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Haftung für Werbeverstöße von Beauftragten

Durch eine Reihe jüngerer Gerichtsentscheidungen ist die Frage der Haftung für Werbeverstöße von Beauftragten (z. B. Callcentern) in das Bewusstsein gerückt.
Jens Eckhardt | 18.04.2012
Die Crux dieser Haftung ist, dass der in Anspruch genommene für die Wettbewerbsverstöße eines Dritten haftet „wie für eigene“ Verstöße. Er muss gegebenenfalls ebenso eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben wie der Beauftragte selbst.



Beispiel

In einem durch das OLG Frankfurt am Main entschiedenen Fall (Urt. v. 11.08.2011, 6 U 182/10) hatte ein Callcenter im Auftrag eines Versicherungsunternehmens versucht, Kunden durch Telefonwerbung zum Abschluss eines Versicherungsvertrags mit dem Versicherungsunternehmen zu veranlassen. Das Callcenter hat dazu „seinen Datenbestand“ angerufen, ohne dass das Versicherungsunternehmen von diesem Datenbestand davor oder danach Kenntnis hatte.

Neben dem Callcenter, das im Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen Verstoßes gegen das Verbot der Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne Einwilligung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) abgegeben hatte, wurde das Versicherungsunternehmen ebenfalls auf Abgabe einer solchen strafbewehrten Unterlassungserklärung in Anspruch genommen.



Entscheidung des Gerichts

In seinem Leitsatz formuliert das Gericht die Beauftragtenhaftung für das Callcenter so: „Begeht ein Callcenter, das im Auftrag eines Versicherungsunternehmens Kunden telefonisch zum Abschluss eines Versicherungsvertrages mit diesem Unternehmen zu veranlassen sucht, anlässlich dieser Telefongespräche Wettbewerbsverstöße, hat das Versicherungsunternehmen hierfür nach den Vorschriften über die Beauftragtenhaftung wettbewerbsrechtlich auch dann einzustehen, wenn das Callcenter die Daten der anzurufenden Personen aus seinem eigenen Bestand entnimmt.“ (Leitsatz, OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.08.2011, 6 U 182/10)



Rechtliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für diese Haftung für einen Beauftragten ist § 8 Abs. 2 UWG: „Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.“ Beauftragter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG kann – wie das OLG Frankfurt in dieser Entscheidung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2011 ausführt – auch ein selbständiges Unternehmen sein, das in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in einer Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Betriebsinhaber zugute kommt und dieser auf das Unternehmen einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss hat; ob der Betriebsinhaber von der Möglichkeit Gebrauch macht, diesen Einfluss auszuüben, spielt dabei keine Rolle.

Dem Argument, die Versicherung habe keine Einflussmöglichkeit auf den Datenbestand der Kunden, welcher dem Callcenter „gehöre“, erteilt das OLG Frankfurt am Main in dieser Entscheidung eine Absage. Denn auf eine solche Möglichkeit zur Einflussnahme kommt es für die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG nicht an. Allein entscheidend ist – so das OLG Frankfurt am Main weiter –, dass das Callcenter fremde, nicht in ihrer eigenen Verfügungsgewalt sondern in der des Versicherungsunternehmens, befindliche Produkte vermittelt und das Versicherungsunternehmen mithin rechtlich die Möglichkeit hat, die Vertragsbeziehungen zu dem Callcenter – vergleichbar denen mit einem abhängig Beschäftigten – so auszugestalten, dass unlautere Wettbewerbshandlungen unterbleiben. Als Beispiele für solche Instrumente nennt das OLG Frankfurt strafbewehrte Verpflichtungserklärungen bis hin zur fristlosen Kündigung im Falle der Nichtbeachtung der Vorgaben des Versicherungsunternehmens.



Fazit und Relevanz für die Praxis

Eine Delegation des Risikos „bei vollem Genuss“ der Vorteile kommt daher in diesen Fällen nicht in Betracht. Denn die Entscheidung macht deutlich, dass eine Haftung für Handlungen Dritter für den von der Werbemaßnahme Begünstigten sehr weit reichen kann, sofern er einen Einfluss auf diesen Dritten hat. Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main verdeutlicht, dass die Schwelle zu einem solchem Einfluss und zur Haftung nicht sehr hoch sein muss.