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Der Global Risks Report 2024 sieht Fehl- und Desinformation als das größte kurzfristige Risiko

Extreme Wetterereignisse und kritische Veränderungen der Erdsysteme bereiten langfristig die größten Sorgen.
11.01.24
© Gabriele Braun
 

Der Global Risks Report 2024 des World Economic Forum warnt
vor einer globalen Risikolandschaft, in der bereits erzielte Fortschritte in der menschlichen Entwicklung allmählich wieder erodieren. Verschiebungen in der globalen Machtdynamik, im Klima, in der Technologie und in der Demografie bringen die Anpassungsfähigkeit sowohl von Staaten als auch Einzelpersonen an ihre Grenzen.


Zu diesem Ergebnis kommt der gestern veröffentlichte Global Risks Report 2024, Er warnt davor, dass die Kooperationsbereitschaft bei der Bewältigung drängender globaler Probleme zunehmend bröckeln könnte. Dies erfordert neue Ansätze in der Risikobewältigung. Zwei Drittel der globalen Experten gehen davon aus, dass sich in den nächsten zehn Jahren eine multipolare oder fragmentierte Weltordnung herausbilden wird, in der Mittel- und Großmächte in Konkurrenz zueinander neue Regeln und Normen setzen – aber auch durchsetzen – werden.


Der Bericht, der in Zusammenarbeit mit der Zurich Insurance Group und Marsh McLennan erstellt wurde, stützt sich auf die Perspektiven von über 1.400 globalen Risikoexperten und führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, die im September 2023 befragt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die globalen Aussichten kurzfristig überwiegend negativ eingeschätzt werden und sich langfristig sogar noch weiter verschlechtern. Für die kommenden beiden Jahre erwarten 30 Prozent der globalen Experten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit globaler Katastrophen; für die nächsten 10 Jahre steigt dieser Anteil auf fast zwei Drittel.


„Eine instabile Weltordnung, die von polarisierenden Narrativen und Unsicherheit gekennzeichnet ist, die sich verschärfenden Auswirkungen extremer Wetterereignisse und wirtschaftliche Unsicherheit führen dazu, dass sich Risiken – einschließlich Fehl- und Desinformationen – beschleunigen und immer weiter ausbreiten“, sagte Saadia Zahidi, Managing Director beim World Economic Forum. „Die Führungspersonen der Welt müssen zusammenkommen, um kurzfristige Krisen zu  bewältigen und die Grundlagen für eine widerstandsfähigere, nachhaltigere und integrativere Zukunft zu schaffen".


Zunahme von Desinformation und Konflikten


Die Besorgnis über eine anhaltende Krise bei den Lebenshaltungskosten und die miteinander verknüpften Risiken von KI-gesteuerter Fehl- und Desinformation sowie gesellschaftlicher Polarisierung dominieren den Risikoausblick für 2024. Der Zusammenhang zwischen Falschinformationen und gesellschaftlichen Unruhen wird bei den Wahlen, die in den nächsten zwei Jahren in mehreren großen Volkswirtschaften anstehen, im Fokus sein. Bewaffnete zwischenstaatliche Konflikte gehören zu den fünf größten Sorgen für die nächsten zwei Jahre. Mit Blick auf eine Reihe von aktuellen Konflikten führen die zugrundeliegenden geopolitischen Spannungen sowie das Risiko einer schwindenden gesellschaftlichen Resilienz dazu, dass Konflikte übergreifen können.


Wirtschaftliche Unsicherheit und rückläufige Entwicklung


Anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit und eine wachsende ökonomische und technologische Kluft werden die kommenden Jahre prägen. Der Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten steht in den nächsten zwei Jahren an sechster Stelle. Längerfristig könnten sich Barrieren für eine ökonomische Mobilität aufbauen, die große Teile der Bevölkerung von wirtschaftlichen Chancen ausschliessen. Konfliktgefährdete oder klimasensible Länder könnten zunehmend von Investitionen, Technologien und der damit verbundenen Schaffung von Arbeitsplätzen abgeschnitten werden. Fehlende Wege zu einer sicheren Existenzgrundlage können Menschen anfälliger für Kriminalität, Militarisierung oder Radikalisierung machen.


Ein Planet in Gefahr


Umweltrisiken dominieren weiterhin die Risikolandschaft über alle Zeiträume. Zwei Drittel der globalen Experten sind 2024 über extreme Wetterereignisse besorgt. Extremwetter, kritische Veränderungen der Erdsysteme, der Verlust der Artenvielfalt und der Zusammenbruch von Ökosystemen, die Verknappung natürlicher Ressourcen und Umweltverschmutzung stellen fünf der 10 größten Risiken im nächsten Jahrzehnt dar. Die befragten Experten waren sich jedoch uneinig
über die Dringlichkeit der Risiken – Befragte aus dem privaten Sektor erwarten eher als Befragte aus der Zivilgesellschaft oder dem öffentlichen Sektor, dass die meisten Umweltrisiken über einen längeren Zeitraum hinweg eintreten werden. Dies deutet auf ein wachsendes Risiko hin, dass unumkehrbare Kipppunkte erreicht werden.


Reaktion auf Risiken


Der Bericht fordert politische und wirtschaftliche Entscheider auf, Maßnahmen zur Bewältigung globaler Risiken zu evaluieren. Er empfiehlt, die globale Zusammenarbeit auf die rasche Entwicklung von Schutzmechanismen gegen die disruptivsten neuen Risiken zu konzentrieren. Der Bericht untersucht jedoch auch andere Arten von Maßnahmen, die nicht notwendigerweise auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit angewiesen sind. Dazu gehören beispielsweise digitale Aufklärungskampagnen gegen Fehl- und Desinformation, um die Widerstandsfähigkeit von Individuen und Staaten zu stärken, oder die Förderung intensiverer Forschung und Entwicklung von Klimamodellen und Technologien, um so die Energiewende zu beschleunigen. Hier sind sowohl der öffentliche als auch der private Sektor gefordert.