Recyclingpapier wird zum Imagefaktor
Das Interview führte Yannik Sulzbacher, marketing-BÖRSE
Während Nachhaltigkeit für viele Unternehmen noch ein vollkommen neues Gebiet darstellt, gilt das traditionsreiche Unternehmen Steinbeis Papier zu den führenden Produzenten von ökologischem Papier auf dem europäischen Markt. In einer der modernsten Recyclingpapierfabriken Europas werden in Glückstadt jährlich rund 300.000 Tonnen Recyclingpapier hergestellt. Mit dieser ressourcenschonenden Produktion zeigt Steinbeis Papier schon seit Jahrzehnten, dass Ökonomie und Ökologie nicht im Gegensatz zueinander stehen müssen, sondern erfolgreich verbunden werden können. Im Interview erklärt Geschäftsführer Ulrich Feuersinger, welchen Wert Papier im Arbeitsleben heute immer noch hat, wie Recyclingpapier zum Nachhaltigkeitsimage von Unternehmen beiträgt und dabei auch noch kostengünstiger sein kann.
Herr Feuersinger, Sie wurden von "Deutschland Test" und dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut in Ihrer Branche als zweitwertvollstes Unternehmen im Bereich ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung ausgezeichnet. Welchen Stellenwert messen Sie der Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen bei?
Ulrich Feuersinger: Nachhaltigkeit ist für uns keine Modeerscheinung, sondern seit Jahrzehnten Kern unserer Geschäftstätigkeit. Als Pionier haben wir Standards für Papier mit höchsten ökologischen Ansprüchen gesetzt. Steinbeis Papier produziert mit modernster Altpapieraufbereitungstechnologie und konsequent geschlossenen Kreisläufen ausschließlich Recyclingpapier. Als Arbeitgeber legen wir Wert auf soziale Integrität. Und das mit Erfolg: Etwa die Hälfte unserer Mitarbeiter ist bereits 25 Jahre oder länger bei uns beschäftigt.
In den vergangenen Jahren gewann Nachhaltigkeit und Umweltschutz immer mehr an Bedeutung. Wie reagiert Ihre Branche auf dieses veränderte Bewusstsein in der Gesellschaft und wie können Unternehmen davon profitieren?
Ulrich Feuersinger: Nachhaltigkeit ist aus der Branche heute nicht mehr wegzudenken. Als Hersteller von grafischen Recyclingpapieren haben wir den besonderen Vorteil, dass wir unseren Kunden Papiere mit der höchsten Nachhaltigkeitsperformance anbieten können. Damit können Unternehmen ihre Ökobilanzen verbessern und ihr Engagement für den Klima- und Ressourcenschutz glaubwürdig untermauern. Recyclingpapier liegt im Trend und wird damit zum Imagefaktor.
Es gibt immer noch Vorurteile gegen Nachhaltigkeit in Bezug auf Preis und Qualität. Welche Unterschiede gibt es zwischen recyceltem und herkömmlichem Papier?
Ulrich Feuersinger: Bei der Qualität gibt es keine Unterschiede. Der Herstellungsprozess ist bei beiden Papieren quasi identisch. Nur der Rohstoffeinsatz unterscheidet sich. Statt Primärfaserzellstoff wird beim Recyclingpapier ausschließlich Altpapier verwendet. Daraus erklären sich die ökologischen Vorteile mit einem deutlich geringerem Energie- und Wasserbrauch sowie geringeren CO2-Emissionen. Bei der Produktion von Recyclingpapieren mit dem Blauen Engel dürfen außerdem keine schädlichen Chemikalien, wie zum Beispiel optische Aufheller verwendet werden. Recyclingpapiere mit niedrigen Weißgraden haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie in der Regel günstiger als vergleichbare Frischfaserpapiere sind.
Einblick in die Produktionshallen © Steinbeis Papier
Neben der Nachhaltigkeit gehört ohne Frage die Digitalisierung zu den wichtigsten Themen unserer Zeit. Ist Papier da überhaupt noch zeitgemäß und wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Branche?
Ulrich Feuersinger: Papier gibt es seit nunmehr über 2000 Jahren und es wird auch zukunftsfähig bleiben. Ein Beispiel: Das uns schon so oft vorhergesagte papierlose Büro spiegelt nicht die Realität wider. Papier spielt für viele Menschen weiterhin eine zentrale Rolle in der Kommunikation, sei es beim Schreiben, Lesen, Drucken oder Kopieren. Zahlreiche Unternehmen und Verwaltungen werden Opfer von Cyberkriminalität – Papier kann beim Thema Sicherheit eine seiner Stärken ausspielen. Aktuelle Studien zeigen zudem, dass Informationen auf Papier besser aufgenommen und behalten werden können als digital vorliegende Texte. Wir stellen fest, dass sich im Kontext von Digitalisierung und Nachhaltigkeit gerade ein neues Bewusstsein für die richtige Wahl von Papier entwickelt. Das stimmt uns für unsere Branche zuversichtlich.
2013 verständigten sich die niedersächsischen Landesministerien dazu, nur noch 10 Prozent Normalpapier zu nutzen, trotzdem liegt der Anteil heute immer noch bei fast 90 Prozent. Wie erklären Sie es sich, dass die Umsetzung so schleppend voranläuft?
Ulrich Feuersinger: Es fehlt offenbar an Verbindlichkeit, das Gesagte auch praktisch umzusetzen. Die anderen norddeutschen Bundesländer Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein sind hingegen klar auf Nachhaltigkeitskurs. Ihre Landesregierungen haben sich konkret verpflichtet, nur noch Recyclingpapiere mit dem Blauen Engel zu beschaffen. Diese Konsequenz findet sich entsprechend in den Ausschreibungen wieder. Hier zeigt sich, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Vielen Dank für das Interview Herr Feuersinger!