Lernfeld digitale Transformation - Dem WIR in Wirtschaft eine neue Chance geben
Der global beschleunigte Prozess technischer Anpassung von Individuen, Geschäft und Gesellschaften, ja ganzer Nationen fordert einerseits heraus und erzeugt Unsicherheit, andererseits beschert er uns allen eine Fülle neuer Chancen.
Transformation des Mindsets mit der W.I.R.-Formel
Ein herausragender Aspekt ist die erhöhte Verbundenheit, die sich aus der verstärkten Vernetzung von Menschen, Daten und Organisationen sowie aus der Vielzahl neuer Kommunikationsformen und Möglichkeiten sozialer Interaktion ergibt. Das stellt uns aber nicht nur vor den offensichtlichen technischen Lernprozess, sondern vor allem vor einen persönlichen. Die digitale Transformation ist nur machbar mit einer Transformation unseres Mindsets. Die W.I.R.-Formel zeigt, worauf es ankommt.
W.I.R.-Formel Teil 1: W wie Werte
Sowohl unsere Erziehung als auch unsere Geschäftswelt basieren auf dem Grundsatz: „So viel Konkurrenz wie möglich. So wenig Kooperation wie nötig.“ Ebenso wenig, wie den Dinosauriern ihre Größe das Überleben gesichert hat, wird dieses Wertesystem Menschen und Unternehmen im Wissenszeitalter noch zum Erfolg führen. Und doch sind wir entsprechend programmiert, wie uns ein Beispiel aus der Wissenschaft zeigt. Dr. Ijad Madisch, ein in Harvard ausgebildeter Virologe, gewinnt früh den Eindruck, dass der Ego-Gedanke bei Wissenschaftlern besonders stark verbreitet ist. Wenn er bei seinen Experimenten stecken bleibt und seine Kollegen deswegen um Hilfe bittet, wird er kritisiert. Spitzenforscher geben sich keine Blöße, indem sie um Hilfe bitten, heißt es. Es wäre wichtig, ein Image überlegener Kompetenz zu pflegen. Madisch jedoch findet, dass die Wissenschaft eine globale Gemeinschaft braucht, in der Fortschritte wichtiger sind als Egos. Im Jahr 2008 gründet er ResearchGate, ein soziales Netzwerk für Wissenschaftler, das dazu dienen soll, die besten Köpfe des Planeten zusammenzubringen. Während sein Chefarzt ihn noch belächelt, als er diesen um eine Reduzierung seiner Arbeitszeit bittet, um sein Projekt voranzutreiben, wird ResearchGate heute von rund 12 Millionen Wissenschaftlern in 200 Ländern genutzt, wöchentlich kommen 10.000 Mitglieder hinzu und monatlich werden 2,5 Millionen Publikationen hochgeladen. Besonders stolz ist Madisch darauf, dass sich unter den veröffentlichten Informationen auch solche befinden, die offiziell nicht geteilt werden, aber große Bedeutung für die Weiterentwicklung haben, wie etwa Codes oder negative Ergebnisse.
Wissen teilen und mitentscheiden dürfen
Wer im Elfenbeinturm seiner Verantwortungsgrenzen Wissen isoliert, hegt und pflegt, kann in der digitalen Transformation schnell abgehängt werden oder komplexe Zusammenhänge übersehen. Erst die Fähigkeit, das Wissen mit anderen Disziplinen oder Perspektiven zu verknüpfen, erzeugt Wertschöpfung. Dass Mitarbeiter bereit dafür sind, zeigt die 2016 von der TU München durchgeführte Studie „Der Ruf nach Freiheit – innovationsförderliche Arbeitswelten aus Sicht der Arbeitenden“. Danach sagen drei von vier Mitarbeitern (76 Prozent), sie würden ihr Engagement erhöhen, wenn sie über neue Produkte und Entwicklungen mitentscheiden dürften. Und 80 Prozent meinen, dass mit einer stärkeren Teilhabe an firmenrelevanten Entscheidungen die Produktivität ihres Unternehmens steigen würde. Innovation, also die breite Durchsetzung einer Neuerung am Markt, ist ein kooperativer Prozess. Wie Madischs Beispiel zeigt, braucht unsere zutiefst menschliche Fähigkeit, kooperieren zu können, offensichtlich nur den richtigen Impuls. Das Wertesystem, das in der heutigen WIRTSCHAFT Erfolg verspricht, lautet: „So viel Kooperation wie möglich. So wenig Konkurrenz wie nötig.“
W.I.R.-Formel Teil 2: I wie Interessen maximieren
Konkurrenz ist ein Nullsummenspiel. Einer gewinnt, einer verliert. Der wirtschaftliche Ansatz lautet: Möglichst Viele gewinnen. Das geschieht dann, wenn Entscheidungen getroffen werden, die den Interessen möglichst vieler dienen. Kommunikation, also der Austausch von Sichtweisen, mit dem Ziel zu verstehen, die Bereitschaft, Einblick in die eigenen Motive und Bedürfnisse zu geben und das Engagement nach Win-Win-Lösungen zu suchen, sind die Schlüssel dazu.
In Lösungsfindung einbeziehen
Nur wenn Menschen die Möglichkeit eröffnet wird, ihre Interessen kundzutun und nur wenn alle Beteiligten aktiv in die Lösungsfindung einbezogen werden, besteht die Möglichkeit, Win-Win-Lösungen herbeizuführen. Genau das ist dank der technischen Möglichkeiten deutlich einfacher und schneller geworden und zwar unabhängig davon, wo sich jeder gerade befindet. Mit einer Email-Nachricht oder einer Videobotschaft können unzählige Menschen gleichzeitig informiert werden. In internen Netzwerken können Meinungen ausgetauscht und unterschiedliche Ansätze diskutiert werden. Dokumente können schnell hin- und hergeschickt und mit Kommentaren versehen weiterentwickelt werden. Konsensentscheidungen sind dadurch deutlich schneller herbeizuführen.
Virtuelle Kommunikation
Natürlich gilt es dabei, auf die Fallstricke zu achten, denn Kommunikation ist und bleibt eine komplexe Angelegenheit. Wir senden unsere Botschaft nur zu einem kleinen Anteil über die Worte. Der Großteil der Information fließt über Stimme und Körpersprache. Je nachdem, welchen Kommunikationsweg wir wählen, geht ein größerer oder kleinerer Teil der Information verloren. Die Email besteht nur aus Worten, die SMS oder WhatsApp meist aus wenigen Worten und Abkürzungen, da besteht also großer Interpretationsspielraum und damit viel Raum für Missverständnisse. Der Live-Chat besteht zwar auch nur aus Worten, bietet aber zumindest den zeitlich zusammenhängenden Austausch. Das Telefon oder die gesprochene WhatsApp liefert immerhin den Klang der Stimme, damit kommen schon rund 2/3 der Information im Vergleich zum persönlichen Gespräch an. Jede visuelle Unterstützung erhöht die Informationsübertragung und reduziert die Gefahr von Missverständnissen weiter. Ein zusätzlich geteiltes Dokument oder eine Bildschirmpräsentation zum Beispiel schaffen mehr Klarheit über das, was besprochen wird. Kommt dann noch das Kamerabild ins Spiel, haben wir das Optimum erreicht, das virtuelle Kommunikation uns bieten kann.
Vorschussvertrauen
Vertrauen und Integrität bekommen eine noch höhere Bedeutung im Umgang miteinander. Organisationen werden fluider, Hierarchien nehmen ab und es entsteht mehr Freiraum, aber auch mehr Verantwortung für den Einzelnen. Das Vorleben wird zu einem der wichtigsten Führungsinstrumente. Als in einem Unternehmen vor kurzem eine Initiative gestartet wird, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen, reagieren die Führungskräfte unterschiedlich. Während die einen sich freuen, ihren Mitarbeitern mehr Freiheit in der Wahl ihres Arbeitsortes bieten zu können, sorgen sich die anderen in erster Linie darum, ob und wie das ausgenutzt werden kann. Die Spieletheorie, eine Wissenschaftsrichtung, deren bedeutendster Forscher John F. Nash sogar einen Nobelpreis erhalten hat, befasst sich u. a. mit den Folgen mangelnder Kooperation. Viele Beispiele zeigen, dass in so einem Fall ein Ergebnis entsteht, bei dem alle Beteiligten schlechter wegkommen, als wenn sie zusammengearbeitet hätten. Die Forscher beschäftigen sich natürlich auch mit der Frage, was die beste Strategie ist, damit alle Beteiligten profitieren. Es ist Vorschussvertrauen. Das heißt, so zu handeln, als ob man wüsste, dass die andere Partei ebenfalls im Sinne des WIR handelt. Das fällt uns nicht immer leicht, vor allem deswegen, weil wir die Vertrauenswürdigkeit von Menschen gerne unterschätzen. Transparenz im Hinblick auf Hintergründe, Motive und Visionen sowie die Möglichkeit, diese zu diskutieren, helfen dabei, den Rahmen zu definieren, in dem sich jeder eigenverantwortlich auf ein Ziel zu bewegt, das allen dient.
W.I.R.-Formel Teil 3: R wie Reise
Die digitale Transformation ist ein kontinuierlicher Lernprozess, bei dem nicht zu erwarten ist, dass wir jemals wieder einen Status erreichen werden, auf dem wir uns ausruhen können. Das erzeugt Unsicherheit und die Gefahr, Fehler zu machen, ist hoch. Je nach vorherrschendem Klima und Mindset, kann das lähmen oder Kreativität freisetzen und zu gemeinsamem Wachstum führen.
Dynamisches und statisches Selbstbild
Die US-Amerikanische Psychologieprofessorin Carol Dweck hat bei ihren Studien mit hunderten von Studenten sowie Mitarbeitern von Fortune500-Unternehmen entdeckt, dass Menschen zwei sich unterscheidenden Selbstbildern folgen: Das eine Selbstbild ermöglicht, ständig dazu zu lernen und zu wachsen. Das andere Selbstbild beschränkt und lässt einen vor neuen Gelegenheiten zurückschrecken. Sie unterscheidet das dynamische Selbstbild, den sogenannten Growth Mindset und das statische, den sogenannten Fixed Mindset. Menschen mit einem statischen Selbstbild hüten sich davor, Fehler zu machen oder Schwächen einzugestehen. Deswegen halten sie sich am liebsten in ihrer Komfortzone auf und setzen sich ungern Situationen aus, von denen sie nicht sicher sind, sie kontrollieren zu können. Menschen mit einem dynamischen Selbstbild hingegen gehen davon aus, dass Intelligenz und Fähigkeiten sich durch Ausprobieren, Übung und Ausdauer sowie durch die Unterstützung von anderen entwickeln. Sie sind bereit, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen und an ihren Fähigkeiten zu arbeiten. Sie haben nicht den Anspruch, sofort perfekt sein zu müssen, was es ihnen erlaubt, sich anderen mit ihren Fehlern, ihrem Nichtwissen und ihren Schwächen zu zeigen. Führungskräfte, die das vorleben, das heißt also ihre eigene Fehlbarkeit und ihr Nichtwissen anerkennen und teilen, schaffen in ihren Teams psychologische Sicherheit.
Psychologische Sicherheit verspricht Erfolg
Laut einer zweijährigen Studie namens Aristoteles, die Google mit über 180 eigenen Teams durchgeführt hat, ist es für den Teamerfolg nicht so maßgeblich, wer zu den Teams gehört. Das Teamergebnis steht und fällt mit dem Maß an psychologischer Sicherheit, das die Teammitglieder empfinden. Die Professorin Amy Edmondson hat den Begriff bereits 1999 definiert als den Glauben, dass man nicht bestraft oder bloßgestellt wird, wenn man Ideen, Fragen, Bedenken oder Fehler anspricht. Existiert dieser Glaube nicht, stellen Teammitglieder Ergebnisse anderer nicht in Frage und halten ihre Ideen zurück, aus Angst vor Zurückweisung der anderen Teammitglieder. Genau das ist aber fatal, wenn es darum geht, einen Growth Mindset zu erzeugen. Schon einfache Aussagen der Führungskraft wie „Möglicherweise habe ich hier etwas übersehen, was meinen Sie dazu?“ oder wenn sie sich von den eigenen Mitarbeitern technisch auf die Sprünge helfen lässt, beeinflussen das Maß an psychologischer Sicherheit deutlich positiv. Je höher es ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Lust an der Weiterentwicklung entsteht sowie ungewöhnliche und neuartige Ideen geäußert und diskutiert werden.
Richtig genutzt, werden die Möglichkeiten der digitalen Transformation, a) Wissen einfacher zu teilen denn je sowie b) gemeinsam ökonomische Rahmenbedingung zu gestalten, zum Treiber für Kreativität, Innovation und Wachstum. Davon profitieren übrigens nicht nur einige Wenige, sondern möglichst Viele – ganz im Sinnes des WIR in WIRTSCHAFT.
Transformation des Mindsets mit der W.I.R.-Formel
Ein herausragender Aspekt ist die erhöhte Verbundenheit, die sich aus der verstärkten Vernetzung von Menschen, Daten und Organisationen sowie aus der Vielzahl neuer Kommunikationsformen und Möglichkeiten sozialer Interaktion ergibt. Das stellt uns aber nicht nur vor den offensichtlichen technischen Lernprozess, sondern vor allem vor einen persönlichen. Die digitale Transformation ist nur machbar mit einer Transformation unseres Mindsets. Die W.I.R.-Formel zeigt, worauf es ankommt.
W.I.R.-Formel Teil 1: W wie Werte
Sowohl unsere Erziehung als auch unsere Geschäftswelt basieren auf dem Grundsatz: „So viel Konkurrenz wie möglich. So wenig Kooperation wie nötig.“ Ebenso wenig, wie den Dinosauriern ihre Größe das Überleben gesichert hat, wird dieses Wertesystem Menschen und Unternehmen im Wissenszeitalter noch zum Erfolg führen. Und doch sind wir entsprechend programmiert, wie uns ein Beispiel aus der Wissenschaft zeigt. Dr. Ijad Madisch, ein in Harvard ausgebildeter Virologe, gewinnt früh den Eindruck, dass der Ego-Gedanke bei Wissenschaftlern besonders stark verbreitet ist. Wenn er bei seinen Experimenten stecken bleibt und seine Kollegen deswegen um Hilfe bittet, wird er kritisiert. Spitzenforscher geben sich keine Blöße, indem sie um Hilfe bitten, heißt es. Es wäre wichtig, ein Image überlegener Kompetenz zu pflegen. Madisch jedoch findet, dass die Wissenschaft eine globale Gemeinschaft braucht, in der Fortschritte wichtiger sind als Egos. Im Jahr 2008 gründet er ResearchGate, ein soziales Netzwerk für Wissenschaftler, das dazu dienen soll, die besten Köpfe des Planeten zusammenzubringen. Während sein Chefarzt ihn noch belächelt, als er diesen um eine Reduzierung seiner Arbeitszeit bittet, um sein Projekt voranzutreiben, wird ResearchGate heute von rund 12 Millionen Wissenschaftlern in 200 Ländern genutzt, wöchentlich kommen 10.000 Mitglieder hinzu und monatlich werden 2,5 Millionen Publikationen hochgeladen. Besonders stolz ist Madisch darauf, dass sich unter den veröffentlichten Informationen auch solche befinden, die offiziell nicht geteilt werden, aber große Bedeutung für die Weiterentwicklung haben, wie etwa Codes oder negative Ergebnisse.
Wissen teilen und mitentscheiden dürfen
Wer im Elfenbeinturm seiner Verantwortungsgrenzen Wissen isoliert, hegt und pflegt, kann in der digitalen Transformation schnell abgehängt werden oder komplexe Zusammenhänge übersehen. Erst die Fähigkeit, das Wissen mit anderen Disziplinen oder Perspektiven zu verknüpfen, erzeugt Wertschöpfung. Dass Mitarbeiter bereit dafür sind, zeigt die 2016 von der TU München durchgeführte Studie „Der Ruf nach Freiheit – innovationsförderliche Arbeitswelten aus Sicht der Arbeitenden“. Danach sagen drei von vier Mitarbeitern (76 Prozent), sie würden ihr Engagement erhöhen, wenn sie über neue Produkte und Entwicklungen mitentscheiden dürften. Und 80 Prozent meinen, dass mit einer stärkeren Teilhabe an firmenrelevanten Entscheidungen die Produktivität ihres Unternehmens steigen würde. Innovation, also die breite Durchsetzung einer Neuerung am Markt, ist ein kooperativer Prozess. Wie Madischs Beispiel zeigt, braucht unsere zutiefst menschliche Fähigkeit, kooperieren zu können, offensichtlich nur den richtigen Impuls. Das Wertesystem, das in der heutigen WIRTSCHAFT Erfolg verspricht, lautet: „So viel Kooperation wie möglich. So wenig Konkurrenz wie nötig.“
W.I.R.-Formel Teil 2: I wie Interessen maximieren
Konkurrenz ist ein Nullsummenspiel. Einer gewinnt, einer verliert. Der wirtschaftliche Ansatz lautet: Möglichst Viele gewinnen. Das geschieht dann, wenn Entscheidungen getroffen werden, die den Interessen möglichst vieler dienen. Kommunikation, also der Austausch von Sichtweisen, mit dem Ziel zu verstehen, die Bereitschaft, Einblick in die eigenen Motive und Bedürfnisse zu geben und das Engagement nach Win-Win-Lösungen zu suchen, sind die Schlüssel dazu.
In Lösungsfindung einbeziehen
Nur wenn Menschen die Möglichkeit eröffnet wird, ihre Interessen kundzutun und nur wenn alle Beteiligten aktiv in die Lösungsfindung einbezogen werden, besteht die Möglichkeit, Win-Win-Lösungen herbeizuführen. Genau das ist dank der technischen Möglichkeiten deutlich einfacher und schneller geworden und zwar unabhängig davon, wo sich jeder gerade befindet. Mit einer Email-Nachricht oder einer Videobotschaft können unzählige Menschen gleichzeitig informiert werden. In internen Netzwerken können Meinungen ausgetauscht und unterschiedliche Ansätze diskutiert werden. Dokumente können schnell hin- und hergeschickt und mit Kommentaren versehen weiterentwickelt werden. Konsensentscheidungen sind dadurch deutlich schneller herbeizuführen.
Virtuelle Kommunikation
Natürlich gilt es dabei, auf die Fallstricke zu achten, denn Kommunikation ist und bleibt eine komplexe Angelegenheit. Wir senden unsere Botschaft nur zu einem kleinen Anteil über die Worte. Der Großteil der Information fließt über Stimme und Körpersprache. Je nachdem, welchen Kommunikationsweg wir wählen, geht ein größerer oder kleinerer Teil der Information verloren. Die Email besteht nur aus Worten, die SMS oder WhatsApp meist aus wenigen Worten und Abkürzungen, da besteht also großer Interpretationsspielraum und damit viel Raum für Missverständnisse. Der Live-Chat besteht zwar auch nur aus Worten, bietet aber zumindest den zeitlich zusammenhängenden Austausch. Das Telefon oder die gesprochene WhatsApp liefert immerhin den Klang der Stimme, damit kommen schon rund 2/3 der Information im Vergleich zum persönlichen Gespräch an. Jede visuelle Unterstützung erhöht die Informationsübertragung und reduziert die Gefahr von Missverständnissen weiter. Ein zusätzlich geteiltes Dokument oder eine Bildschirmpräsentation zum Beispiel schaffen mehr Klarheit über das, was besprochen wird. Kommt dann noch das Kamerabild ins Spiel, haben wir das Optimum erreicht, das virtuelle Kommunikation uns bieten kann.
Vorschussvertrauen
Vertrauen und Integrität bekommen eine noch höhere Bedeutung im Umgang miteinander. Organisationen werden fluider, Hierarchien nehmen ab und es entsteht mehr Freiraum, aber auch mehr Verantwortung für den Einzelnen. Das Vorleben wird zu einem der wichtigsten Führungsinstrumente. Als in einem Unternehmen vor kurzem eine Initiative gestartet wird, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen, reagieren die Führungskräfte unterschiedlich. Während die einen sich freuen, ihren Mitarbeitern mehr Freiheit in der Wahl ihres Arbeitsortes bieten zu können, sorgen sich die anderen in erster Linie darum, ob und wie das ausgenutzt werden kann. Die Spieletheorie, eine Wissenschaftsrichtung, deren bedeutendster Forscher John F. Nash sogar einen Nobelpreis erhalten hat, befasst sich u. a. mit den Folgen mangelnder Kooperation. Viele Beispiele zeigen, dass in so einem Fall ein Ergebnis entsteht, bei dem alle Beteiligten schlechter wegkommen, als wenn sie zusammengearbeitet hätten. Die Forscher beschäftigen sich natürlich auch mit der Frage, was die beste Strategie ist, damit alle Beteiligten profitieren. Es ist Vorschussvertrauen. Das heißt, so zu handeln, als ob man wüsste, dass die andere Partei ebenfalls im Sinne des WIR handelt. Das fällt uns nicht immer leicht, vor allem deswegen, weil wir die Vertrauenswürdigkeit von Menschen gerne unterschätzen. Transparenz im Hinblick auf Hintergründe, Motive und Visionen sowie die Möglichkeit, diese zu diskutieren, helfen dabei, den Rahmen zu definieren, in dem sich jeder eigenverantwortlich auf ein Ziel zu bewegt, das allen dient.
W.I.R.-Formel Teil 3: R wie Reise
Die digitale Transformation ist ein kontinuierlicher Lernprozess, bei dem nicht zu erwarten ist, dass wir jemals wieder einen Status erreichen werden, auf dem wir uns ausruhen können. Das erzeugt Unsicherheit und die Gefahr, Fehler zu machen, ist hoch. Je nach vorherrschendem Klima und Mindset, kann das lähmen oder Kreativität freisetzen und zu gemeinsamem Wachstum führen.
Dynamisches und statisches Selbstbild
Die US-Amerikanische Psychologieprofessorin Carol Dweck hat bei ihren Studien mit hunderten von Studenten sowie Mitarbeitern von Fortune500-Unternehmen entdeckt, dass Menschen zwei sich unterscheidenden Selbstbildern folgen: Das eine Selbstbild ermöglicht, ständig dazu zu lernen und zu wachsen. Das andere Selbstbild beschränkt und lässt einen vor neuen Gelegenheiten zurückschrecken. Sie unterscheidet das dynamische Selbstbild, den sogenannten Growth Mindset und das statische, den sogenannten Fixed Mindset. Menschen mit einem statischen Selbstbild hüten sich davor, Fehler zu machen oder Schwächen einzugestehen. Deswegen halten sie sich am liebsten in ihrer Komfortzone auf und setzen sich ungern Situationen aus, von denen sie nicht sicher sind, sie kontrollieren zu können. Menschen mit einem dynamischen Selbstbild hingegen gehen davon aus, dass Intelligenz und Fähigkeiten sich durch Ausprobieren, Übung und Ausdauer sowie durch die Unterstützung von anderen entwickeln. Sie sind bereit, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen und an ihren Fähigkeiten zu arbeiten. Sie haben nicht den Anspruch, sofort perfekt sein zu müssen, was es ihnen erlaubt, sich anderen mit ihren Fehlern, ihrem Nichtwissen und ihren Schwächen zu zeigen. Führungskräfte, die das vorleben, das heißt also ihre eigene Fehlbarkeit und ihr Nichtwissen anerkennen und teilen, schaffen in ihren Teams psychologische Sicherheit.
Psychologische Sicherheit verspricht Erfolg
Laut einer zweijährigen Studie namens Aristoteles, die Google mit über 180 eigenen Teams durchgeführt hat, ist es für den Teamerfolg nicht so maßgeblich, wer zu den Teams gehört. Das Teamergebnis steht und fällt mit dem Maß an psychologischer Sicherheit, das die Teammitglieder empfinden. Die Professorin Amy Edmondson hat den Begriff bereits 1999 definiert als den Glauben, dass man nicht bestraft oder bloßgestellt wird, wenn man Ideen, Fragen, Bedenken oder Fehler anspricht. Existiert dieser Glaube nicht, stellen Teammitglieder Ergebnisse anderer nicht in Frage und halten ihre Ideen zurück, aus Angst vor Zurückweisung der anderen Teammitglieder. Genau das ist aber fatal, wenn es darum geht, einen Growth Mindset zu erzeugen. Schon einfache Aussagen der Führungskraft wie „Möglicherweise habe ich hier etwas übersehen, was meinen Sie dazu?“ oder wenn sie sich von den eigenen Mitarbeitern technisch auf die Sprünge helfen lässt, beeinflussen das Maß an psychologischer Sicherheit deutlich positiv. Je höher es ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Lust an der Weiterentwicklung entsteht sowie ungewöhnliche und neuartige Ideen geäußert und diskutiert werden.
Richtig genutzt, werden die Möglichkeiten der digitalen Transformation, a) Wissen einfacher zu teilen denn je sowie b) gemeinsam ökonomische Rahmenbedingung zu gestalten, zum Treiber für Kreativität, Innovation und Wachstum. Davon profitieren übrigens nicht nur einige Wenige, sondern möglichst Viele – ganz im Sinnes des WIR in WIRTSCHAFT.