge verständlich. Und sie steigern die Überzeugungskraft. Nehmen Sie solche Beispiele, die den Kontext stützen und die der Gesprächspartner versteht. Am besten wählen Sie Beispiele aus seiner Welt.

Analogien vergleichen Vertrautes aus anderen Bereichen mit dem Gesagten. Sie geben der Vorstellungskraft Nahrung, machen neugierig und regen die Hirnzellen an. Sie haben oft ein überraschendes Moment. Viele gute Analogien finden Sie in der Natur und im Sport. Fragen Sie sich, welche Analogie gut passt und den Zuhörer wohl am meisten anspricht. Hüten Sie sich dabei vor Allerwelts-Phrasen und Plattitüden, das langweilt!

Geschichten bewegen, sie fesseln die Aufmerksamkeit des Adressaten, fördern das Zuhören, das Verstehen und das Zustimmen, ohne zu bedrängen. Sie werden besonders gut behalten und gerne weitererzählt. Oft haben die Zuhörer sofort ähnliche Geschichten parat und überzeugen sich so selbst von der Notwendigkeit eines bestimmten Vorgehens. Am besten erzählen Sie positive, unterhaltsame, wahre Geschichten von erfolgreichen Kunden.

Lampenfieber?

Kurz bevor es losgeht: Stimmen Sie sich mental ein. Freuen Sie sich auf das Gespräch, Ihren Gesprächspartner - und auf Ihr Lampenfieber. Der Kick macht Sie hellwach und Ihre Performance steigt. Falls die Aufregung zu groß wird: Atmen Sie bewusst tief und langsam in den Bauch. Legen Sie Ihre Hand auf das Zwerchfell, es muss sich fühlbar wölben. Dann mehrfach sieben Sekunden einatmen - sieben Sekunden ausatmen. Trinken Sie etwas Wasser. Schließlich lächeln. Seien Sie zuversichtlich, denken Sie an frühere Erfolge. Es wird auch diesmal klappen!

Das richtige Outfit

Überlegen Sie, wo und mit wem das Gespräch stattfinden wird. Am besten haben Sie notfalls noch eine zweite Garnitur dabei. Ich habe mal einen wichtigen Auftrag verloren, weil ich im dunklen Kostümchen und mit Stöckelschuhen nach dem Gespräch bei einem Bäckerei-Filialisten durch die mehlige Backstube geführt wurde. Die Bäckermeister konnten sich wohl einfach nicht vorstellen, dass ich für ihr Training die Richtige sei.

Haltung annehmen

Ihre Körperhaltung ist verantwortlich für das Selbstbewusstsein, dass Sie ausstrahlen. Nehmen Sie eine königliche Haltung ein: den Körper strecken, Schultern zurück, Becken gerade. Und am Scheitelpunkt des Kopfes denken Sie sich einen Faden, der Sie nach oben zieht. Achten Sie darauf, dass das Kinn unten bleibt, damit Sie nicht hochnäsig wirken. Und gewöhnen Sie sich einen dynamischen Gang an. Wer schon zögerlich zur Tür hereinkommt, was soll man von dem kaufen?

Stimme = Stimmung

Ihre Stimme ist verantwortlich für die Stimmung, die Sie verbreiten: Klingt sie fest und zuversichtlich, zeugt sie von bester Laune? Lernen Sie, im Brustton der Überzeugung zu sprechen. Dabei benutzen Sie den Brustraum als Resonanzkörper. Gerade Frauen sprechen oft mit einer zu hohen Kopfstimme, das wirkt piepsig und damit unsicher. Lernen Sie, in den Baum zu atmen, damit Sie nicht kurzatmig und damit unsicher wirken.

Die Tonalität in Ihrer Stimme macht es spannend, Ihnen zuzuhören: Reden Sie mal lauter, mal leiser, mal schneller, mal langsamer. Legen Sie ab und an etwas Geheimnisvolles in Ihre Stimme, machen Sie (viel sagende) Pausen. Sprechen Sie Ihren eigenen Namen und den des Gesprächspartners laut und deutlich aus.

Die Sprache des Gesichts

Die Mimik ist die Sprache Ihres Gesichts. Sie sagt oft mehr als tausend Worte. Entspannen Sie immer mal wieder Ihr Gesicht und Ihre Nackenmuskeln. Und lächeln Sie – auch mit den Augen! Die Augen sind der Spiegel unserer Seele – sie sollten vor Begeisterung strahlen! Und: Arbeiten Sie mit der Nicktechnik, das heißt: Unterstützen Sie wichtige Aussagen mit einem freundlichen Kopfnicken. So drücken Sie auch Anerkennung für die Aussagen des Kunden aus.

Die Sprache des Körpers

Ihre Gestik unterstreicht das Gesagte. Wer keine Gestik benutzt, wirkt kraftlos und unbeteiligt. Variieren Sie die Dynamik Ihrer Gesten, so wie Sie auch die Tonalität verändern. Vermeiden Sie jede Hektik und alles Zappelige. Ihre Hände sind beim Gestikulieren offen und auf Taillenhöhe. Wenn Sie vor größeren Gruppen sprechen, werden die Gesten ausladender. Bei Gesprächen im Sitzen sind die Hände immer auf dem Tisch. Legen Sie Schreibgeräte nach dem Schreiben sofort wieder ab, sie wirken sonst als Waffe. Achten Sie auf ein angemessenes Distanzverhalten. Und: Legen Sie sich einen festen Händedruck zu! Das kann man üben.

Ein Erfolgsbuch führen

Behalten Sie während Ihrer Verkaufsgespräche ständig Ihr Ziel im Auge. Betrachten Sie den laufenden Gesprächsprozess mit Abstand, gehen Sie also quasi auf eine Meta-Ebene. Fragen Sie sich öfter mal: „Was passiert hier gerade?“, um die Kontrolle über das Geschehen zu behalten, um eventuell überschäumende Emotionen zu bändigen und den erfolgreichen Ausgang zu steuern. Die Meta-Ebene wird auch gerne als Helikopter-View bezeichnet. Das bedeutet, jederzeit das Große Ganze im Blickfeld zu haben.

Dies hilft Ihnen auch bei der am Ende so wichtigen ehrlichen Selbstreflexion: „Wie war ich, was lief besonders gut, welche neuen Erkenntnisse habe ich gewonnen und was will ich beim nächsten Mal besser machen?“ Machen Sie sich hierzu Notizen in einem Erfolgsbuch. Es gibt übrigens eine ganze Reihe von Gründen, sich ein Erfolgsbuch zuzulegen:

• Sie fokussieren automatisch mehr auf Ihre Stärken, weil Sie sich ständig damit beschäftigen, was Sie gut machen und worauf Sie stolz sein können.
• Sie vergessen keine früheren Erfolge.
• Sie beschäftigen sich mit den Dingen, die optimierbar sind.
• Sie setzen sich selbst ein wenig unter Druck, weil Sie spätestens am Abend Einträge in Ihr Erfolgsbuch machen wollen.
• Sie schöpfen Kraft aus dem Niedergeschriebenen vor neuen großen Herausforderungen - wie zum Beispiel dem nächsten wichtigen Kundentermin.


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Erfolgreich verhandeln – erfolgreich verkaufen
Wie Sie Menschen und Märkte gewinnen
BusinessVillage 2005, 128 Seiten
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Über die Autorin:

Anne M. Schüller ist Marketing-Consultant und führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Sie hat lange Jahre in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsunternehmen gearbeitet. Als 6-fache Buchautorin hält sie hochkarätige Impulsvorträge zu den Themen Kundenloyalität, Empfehlungsmarketing und emotionales Verkaufen. Ferner steht sie interessierten Unternehmen für marketingorientiertes Management-Coaching sowie für firmeninterne Workshops und Seminare zur Verfügung. Sie lebt in München.

Kontakt: info@anneschueller.de oder www.anneschueller.de