print logo

Keine Haftung des Betreibers nach Kopfsprung in See

Timo Schutt | 15.06.2015
Wir haben oft Fragen und Diskussionen, was ein Verantwortlicher tun muss, um eine Gefahrenstelle abzusichern – und ob er überhaupt etwas tun muss.

Bei vielen Gerichtsentscheidungen hat sich der Begriff der “vor sich selbst warnenden Gefahrenstelle” etabliert: Ist eine Gefahrenstelle ohne weiteres erkennbar, dann muss diese Stelle auch nicht bzw. nicht besonders abgesichert werden.

In einem nun vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall sprang ein junger Mann in einen Baggersee – mit Kopfsprung, und ist seitdem querschnittsgelähmt, weil der See nicht tief genug war. Die Stadt als Eigentümerin des Sees hatte fünf Warnschilder aufgestellt, dass das Baden im See verboten sei.

Der BGH urteilte nun: Wer in einen Baggersee mit Kopfsprung springt, obwohl das Baden dort verboten ist und ohne sich vorher vergewissert zu haben, ob der See tief genug ist, ist selbst schuld.

Nach Ansicht des BGH war die Stadt nicht verpflichtet, mehr zu tun als die Verbotsschilder aufzustellen. Wer sich über das Verbot hinwegsetze, so der BGH, mache dies auf eigene Gefahr.

Die obersten Zivilrichter gingen sogar noch weiter: Selbst wenn die Stadt die Schilder nicht aufgestellt hätte, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Die Verkehrssicherungspflichten gingen nicht so weit, Jedermann von allen möglichen selbstschädigenden Handlungen abzuhalten. Es läge auf der Hand, dass ein Kopfsprung aus vollem Lauf in einen See gefährlich ist, wenn man den Uferbereich nicht zuvor untersucht hat.

„Kein vernünftiger Mensch würde wegen der offensichtlichen Gefahren, die sich selbst bei nur geringem Nachdenken aufdrängten, kopfüber in ein zuvor nicht erkundetes Gewässer springen, so der BGH.“

Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:

So dramatisch der Unfall für den Betroffenen ist: Ein Verkehrssicherungspflichtiger ist nicht für alles verantwortlich. Immer ist auch der andere (bei Veranstaltungen also der Besucher) verpflichtet, nachzudenken und sorgfältig zu sein.

Der Veranstalter muss dazu wissen, wer denn der “andere” ist: Bei Kindern kann der Veranstalter nicht davon ausgehen, dass sie genauso sorgfältig und vernünftig sind wie Erwachsene. Je nach Zielgruppe der Veranstaltung ändern sich also auch die Anforderungen.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)