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Erfolg ist planbar! Aber nur wenige verstehen den Markt.

Die Flopquote liegt in der FMCG Branche bei 80%, trotz neuer Mafo -Methoden und gesteigerten Mafo - Ausgaben. Wo liegen die Ursachen?
Heinz Günther | 12.10.2007
Die hohe Flopquote ist hinlänglich bekannt. Als Hauptgrund für das Scheitern im Markt wird die Me Too Strategie herangezogen. Auch dies ist seit Jahren bekannt. Wenn also alles auf dem Tisch liegt, wie kann es dann möglich sein, dass sich von Jahr zu Jahr die gleichen Fehler wiederholen?

Ich habe mich in den letzten Jahren intensiv mit dieser Frage beschäftigt und komme aufgrund meiner Recherchen und meinen Erfahrungen nur zu einem Schluss: Den meisten Unternehmen fehlt ein valides Erklärungsmuster, um die Dynamik des eigenen Marktes zu verstehen! Ohne jedoch die Kräfte im Markt zu kennen, ist es fast unmöglich, ein offensives und zugleich erfolgreiches Marketing zu praktizieren.

Die Divergenztheorie – und die daraus resultierenden Konsequenzen - ist aus meiner Sicht das einzige umfassende „Instrument“, welches das Auf und Ab in den Märkten theoretisch – aber auch auf Basis unzähliger Marktbeispiele – erklären kann. Ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass die Wirkmechanismen sowohl branchen – als auch länderübergreifend Gültigkeit haben.

Es scheint so, das die „best practice“ Philosophie und die „Benchmark“ Technik in den Unternehmen ohne das Wissen von grundlegenden Zusammenhängen nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionieren.

Es werden die falschen Fragen gestellt!
In Ermangelung an Informationen über die Wirkmechanismen im Markt, ist zu beobachten, dass viele Unternehmen sich strategisch auf folgende Fragen konzentrieren:

a) Wie können wir besser als die Konkurrenz, vor allem
besser als der Marktführer werden?
b) Wie können wir ein besseres Produkt entwickeln?
c) Wie können wir eine bessere und kreativere Werbung
machen?

Was soll an diesen Fragen falsch sein, werden Sie sich vielleicht fragen? Ich bin der festen Überzeugung, dass alleine diese Fragestellungen in die Me Too / Flop Falle führen!

Eine der zentralen Kernaussagen der Divergenztheorie ist die Kenntnis der Erfolgsfaktoren von den sogenannten Mega Brands. Alle Mega Brands haben ein und das gleiche Erfolgsgeheimnis, nämlich das diese Marken zu einer bestimmten Zeit den Markt zu ihren Gunsten geteilt haben! Mit anderen Worten: diese Marken haben neue (Sub) – Kategorien im Markt geschaffen. Coca Cola mit der ersten „braunen Brause“ im AFG Markt, Red Bull mit dem ersten Energydrink, Yogurette mit der „Joghurt Schokolade“ und Airwaves mit dem ersten starken „Atemfrei“ Kaugummi. Diese Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden (Amazon, Starbrucks, Raffaello, Mars, Pampers, Swatch Uhren, Ikea, Bionade usw.) Diese Erkenntnis ist die Divergenz Regel Nr. 1 für ein offensives, erfolgreiches und profitables Marketing.

First - Mover – Effekte sind das Markenkapital
(Sub) - Kategorien neu zu schaffen und zu besetzen ist also das Erfolgsgeheimnis von starken Marken. International ist zu beobachten, dass die erste Marke in einem neuen Segment über Jahre, ja sogar über Jahrzehnte Marktführer bleiben kann. Hershey Schokolade, Coca Cola, Kellogg´s Cornflakes sind seit 1923 in den USA Marktführer!

Dies liegt jedoch nicht ausschließlich an der exzellenten Markenführung und einer ausgefeilten kreativen Werbung, sondern dies liegt hauptsächlich daran, dass man als erste Marke von dem sog. First – Mover – Advantage profitieren kann. Ein Original wird eben höher eingeschätzt als eine Kopie, auch wenn diese im blindtest besser abschneiden! Hinter diesen beobachteten Effekten liegen psychologische Erkenntnisse wie z.B. der „Halo Effekt“ und die „soziale Bewährtheit“. Dieses Marktverständnis ist notwendig, um überhaupt zu verstehen, warum es fast unmöglich ist, dem Marktführer den Platz streitig zu machen ( Es gibt aber auch Wege, eine Nr.1 und eine „gute“ Nr. 2 zu werden).

Bessere Produkte oder kreativere Werbung wird an diesem Phänomen in der Regel nichts ändern. Aber trotzdem wird dieser Weg immer wieder gesucht und immer wieder scheitert man. Weltweit gab es z.B. über 100 f e h l g e s c hl a g e n e Versuche, Red Bull vom „Sattel zu stoßen“ oder einen profitablen Marktanteil zu generieren. Sogar die Coca Cola Company scheiterte mit mindestens 3 Versuchen.

Unterstellen wir einmal, dass Ritter Sport mit der Erdbeer Joghurt Variante - die aktuell mit TV Werbung unterstützt wird – der „Jogurette“ Marktanteile abnehmen möchte. Auf Basis der Divergenz Theorie wird dies aber nur in einem kleinen Umfang erfolgen, da es nicht ausreicht, den Marktführer nachzuahmen, auch dann nicht, wenn ein so starker Absender wie Ritter Sport hinter der Einführung steht.

Die TOP Marken in einer Kategorie sind alle Marktführer:
Wenn dies alles so zutrifft, dann müssten diese Effekte auch in den Panels abzulesen sein. Wie Sie an dem folgenden Beispiel* sehen, finden wir die Divergenz auch im realen Markt wieder. Die Top Marken im Kaugummimarkt sind ausschließlich Marktführer in Ihrer Subkategorie. Eine 2. oder 3. Marke ( Me Too ) im jeweiligen Segment existiert überhaupt nicht oder platziert sich nicht im Top Ranking. Im Bonbon -, Riegel - und Schokoladenmarkt haben wir die gleichen Verhältnisse.

1. Wrigley´s Extra Proffsionell (Zahnpflege mit Microgranulat)
2. Airwaves ( atemfrei)
3. Orbit (zuckerlos)
4. Wrigley´s weiß + grün (Originale)
5. Wrigley´s Extra ( Zahnpflege)
6. Juicy fruit ( Fruchtkaugummi für Teens)
7. Mentos mit 9 Items ( ?????)
8. Wrigley´s Extra für Kinder ( Zahnpflege für Kinder )
9. Hubba Bubba (Riesenblasen klebefrei)

* USP market intelligence:Tankstellenpanel Jan. - April 2007


Auch kann man feststellen, dass die führenden Marken z.B. im Bonbonsegment nicht “wildern“ sondern Ihrem Sub – Segment treu bleiben. Dies ist ebenfalls ein Erfolgsrezept, welches man aus der Divergenz Theorie ableiten kann ( Wick Red Energy versuchte den Spagat und scheiterte). Psychologisch wird dies u.a. dadurch untermauert, dass man einem Spezialisten eine höhere Qualitätsschätzung entgegenbringt als jemanden, der von sich behauptet, "alles“ machen zu können.

Line Extensions sind kein Ersatz für starken Marken
Das ist sicherlich einer der Gründe, warum ich annehme, dass der Corny Riegel ohne Zucker als quasi Line Extension nicht so erfolgreich werden kann, obwohl dieses Produkt das Erfolgskriterium der Divergenz – nämlich die Schaffung einer neuen Sub Kategorie – erfüllt. Als „gesündere“ Alternative im Markt kann Corny ohne Zucker auch gar nicht seine Vorteile ausspielen, da man ansonsten in dem Konflikt lebt, seine zuckerhaltige Hauptmarke zu beschädigen bzw. zu „diskriminieren“. Erfolgreiches Agieren am Markt bedeutet aber auch, dass das neue Angebot den Wettbewerb repositionieren bzw. „diskriminieren“ muss! Ernüchternde Ergebnisse sehen wir bereits seit längerem im Markt bei den Mentos Kaubonbons ohne Zucker, die nur ca. 15 - 18 % der Verkäufe der zuckerhaltigen Variante aufweisen können.

Wrigley´s hat z.B. diese Problemstellung „divergent“ gelöst und die Nachfrage nach zuckerlosen Produkten mit der Schaffung einer neuen Marke (Orbit) bedient, die heute auf Platz 3 steht und die zuckerhaltigen Marken weit hinter sich gelassen hat. Tests mit Wrigley´s Spearmint zuckerlos waren dagegen (folgerichtig) nicht erfolgreich.

Dies waren jetzt nur einige Beispiele wie die Divergenz Theorie in der Praxis angewandt werden kann. Es gibt noch wesentlich mehrere Erklärungsmuster, so z.B., warum nationale starke Marken bzw. Marktführer international in einigen Fällen funktionieren in den meisten Fällen aber scheitern.

Für mich ist es nicht verwunderlich, dass eine neue Studie von Roland Berger zu dem Ergebnis kommt, dass (a) „Innovation und Branding“ aber auch (b) „den anderen neuen Spielregeln aufzuzwingen“ zu den erfolgreichsten strategischen Maßnahmen der sogenannten „Outperformer“ gehören.

Mögen die besseren Strategen gewinnen.


H e i n z G ü n t h e r
Divergenz - Marketing