Seminar- und Coachingerfolge?
Evaluation von Seminaren, Kalkulation des Return on Invest, Nachhaltigkeit - das sind nur 3 Fragen, mit denen Anbieter von Seminaren & Coachings völlig zu Recht konfrontiert werden. Nun wurde wissenschaftlich der Frage nachgegangen, welchen Anteil die direkte Führungskraft am Lernerfolg der Teilnehmer hat. Das Ergebnis muss alle Führungskräfte aufhorchen lassen!
Bedeutung des Umfelds für den Trainings-Transfer:
Steigende Arbeitskosten und erhöhter Zeitdruck führen dazu, dass die Anforderungen an betriebliche Weiterbildungen gestiegen sind. Wenn ein/e MitarbeiterIn ein mehrtägiges Seminar besucht, sind damit - zu Recht - hohe Erwartungen an den Transfer des Gelernten in den betrieblichen Alltag verbunden.
Eine umfangreiche Studie der beiden Organisationspsychologinnen Julia Leitl und Jeanette Zempel-Dohmen von der Universität Nürnberg-Erlangen hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich diese Transfermotivation im Laufe der Zeit verändert und welche Einflussgrößen von Bedeutung sind, wenn man die Transfermotivation der Seminarteilnehmer erhalten und fördern will.
Zum theoretischen Hintergrund:
Transfermotivation beschreibt den Wunsch von TeilnehmerInnen, das im Seminar angeeignete Wissen und Können am Arbeitsplatz anzuwenden und umzusetzen.
Bislang vorliegende Untersuchungen deuteten darauf hin, dass diese Motivation nach dem Ende der Maßname zunehmend absinkt. Der genaue Verlauf war aber nicht im Detail bekannt.
Ziel der Forschungsarbeit war es
> den genauen Verlauf den entsprechenden Entwicklung herauszufinden und
> zu klären, welche Variablen einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Trainings Transfer Motivation nehmen, sodass die "Kurve" weniger steil abfällt.
Zum Untersuchungsdesign:
Die Autorinnen befragten im Rahmen ihrer Studie über 163 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von 25 Trainings dreier überregional arbeitender deutscher Weiterbildungsinstitute. Es handelte sich hierbei um Führungs-, Sozialkompetenz- und Verkaufstrainings. Die Erhebung der Trainings-Transfer Motivation fand zu drei Zeitpunkten statt: Zu Beginn des Trainings, am Ende des Trainings und ca. drei Monate nach dem Trainingstermin. Die Erhebung erfolgte in schriftlicher Form und beinhaltete verschiedene Fragen, die aus diversen Fragebögen (Skalen) entnommen wurden.
Zu den Ergebnissen:
Alles deutet darauf hin, dass die Motivation, das im Seminar erlernte Wissen im Alltag anzuwenden, nach dem Ende der Maßname progressiv absinkt, um sich dann nach 2-3 Monaten auf relativ niedrigem Niveau zu stabilisieren.
Einflussmöglichkeiten:
Als alles entscheidender Einflussfaktor kristallisierte sich das direkte Arbeitsumfeld der Teilnehmer heraus. Wesentlich erwiesen sich dabei folgende Faktoren:
1) Hauptfaktor: Soziale Unterstützung durch den Vorgesetzten.
Den direkten Vorgesetzten kommt die entscheidende Rolle zu. Sie sollten das Trainingsvorhaben Ihres Mitarbeiters von Beginn an unterstützen. Permanentes "In-Frage- Stellen" der Sinnhaftigkeit der geplanten Maßnahme oder Betonen der "eigentlich gegebenen zeitlichen Unabkömmlichkeit" des Mitarbeiters während des Seminars wirken hier störend. Vorgesetzte sollten dabei Vor- und Nachbereitungsgespräche mit Ihren Mitarbeitern führen, in welchen über den Grund der Trainings, den Inhalt, die Relevanz und den erwarteten Nutzen gesprochen wird.
Weiterhin sollte bereits im Vorfeld darüber beraten werden, welche Möglichkeiten und Methoden zur Anwendung des Gelernten bestehen.
Nach dem Training ist es Aufgabe des Vorgesetzten, dem Mitarbeiter bei der Umsetzung einzelner Lerninhalte unterstützend zur Seite zu stehen. Die stufenweise Übertragung entsprechender Aufgaben und das wohlwollende In- Kauf- Nehmen anfänglicher Fehler, spielen hier die entscheidende Rolle.
Aufgabe und Feedback:
Als weiterer entscheidender Einflussfaktor ist die Wirkung von Feedback durch die Aufgabe selbst sowie Feedback durch Mitglieder des (engen) sozialen Netzwerkes zu berücksichtigen.
Feedback durch die Aufgabe meint, dass sich der Mitarbeiter im Anschluss an das Seminar in seinem Arbeitsumfeld ausprobieren kann und hier unmittelbar und direkt Rückmeldungen über Erfolg/Misserfolg erhält.
Von Bedeutung ist hier auch der Handlungsspielraum des Mitarbeiters, also die Komplexität der Aufgabe und die Möglichkeit zur direkten Einflussnahme.
Feedback durch das soziale Netzwerk bedeutet Rückmeldung von einem engen Kreis von Freunden und Bezugspersonen - der "weitere (und fremde) Kollegenkreis" spielt hier -im Gegensatz zur ersten Erwartung der Forscherinnen - eine eher untergeordnete Rolle.
Honorierung:
Nicht zu unterschätzen sollte man auch die die Wirkung immaterieller (Lob) und materieller (Prämien) Honorierung des Transfers durch die Vorgesetzten und das Umfeld.
Persönlichkeit des Teilnehmers:
Beachtlichen Einfluss auf die Transfermotivation hat nach wie vor die Persönlichkeit des Betreffenden selbst. Zu nennen ist hier vor allem eine Eigenschaft, die Fachleute unter dem Begriff "Generalisierte Selbstwirksamkeitsüberzeugung" subsummieren.
Darunter versteht man die innere Überzeugung, selbst entscheidenden und nachhaltigen Einfluss auf die Folgen seines eigenen Tuns zu haben; verfügen die TN über ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit, dann sind sie trotz anfänglicher Probleme von ihrer eigenen Transferfähigkeit überzeugt und somit länger zum Transfer motiviert als Personen mit geringerer Selbstwirksamkeitsüberzeugung.
Zeitdruck:
Und last but not least: Zwar geringeren als erwartet - wenngleich nicht übersehbaren - Einflusss hat der Zeitdruck, unter dem die Mitarbeiter vor und nach der Maßname standen.
(Quelle: Universität Nürnberg, Organisationspsychologinnen Julia Leitl und Jeanette Zempel-Dohmen)
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Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Einstellung und das Verhalten des direkten Vorgesetzten DEN entscheidenden Einfluss auf die Trainings-Transfer-Motivation von Trainingsteilnehmern ausübt.
Hinsichtlich der berechtigten Evaluation von Seminaren und dem „RoI“ einer Maßnahme trägt also die Führungskraft ebensolche Verantwortung wie die durchführenden Spezialisten.
Betrachtet man das andauernde Unterstellungs- und damit Machtverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter (welches zwischen Teilnehmer und Spezialist fehlt bzw. nur eingeschränkt und temporär präsent ist), so kommt der direkten Führungskraft sogar eine erheblich grössere Bedeutung zu. SIE ist es, die über den andauernden Nutzen eines Seminars, Coachings u.a. entscheidet. Bewusst – oder unbewusst.
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