Pokémon Goes Marketing
Augmented Reality auf dem Smartphone (Bildquelle: Screenshot offizielle Pokémon-Go-Webseite)
Massenhaft laufen Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene in diesem wettertechnisch bisher eher mäßigen Sommer durch die Straßen und starren dabei auf ihre Smartphones. Wer sich deshalb in den ersten Tagen nach dem 13. Juli verwundert die Augen rieb, kennt inzwischen längst die Ursache für dieses merkwürdige Verhalten: Pokémon Go zieht seit diesem Tag auch die Menschen hierzulande in seinen Bann. Das vermutlich schon jetzt erfolgreichste mobile Spiel aller Zeiten bricht sämtliche Rekorde. Täglich laden weltweit vier bis fünf Millionen neue Spielerinnen und Spieler die App auf ihr Smartphone. Davon spielen laut Umfragetool-Anbieter Surveymonkey 70 Prozent über den ersten Tag hinaus weiter, also deutlich mehr als der Spiele-App-Durchschnitt von 40 Prozent [1]. Keine Frage: Pokémon Go ist ein Massenphänomen.
Simpel, süß und süchtig machend
Für Vollblut-Gamer ist das Free-2-play-Spielchen rund um Pikachu & Co. alles andere als eine spannende Herausforderung. Auch „Spielamateure“ verinnerlichen Regeln und Verlauf bis auf ein paar Tücken in kürzester Zeit. Gerade das dürfte neben den niedlichen Monstern und der (abschaltbaren) Einbindung der realen Umgebung über die Handykamera in eine Augmented Reality das Spiel so attraktiv machen. Ähnlich wie das Moorhuhnschießen auf unzähligen Desktop-PCs Ende des letzten Jahrtausends besteht das Erfolgsrezept von Pokémon Go aus Einfachheit, süßen Viechern und schnellen Erfolgserlebnissen. Dadurch werden selbst anfänglich kritische Gamer schnell in den Bann des Spiels gezogen.
Monetarisierung und Marketing
Wie bei anderen „kostenlosen“ Spielen verdient der Entwickler, die ehemalige Google-Tochter Niantic, an für den Spielverlauf früher oder später unverzichtbaren Upgrades und Spielelementen sowie am Merchandising. Außerdem werden so etwas wie Köder für Pokéstops verkauft, wohin man schon für einen Euro zeitlich begrenzt Spieler anlocken kann. Laut Niantic-Chef John Hanke soll es in absehbarer Zeit auch gesponserte Pokémon-Treffpunkte geben. Abgerechnet werden soll dann nach Besuchern, die aufgrund von Pokémon Go in das Geschäft oder Lokal kommen.
Was bisher fehlt, sind große Markenanbieter, die per Lizenzvertrag Pokémon Go für die Vermarktung nutzen, wie man das z.B. aktuell von Ice Age kennt. Um eine Zusammenarbeit mit der Fastfood-Kette McDonalds ranken sich Gerüchte. Bekannte Marken wie Ikea oder Nutella werden lediglich über lustige Tweets und Posts online mit dem Spiel in Verbindung gesetzt. Das bietet die große Chance für alle „Kleinen“, den Hype um das Spiel werblich für sich zu nutzen.
Mit Pokéstops Kunden locken
Der Einzelhandel, gastronomische Betriebe und Veranstalter versuchen, mit besagten Pokéstops Kundschaft anzulocken, was durchaus erfolgversprechend ist, besonders wenn jüngere Zielgruppen angesprochen werden sollen. Auch Stefan Hertel, Sprecher des Handelsverbandes Deutschland, sieht Potenzial angesichts des derzeitigen Hypes [2]. Wie bei jedem großen Rummel um eine Neueinführung sind Effekte möglich, wenn sie originell, zielgruppen- und themenaffin kommuniziert werden.
Allerdings sollte sich jeder Anbieter vorher gut überlegen, wie er aus Besuchern zahlende Kunden macht. Rabatte, Gutscheine für erfolgreiche Monsterjäger und witzige Angebote mit Pokémon-Bezug sind nur einige Möglichkeiten, den Hype nicht nur für PR-Gags, sondern für den Abverkauf zu nutzen. Für Handyläden und Elektrofachgeschäfte bieten sich wie in den Mobilcom-Debitel-Shops Akku-Ladestationen mit Hinweis auf den hohen Stromverbrauch durch das Pokémon-Go-Spielen an.
Rechtliche Risiken
Viele kleine (und vereinzelt auch große) Einzelhändler und Gastronomen gehen allzu unbedarft mit der Verwendung des Logos und grafischer Elemente von Pokémon Go um. Dabei handelt es sich um eine geschützte Wort-Bild-Marke, die u.a. beim Deutschen Marken- und Patentamt in München angemeldet ist. Auch die Darstellung der Pokémons ist rechtlich geschützt. Bis jetzt reagieren die Markenrechteinhaber Niantic und Nintendo darauf noch nicht, sehen darin vielleicht auch einen Werbeeffekt für das Spiel. Das kann sich aber schnell ändern und die Verwendung auch im Nachhinein noch teuer werden. Deshalb sollten Werbetreibende keine markenrechtlich geschützten Abbildungen verwenden und unbedingt den Eindruck vermeiden, sie würden mit Niantic oder Nintendo kooperieren.
Mit ihrem Facebook-Post, in dem nur indirekt auf Pokémon Go Bezug genommen wird, steht die Sparkasse auf der rechtlich sicheren Seite (Bildquelle: Screenshot Sparkassen-Profil bei Facebook (19.07.2016))
Datenverwendung und Datenschutz
Rechtliche Risiken tragen auch die Spielerinnen und Spieler. Der Nutzungsvertrag für Pokémon Go enthält einige rechtlich problematische Klauseln, die gerade bei der Elterngeneration zu einem Imageverlust führen können. Zwar wurden einige Regelungen zum Datenzugriff bereits entschärft, trotzdem werden weiterhin viele Nutzerdaten erfasst und an Dritte weitergeleitet, ohne Umfang, Anlass und Empfänger eindeutig zu benennen. Die Daten, u.a. Bewegungsprofile, landen vermutlich auf Servern in den USA. Wer sie für seine Marketingaktivitäten nutzen kann bzw. von wem sie in welchem Umfang erworben werden können, ist unklar. Für europäische Firmen dürfte es schwierig sein, auch nur Teile dieses „Datenschatzes“ zu erwerben.
Rechtliche Probleme
Was Verbraucherschützern sauer aufstößt, ist die Klausel im Nutzungsvertrag, die Niantic das Recht einräumt, ohne jede Verpflichtung und nach eigenem Ermessen mit realem Geld gekaufte virtuelle Güter zu verändern oder zu entfernen. Gekauft ist also nicht vollumfänglich erworben. Das benachteiligt laut Henry Krasemann vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein in einem Beitrag für Heise online [3] Verbraucher „in übermäßigem Maße“ und verstößt seines Erachtens gegen deutsches Recht.
Zu einer Klagewelle kann der sprunghafte Anstieg an Screenshots von Spielszenen aus Pokémon Go in Social Media führen, da darauf häufig Passanten ohne ihre Einwilligung abgelichtet worden sind.
Potenzial ohne Euphoriefaktor
Fazit: Pokémon Go kann Umsatzzuwächse bringen und vor allem junge Zielgruppen neu erschließen, wenn erstens über die Einrichtung eines Pokéstops potenzielle Kunden in eine Location gezogen werden und das richtige, zum Thema passende Angebot gemacht wird. Zweitens bieten Kommunikationsstrategien mit Pokémon-Go-Bezug vor allem online vergleichbare Marketingeffekte. Wichtig ist dabei die Beachtung der Markenrechte. Für finanzkräftige Marktteilnehmer werden zukünftige Lizenz- und Vermarktungsmodelle bewährte Kampagnenmöglichkeiten eröffnen. Der Hype wird sicherlich lange genug anhalten, um mit derartigen Kampagnen die gewünschten Zielgruppen zu erreichen.
Quellen:
[1] http://t3n.de/news/pokemongo-umsatz-726922/
[2] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/monstergeschaeft-pokemon-go-pokemon-spieler-sollen-das-geschaeft-ankurbeln/13881952-2.html
[3] http://www.heise.de/ct/artikel/Pokemon-Go-Datenschuetzer-kritisiert-Nutzungsbedingungen-3269009.html
Autor: Stephan Bordt
Massenhaft laufen Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene in diesem wettertechnisch bisher eher mäßigen Sommer durch die Straßen und starren dabei auf ihre Smartphones. Wer sich deshalb in den ersten Tagen nach dem 13. Juli verwundert die Augen rieb, kennt inzwischen längst die Ursache für dieses merkwürdige Verhalten: Pokémon Go zieht seit diesem Tag auch die Menschen hierzulande in seinen Bann. Das vermutlich schon jetzt erfolgreichste mobile Spiel aller Zeiten bricht sämtliche Rekorde. Täglich laden weltweit vier bis fünf Millionen neue Spielerinnen und Spieler die App auf ihr Smartphone. Davon spielen laut Umfragetool-Anbieter Surveymonkey 70 Prozent über den ersten Tag hinaus weiter, also deutlich mehr als der Spiele-App-Durchschnitt von 40 Prozent [1]. Keine Frage: Pokémon Go ist ein Massenphänomen.
Simpel, süß und süchtig machend
Für Vollblut-Gamer ist das Free-2-play-Spielchen rund um Pikachu & Co. alles andere als eine spannende Herausforderung. Auch „Spielamateure“ verinnerlichen Regeln und Verlauf bis auf ein paar Tücken in kürzester Zeit. Gerade das dürfte neben den niedlichen Monstern und der (abschaltbaren) Einbindung der realen Umgebung über die Handykamera in eine Augmented Reality das Spiel so attraktiv machen. Ähnlich wie das Moorhuhnschießen auf unzähligen Desktop-PCs Ende des letzten Jahrtausends besteht das Erfolgsrezept von Pokémon Go aus Einfachheit, süßen Viechern und schnellen Erfolgserlebnissen. Dadurch werden selbst anfänglich kritische Gamer schnell in den Bann des Spiels gezogen.
Monetarisierung und Marketing
Wie bei anderen „kostenlosen“ Spielen verdient der Entwickler, die ehemalige Google-Tochter Niantic, an für den Spielverlauf früher oder später unverzichtbaren Upgrades und Spielelementen sowie am Merchandising. Außerdem werden so etwas wie Köder für Pokéstops verkauft, wohin man schon für einen Euro zeitlich begrenzt Spieler anlocken kann. Laut Niantic-Chef John Hanke soll es in absehbarer Zeit auch gesponserte Pokémon-Treffpunkte geben. Abgerechnet werden soll dann nach Besuchern, die aufgrund von Pokémon Go in das Geschäft oder Lokal kommen.
Was bisher fehlt, sind große Markenanbieter, die per Lizenzvertrag Pokémon Go für die Vermarktung nutzen, wie man das z.B. aktuell von Ice Age kennt. Um eine Zusammenarbeit mit der Fastfood-Kette McDonalds ranken sich Gerüchte. Bekannte Marken wie Ikea oder Nutella werden lediglich über lustige Tweets und Posts online mit dem Spiel in Verbindung gesetzt. Das bietet die große Chance für alle „Kleinen“, den Hype um das Spiel werblich für sich zu nutzen.
Mit Pokéstops Kunden locken
Der Einzelhandel, gastronomische Betriebe und Veranstalter versuchen, mit besagten Pokéstops Kundschaft anzulocken, was durchaus erfolgversprechend ist, besonders wenn jüngere Zielgruppen angesprochen werden sollen. Auch Stefan Hertel, Sprecher des Handelsverbandes Deutschland, sieht Potenzial angesichts des derzeitigen Hypes [2]. Wie bei jedem großen Rummel um eine Neueinführung sind Effekte möglich, wenn sie originell, zielgruppen- und themenaffin kommuniziert werden.
Allerdings sollte sich jeder Anbieter vorher gut überlegen, wie er aus Besuchern zahlende Kunden macht. Rabatte, Gutscheine für erfolgreiche Monsterjäger und witzige Angebote mit Pokémon-Bezug sind nur einige Möglichkeiten, den Hype nicht nur für PR-Gags, sondern für den Abverkauf zu nutzen. Für Handyläden und Elektrofachgeschäfte bieten sich wie in den Mobilcom-Debitel-Shops Akku-Ladestationen mit Hinweis auf den hohen Stromverbrauch durch das Pokémon-Go-Spielen an.
Rechtliche Risiken
Viele kleine (und vereinzelt auch große) Einzelhändler und Gastronomen gehen allzu unbedarft mit der Verwendung des Logos und grafischer Elemente von Pokémon Go um. Dabei handelt es sich um eine geschützte Wort-Bild-Marke, die u.a. beim Deutschen Marken- und Patentamt in München angemeldet ist. Auch die Darstellung der Pokémons ist rechtlich geschützt. Bis jetzt reagieren die Markenrechteinhaber Niantic und Nintendo darauf noch nicht, sehen darin vielleicht auch einen Werbeeffekt für das Spiel. Das kann sich aber schnell ändern und die Verwendung auch im Nachhinein noch teuer werden. Deshalb sollten Werbetreibende keine markenrechtlich geschützten Abbildungen verwenden und unbedingt den Eindruck vermeiden, sie würden mit Niantic oder Nintendo kooperieren.
Mit ihrem Facebook-Post, in dem nur indirekt auf Pokémon Go Bezug genommen wird, steht die Sparkasse auf der rechtlich sicheren Seite (Bildquelle: Screenshot Sparkassen-Profil bei Facebook (19.07.2016))
Datenverwendung und Datenschutz
Rechtliche Risiken tragen auch die Spielerinnen und Spieler. Der Nutzungsvertrag für Pokémon Go enthält einige rechtlich problematische Klauseln, die gerade bei der Elterngeneration zu einem Imageverlust führen können. Zwar wurden einige Regelungen zum Datenzugriff bereits entschärft, trotzdem werden weiterhin viele Nutzerdaten erfasst und an Dritte weitergeleitet, ohne Umfang, Anlass und Empfänger eindeutig zu benennen. Die Daten, u.a. Bewegungsprofile, landen vermutlich auf Servern in den USA. Wer sie für seine Marketingaktivitäten nutzen kann bzw. von wem sie in welchem Umfang erworben werden können, ist unklar. Für europäische Firmen dürfte es schwierig sein, auch nur Teile dieses „Datenschatzes“ zu erwerben.
Rechtliche Probleme
Was Verbraucherschützern sauer aufstößt, ist die Klausel im Nutzungsvertrag, die Niantic das Recht einräumt, ohne jede Verpflichtung und nach eigenem Ermessen mit realem Geld gekaufte virtuelle Güter zu verändern oder zu entfernen. Gekauft ist also nicht vollumfänglich erworben. Das benachteiligt laut Henry Krasemann vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein in einem Beitrag für Heise online [3] Verbraucher „in übermäßigem Maße“ und verstößt seines Erachtens gegen deutsches Recht.
Zu einer Klagewelle kann der sprunghafte Anstieg an Screenshots von Spielszenen aus Pokémon Go in Social Media führen, da darauf häufig Passanten ohne ihre Einwilligung abgelichtet worden sind.
Potenzial ohne Euphoriefaktor
Fazit: Pokémon Go kann Umsatzzuwächse bringen und vor allem junge Zielgruppen neu erschließen, wenn erstens über die Einrichtung eines Pokéstops potenzielle Kunden in eine Location gezogen werden und das richtige, zum Thema passende Angebot gemacht wird. Zweitens bieten Kommunikationsstrategien mit Pokémon-Go-Bezug vor allem online vergleichbare Marketingeffekte. Wichtig ist dabei die Beachtung der Markenrechte. Für finanzkräftige Marktteilnehmer werden zukünftige Lizenz- und Vermarktungsmodelle bewährte Kampagnenmöglichkeiten eröffnen. Der Hype wird sicherlich lange genug anhalten, um mit derartigen Kampagnen die gewünschten Zielgruppen zu erreichen.
Quellen:
[1] http://t3n.de/news/pokemongo-umsatz-726922/
[2] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/monstergeschaeft-pokemon-go-pokemon-spieler-sollen-das-geschaeft-ankurbeln/13881952-2.html
[3] http://www.heise.de/ct/artikel/Pokemon-Go-Datenschuetzer-kritisiert-Nutzungsbedingungen-3269009.html
Autor: Stephan Bordt