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Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung in Europa

Ergebnisse des GfK Konsumklima Europa für das zweite Quartal 2011
GfK SE | 18.07.2011
In vielen Ländern der europäischen Union verbessert sich die Stimmung der Verbraucher erstmals nach der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder, auch wenn die Diskussionen um die Rettung Griechenlands nach wie vor viel Raum für Verunsicherung lassen. Dies ist eines der Ergebnisse des GfK Konsumklima Europa, das einen Überblick über die Entwicklung von Konjunktur-, Preis- und Einkommenserwartung sowie der Anschaffungsneigung der Konsumenten in Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Österreich, Polen, Rumänien, Spanien und der Tschechischen Republik gibt. Diese elf Länder umfassen rund 80 Prozent der Bevölkerung der 27 EU-Staaten.

Die Talsohle der Rezession in Europa scheint überwunden. Die Wirtschaft in den meisten europäischen Ländern beginnt, sich von der schwersten Rezes-sion seit dem zweiten Weltkrieg zu erholen. In vielen Ländern zeigen die Wirtschaftsdaten nach dem ersten Quartal erstmals wieder leicht nach oben. Doch die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind noch lange nicht überwunden. Viele Verbraucher sind nach wie vor verunsichert. Sie sind noch nicht überzeugt, dass der Aufschwung in ihrem Land nachhaltig und dauerhaft ist. Und natürlich gibt es auch Länder, die mit der Finanzkrise und ihren Auswirkungen immer noch schwer zu kämpfen haben – allen voran Griechenland. Die Unsicherheit, wie es dort, aber auch in Irland und Portugal weitergehen wird, beeinflusst das Vertrauen der Verbraucher in die wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes.

Das zweite große Thema der Europäer ist die Inflation. Bulgarien beispiels-weise erwartet zum Jahresende zwischen 5 und 6 Prozent allgemeine Preis-steigerung. Vor allem die Teuerung bei den Grundnahrungsmitteln und Benzin machen den europäischen Verbrauchern zu schaffen.

Konjunkturerwartung: Regierungskrise verunsichert tschechische Verbraucher

In fast allen betrachteten Ländern scheint der Tiefpunkt der Rezession durchschritten zu sein. Die Konjunkturerwartung ist im zweiten Quartal ge-nerell gestiegen oder hat sich zumindest auf dem Niveau von März konsoli-diert. Viele Verbraucher schöpfen Hoffnung, dass ihr Land die Krise mittel-fristig hinter sich lassen kann. Ausnahmen sind lediglich Österreich, wo der Indikator seit Jahresbeginn einen Dämpfer erhält, sowie die Tschechische Republik. Wachstumslokomotive in Europa ist nach wie vor Deutschland. Hier steht der Indikator aktuell bei 50,3 Punkten.

Besonders stark gestiegen ist der Indikator in Spanien, Großbritannien, Frankreich und Polen. Rumänien verzeichnet seit genau einem Jahr einen steilen Aufwärtstrend. Im Juni 2010 lag der Wert bei -71 Punkten und hat sich seitdem kontinuierlich auf aktuell -26,2 Punkte verbessert.

Trotz eines guten Wachstums von voraussichtlich 1,9 Prozent in diesem Jahr haben die Tschechen derzeit wenig Vertrauen in ihre Wirtschaft. Dies spiegelt sich auch in der Konjunkturerwartung wieder. Sie hat mit -48,1 Punkten den tiefsten Stand seit dem Beginn der Erhebung Anfang 2006 erreicht. Die Ursachen für diese Verunsicherung sind in erster Linie im Land selbst zu finden: Die tschechische Regierung steckt in einer Krise. Die Bürger befürch-ten, dass die angekündigten Reformen – vor allem die Rentenreform – nicht rechtzeitig umgesetzt werden. Im zweiten Halbjahr soll zudem die Arbeitslo-sigkeit steigen. Zusammen mit den ständig steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen veranlassen diese Aussichten die Tschechen zu einer eher pessimistischen Einschätzung, wie sich die heimische Wirtschaft in den nächsten Monaten entwickeln wird.

In Österreich ist der Indikator im zweiten Quartal um knapp 10 Punkte auf aktuell 21 Punkte gesunken. Die derzeitigen Diskussionen um die europäische Finanzkrise sowie die Milliardenhilfen für Griechenland beunruhigen die Verbraucher. Genau wie die Tschechen befürchten sie, dass die eigene Wirt-schaft zu sehr unter den Zahlungen für Griechenland leiden wird.

Griechenland scheint sich derzeit eine Verschnaufpause zu gönnen. Die Konjunkturerwartung verharrt im zweiten Quartal auf extrem niedrigem Ni-veau. Aktuell steht der Indikator bei -54,7 Punkten. Allerdings fordert das Sparpaket der griechischen Regierung – Voraussetzung für die EU-Hilfen – von den Bürgern noch weiter gehende Einschnitte mit den entsprechenden Folgen für die eigene Wirtschaft. Die Proteste dagegen sind derzeit in Griechenland deutlich zu hören. Für die griechische Regierung wäre es jetzt extrem wichtig, auch die Gutverdiener und Eliten des Landes in die Sparmaßnahmen mit einzubeziehen und vor allem endlich die Schattenwirtschaft zu unterbinden. Ansonsten werden die Konsolidierungsbemühungen erfolglos bleiben und nicht die notwendige Zustimmung in der Bevölkerung finden.

Preiserwartung: Briten hoffen auf Sinken der Inflation

Die Preiserwartungen der Verbraucher haben in vielen der betrachteten Län-dern ihren Höhepunkt überschritten und sind im zweiten Quartal gesunken. Den niedrigsten Wert erreicht mit -18,4 Punkten derzeit Italien. Auch wenn der Indikator mit 32 Punkten in Frankreich noch sehr hoch ist, hat sich die Situa-tion dort doch deutlich entspannt. Noch im April lag der Indikator bei über 49 Punkten. Auch in Österreich verzeichnet die Preiserwartung mit 30,6 Punkten ein hohes Niveau. Gestiegen ist der Indikator in Großbritannien, der Tschechischen Republik und Griechenland.

In Großbritannien sind die Preiserwartungen der Verbraucher von März (17,3 Punkte) bis Mai um über 19 Punkte auf -1,9 Punkte gefallen. Die Inflation liegt jedoch nach wie vor bei rund 4,5 Prozent. Haupttreiber sind die steigenden Lebensmittel- und Benzinpreise. Nach den starken Preissteige-rungen in den vergangenen Monaten scheinen die Verbraucher offensichtlich eine Umkehr in der Preisentwicklung zu erwarten. Unterstützend für eine geringere Inflation könnte sich auch das Sparpaket der britischen Regierung auswirken sowie die relativ hohe Arbeitslosigkeit und weitverbreitete Null-runden. Wenn die Verbraucher nicht mehr so viel Geld in der Tasche haben, kann der Handel die gestiegenen Rohstoffpreise auch nicht direkt an die Kunden weitergeben. Die Preisspirale nach oben dürfte somit mittelfristig gestoppt werden.

In Griechenland ist die Entwicklung uneinheitlich. Von April auf Mai fiel der Indikator um 15,2 Punkte auf -17,6 Punkte. Im Juni zog die Preiserwartung jedoch wieder sehr stark auf aktuell 8,7 Punkte an. Hier scheint die Diskussion um Steuererhöhungen im Rahmen des neuen Sparpakets ihre Wirkung zu zeigen. So wurde die Mehrwertsteuer für verschiedene Produkte und Dienstleistungen wie Getränke und Essen in Restaurants von 11 auf 23 Prozent erhöht. Dies trifft zusätzlich die Griechen unmittelbar in ihrer Lebensweise. Mit der Familie oder Freunden Auszugehen gehört zum geselligen Leben in dem Mittelmeerland einfach dazu. Daher spüren die Verbraucher diese Steuererhöhung besonders intensiv. Hinzu kommt, dass auch die Tabaksteuer bei den billigeren Marken steigen soll.

Einkommenserwartung: Erholung in Spanien zeichnet sich ab

Auch die Einkommenserwartung erholt sich im zweiten Quartal europaweit. In Deutschland, Spanien, Österreich, Rumänien und Polen steigt der Indikator zum Teil deutlich an. Den mit großem Abstand höchsten Wert verzeichnet nach wie vor Deutschland mit 44,6 Punkten. In Bulgarien und der Tschechischen Republik konsolidiert er sich auf niedrigem Niveau. Lediglich Frankreich erreicht im Juni mit -41,9 Punkten einen neuen Tiefststand. Noch schlechter beurteilen nur noch die Griechen ihre Einkommensaussichten. Der Indikator zeigt hier im Juni -58,6 Punkte. Hier wirken sich die drastischen Maßnahmen des zweiten Sparpakets mit Steuererhöhungen, der weiteren Streichung von Vergünstigungen sowie Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor aus.
In Spanien glauben die Bürger an eine langsame konjunkturelle Erholung und damit auch an eine Besserung ihrer finanziellen Lage. Auch wenn die Arbeitslosigkeit derzeit noch bei über 21 Prozent liegt, ist sie in allen Wirt-schaftsbereichen leicht gesunken. Treiber ist hier vor allem der Tourismus. Saisonal bedingt werden in der Tourismusbranche derzeit wieder mehr Ar-beitskräfte nachgefragt. Dies wirkt sich natürlich direkt auf den Geldbeutel der Saisonkräfte aus. Zudem profitiert Spanien vom Rückgang der Reisen nach Nordafrika. Allerdings sieht es derzeit noch nicht danach aus, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt insgesamt deutlich verbessert. Dies ist jedoch die Voraussetzung, dass sich die Stimmung bei den spanischen Bürgern wieder bessert.
Mit -47,5 Punkten hat der Indikator in Polen im April seinen Tiefststand erreicht. Seither ist er auf aktuell -27,4 Punkte angestiegen. Die polnische Wirtschaft hat sich sehr gut von der Wirtschaftskrise erholt und ist im ver-gangenen Jahr um 3,8 Prozent gewachsen. Im ersten Quartal 2011 ver-zeichnete das Bruttoinlandsprodukt sogar ein Wachstum von rund 4,5 Prozent. Die Bürger hoffen, in den nächsten Monaten in Form von Gehaltserhöhungen von dem Aufschwung profitieren zu können. Zwar ist die Arbeitslosigkeit mit rund 13 Prozent immer noch sehr hoch. Die Beschäftigung hat jedoch im ersten Quartal dieses Jahres um 4,1 Prozent zugenommen, sodass sich auch hier eine Trendwende abzuzeichnen scheint.

Anschaffungsneigung: Preissteigerung wird in Bulgarien zum Problem

Die verhalten anziehende Konjunktur sowie die Hoffnung auf wieder steigende Einkommen wirken sich auch auf die Anschaffungsneigung aus. Auch hier scheint in den meisten Ländern scheint die Talsohle durchschritten zu sein. Der Indikator klettert leicht nach oben oder konsolidiert sich. Den höchsten Wert erreicht mit 35,1 Punkten Deutschland. Am anderen Ende der Skala stehen derzeit Griechenland mit -41,8 Punkten, dicht gefolgt von Großbritannien mit -41,5 Punkten.

In Bulgarien geht der Indikator im zweiten Quartal weiter zurück, wenngleich auch nicht mehr so stark. Er verliert seit März knapp 6 Punkte und steht aktuell bei -3,1 Punkten. Das ist der niedrigste Wert seit Februar 2005. Die Inflation könnte hier mittelfristig zu einem echten Problem werden. Eine Rate von knapp unter 6 Prozent gefährdet die politische Stabilität in dem Land sowie die Aussicht auf einen nachhaltigen Aufschwung. Da das verfügbare Einkommen bereits für den normalen Lebensunterhalt mehr als verplant ist und sich das in absehbarer Zukunft aufgrund der hohen Inflation auch nicht ändern wird, sehen die Verbraucher keine Möglichkeit, größere Anschaffungen zu tätigen, die über das absolut Notwendige hinausgehen. Vielmehr müssen sie sich darauf konzentrieren, erst einmal ihre Haushaltsbudgets zu konsolidieren. ´

In Griechenland ist nach den Diskussionen um ein weiteres Sparpaket mit Steuererhöhungen, Kürzung von Vergünstigungen und der Erhöhung ver-schiedener Abgaben die Anschaffungsneigung um 13,7 Punkte auf derzeit -41,8 Punkte gefallen.