Zirkusartisten und Scheinselbständigkeit
Ein Zirkus engagierte eine Artisten-Gruppe für Auftritte. Vereinbart als Aufführung war eine „Hochseil- und Todesradnummer, gesehen wie auf dem Video auf Youtube“. Zirkus und Artisten-Gruppe schlossen daraufhin einen „Vertrag über freie Mitarbeit“.
Bei der Premiere verunglückte ein Artist. Als die Gruppe erfahren hatte, dass der Zirkus sie nicht bei der Krankenversicherung angemeldet hatte, weigerten sie sich aufzutreten. Daraufhin kündigte der Zirkus den Freien-Mitarbeiter-Vertrag.
Vor Gericht ging es nun um die Frage, ob die Artisten tatsächlich Freie Mitarbeiter waren oder nicht doch Scheinselbständige, also in Wahrheit eigentlich Arbeitnehmer.
Der große Unterschied für die Artisten: Der verletzte Artist hätte dann Anspruch auf Lohnfortzahlung gehabt und wäre krankenversichert gewesen.
Das Bundesarbeitsgericht lehnte nun in letzter Instanz die Klage der Artisten ab: Sie gelten tatsächlich als freie Mitarbeiter.
Das Bundesarbeitsgericht erkannte nicht die für die Scheinselbständigkeit erforderliche Abhängigkeit von Weisungen des Zirkus. Der Zirkus habe zwar Vorgaben für die Aufführung gemacht, aber letztlich keinen Einfluss auf die Darbietung selbst genommen; er habe die Darbietung lediglich „gekauft wie gesehen“ unter Verweis auf das Youtube-Video.
Ein unterschätztes Risiko
Das Thema Scheinselbständigkeit wird gerne unterschätzt: Natürlich mag eine Freie Mitarbeiterschaft für den Auftraggeber (bzw. Arbeitgeber) billiger und einfacher sein – das allein spricht aber nicht für die Zulässigkeit für die Freie Mitarbeiterschaft.
Vielfach schmücken sich Agenturen und Dienstleister mit “fremden Federn”: Sie haben viele Freie Mitarbeiter. Das ist für sich gesehen nicht schlimm bzw. verboten. Nur: Wenn nun die Agentur bzw. der Dienstleister damit den Eindruck erwecken will, dass er ein großes Unternehmen sei (weil er ja viele “Mitarbeiter” hat), dann spricht das für Scheinselbständigkeit.
Im Übrigen macht sich der Schein-Auftraggeber, also der Arbeitgeber, gleich zweifach strafbar: Einmal wegen Steuerhinterziehung (er zahlt ja keine Lohnsteuer für seinen scheinselbständigen Arbeitnehmer, sondern nur Umsatzsteuer, die er als Vorsteuer aber wieder zurückholt) und einmal wegen Nichtabführens von Sozialversicherungsleistungen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)
Bei der Premiere verunglückte ein Artist. Als die Gruppe erfahren hatte, dass der Zirkus sie nicht bei der Krankenversicherung angemeldet hatte, weigerten sie sich aufzutreten. Daraufhin kündigte der Zirkus den Freien-Mitarbeiter-Vertrag.
Vor Gericht ging es nun um die Frage, ob die Artisten tatsächlich Freie Mitarbeiter waren oder nicht doch Scheinselbständige, also in Wahrheit eigentlich Arbeitnehmer.
Der große Unterschied für die Artisten: Der verletzte Artist hätte dann Anspruch auf Lohnfortzahlung gehabt und wäre krankenversichert gewesen.
Das Bundesarbeitsgericht lehnte nun in letzter Instanz die Klage der Artisten ab: Sie gelten tatsächlich als freie Mitarbeiter.
Das Bundesarbeitsgericht erkannte nicht die für die Scheinselbständigkeit erforderliche Abhängigkeit von Weisungen des Zirkus. Der Zirkus habe zwar Vorgaben für die Aufführung gemacht, aber letztlich keinen Einfluss auf die Darbietung selbst genommen; er habe die Darbietung lediglich „gekauft wie gesehen“ unter Verweis auf das Youtube-Video.
Ein unterschätztes Risiko
Das Thema Scheinselbständigkeit wird gerne unterschätzt: Natürlich mag eine Freie Mitarbeiterschaft für den Auftraggeber (bzw. Arbeitgeber) billiger und einfacher sein – das allein spricht aber nicht für die Zulässigkeit für die Freie Mitarbeiterschaft.
Vielfach schmücken sich Agenturen und Dienstleister mit “fremden Federn”: Sie haben viele Freie Mitarbeiter. Das ist für sich gesehen nicht schlimm bzw. verboten. Nur: Wenn nun die Agentur bzw. der Dienstleister damit den Eindruck erwecken will, dass er ein großes Unternehmen sei (weil er ja viele “Mitarbeiter” hat), dann spricht das für Scheinselbständigkeit.
Im Übrigen macht sich der Schein-Auftraggeber, also der Arbeitgeber, gleich zweifach strafbar: Einmal wegen Steuerhinterziehung (er zahlt ja keine Lohnsteuer für seinen scheinselbständigen Arbeitnehmer, sondern nur Umsatzsteuer, die er als Vorsteuer aber wieder zurückholt) und einmal wegen Nichtabführens von Sozialversicherungsleistungen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)