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Bereits Werbung für Plagiat greift in Urheberrecht ein

Timo Schutt | 17.11.2015
Der BGH hat entschieden, dass das urheberrechtliche Verbreitungsrecht auch das Recht umfasst, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten. Dieses Recht kann schon durch eine, nicht notwendig zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werks führende, Werbung verletzt sein.

Die Entscheidung basiert auf drei unterschiedlichen Fällen, die dem BGH zur Entscheidung vorgelegt wurden.

Im einem der Verfahren hat die Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Möbeln nach Entwürfen von Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe geklagt. Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite und in deutschlandweit erscheinenden Tageszeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekten für den Kauf ihrer Möbel. Dazu gehörten auch Nachbildungen der von Marcel Breuer entworfenen Möbel.

Im zweiten Verfahren klagte die Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Leuchten nach Entwürfen von Wilhelm Wagenfeld. Die Beklagte bringt Nachbildungen dieser Leuchten auf den Markt. Sie wirbt deutschsprachig im Internet und in Printmedien unter wörtlicher oder bildlicher Bezugnahme auf die Leuchte mit der Möglichkeit des Bezugs in Italien.

Die Klägerinnen sind hier jeweils der Ansicht, die Beklagten würden mit ihrer Werbung das Recht der Urheber, Vervielfältigungsstücke des Werks der Öffentlichkeit anzubieten, verletzen.

Die Beklagte in dem dritten Verfahren schließlich betreibt im Internet einen Tonträgerhandel. Auf der Internetseite der Beklagten wurde eine DVD angeboten. Die Aufnahme war vom aufführenden Künstler nicht autorisiert worden. Die Klägerin war hier eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Kanzlei mahnte die Beklagte im Auftrag des Künstlers ab. Sie ist der Ansicht, das Anbieten der DVD verletze das Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers.

In allen drei Fällen also wurde entschieden, dass schon die Werbung für das geschützte Produkt ein rechtswidriger, also damit auch abmahnfähiger Eingriff in das Urheberrecht darstellt. Und zwar unabhängig davon, ob es aufgrund der Werbung überhaupt zu einem Verkauf der geschützten Werke gekommen ist. Der Europäische Gerichtshof hatte nämlich zuvor auf eine Vorlage des BGH genau das auf der Basis einer EU-Richtlinie entschieden.

Es kommt demnach allein darauf an, ob die Werbung die Verbraucher des EU-Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt ist, zu dessen Erwerb anrege.

(Bundesgerichtshof, Urteile vom 05.11.2015 - I ZR 91/11; I ZR 76/11 und I ZR 88/13)

Unsere Meinung

Damit liegt ein rechtswidriger Eingriff in das Urheberrecht schon wesentlich früher vor, als bislang angenommen. Alleine die Werbung für die Nachahmung eines geschützten Werks – egal, ob es sich um ein Möbelstück, eine DVD oder CD oder sonst eine dem Urheberrecht unterfallende geistige Schöpfung handelt – genügt damit, eine Urheberrechtsverletzung zu begehen, die kostenpflichtig abgemahnt werden kann.

Das bedeutet im Ergebnis, dass eine rechtliche Prüfung und Beratung bereits vor Anbieten des Produkts zu erfolgen hat. Besteht keine Berechtigung zum Anbieten des Werkes ist damit schon auf die Werbung selbst zu verzichten.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht