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Den „deutschen“ Manager gibt es nicht mehr

Management-Experte Ridderstråle plädiert für Vielfalt und dezentrale Strukturen. Absage an „Karaoke Manager“.
Frankfurt, 11.05. 2010. Den typisch „deutschen“ Manager mit seinen typisch deutschen Tugenden: es gibt ihn nicht mehr. „Zumindest keinen, der damit erfolgreich ist“, meint Management-Experte Dr. Jonas Ridderstråle. Vor seinem Auftritt auf dem „Manager Meeting Europe“ in Frankfurt am 23. Juni sieht Ridderstråle in einem Interview keinen Einheitsmanager mehr, sondern ein „vielfältiges Angebot an Talent“. Das entspräche auch den Anforderungen in den Unternehmen.

Der Experte für Unternehmensführung erteilt auch der Versuchung eine Absage, amerikanische Management-Modelle einfach zu kopieren: Solche „Karaoke-Versionen“ würden keinen Erfolg haben.

Im Interview wendet sich Jonas Ridderstråle gegen zentralistische Management-Ansätze und den aktuellen Ruf nach „ein wenig Diktatur“ in den Unternehmen. Er plädiert dagegen für mehr Vielfalt. Führungskräfte sollten die positiven Abweichler im Unternehmen fördern und weniger Zeit damit verbringen, die negativen Abweichungen auszumerzen.

Dr. Jonas Ridderstråle ist Mitbegründer und Chairman der schwedischen Management Group "Mgruppen", einem Anbieter von Management Training und Entwicklung in Skandinavien. Als Co-Autor schrieb er mit Kjell Nordström die Best-Seller "Funky Business" und "Karaoke Capitalism". Seine Bücher wurden in über 50 Ländern veröffentlicht und in mehr als 30 Sprachen übersetzt.

Dr. Ridderstråle hat sowohl MBA als auch PhD in International Business, und wurde in den letzten Jahren weltweit mit zahlreichen Leadership-Awards ausgezeichnet.



Das Interview im Wortlaut:



Welches Bild haben Sie von einem typischen deutschen Manager?

Ich denke eine typische Beschreibung wäre: professionell, analytisch, individualistisch, konservativ, seriös, pünktlich, gründlich, männlich etc. Führungskräfte im Allgemeinen, und auch der deutsche Manager im Speziellen, kommen mittlerweile in vielen verschiedenen Mustern und Größen daher.

Das eine dominante, einheitliche deutsche Management-Modell gibt es nicht mehr, hat es vielleicht nie gegeben. Interessanterweise erhalten Sie, wenn Sie den Begriff „German management model“ googlen, bei über der Hälfte der Treffer Links zu deutschen Model-Agenturen. Möglicherweise sind Heidi und Claudia heute einflussreicher als der gute alte Max Weber? Die Veränderung in den Märkten und Unternehmen zum einen, aber auch auf der persönlichen Ebene bedingen heute ein vielfältigeres Angebot an Talent, als wir es vor 25 Jahren hatten. Es gibt keinen typischen Manager mehr, zumindest keinen der damit erfolgreich wäre.



Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für Manager in den nächsten drei Jahren?

Die traurige Wahrheit ist, dass wir alle immer weniger wissen. Egal, ob die Menschen es wollen oder nicht, die Lücke zwischen dem, was wir wissen und dem, was die anderen wissen wird immer größer. Kein Mensch kann auch nur einen kleinen Ausschnitt des vorhandenen Wissens kontrollieren. Die ganze Sache ist komplexer geworden. Die unterschiedlichen Bereiche der Weltwirtschaft und unserer Gesellschaften sind voneinander abhängig wie nie zuvor. Als Konsequenz hieraus sind wir gezwungen, die traditionellen Rezepte für Erfolg radikal zu überdenken.



Es gibt deshalb drei Herausforderungen in den kommenden drei Jahren. Erstens: Die meisten zentralisierten Systeme sind zum Scheitern verurteilt. Deshalb müssen die Unternehmen Systeme entwickeln, die vom Wissen der Allgemeinheit profitieren. Zweitens: Die Zukunft kann nicht mehr vorhergesagt werden. Wer hätte vor drei Jahren erwartet, dass der aktuelle Präsident der USA ein afro-amerikanischer Mann mit dem Zweitnamen Hussein ist? Manager müssen sich mit der Herausforderung auseinandersetzen, ein Unternehmen so aufzustellen, dass es die Zukunft gestalten kann. Ein Unternehmen muss so aufgebaut werden, dass es genauso innovativ ist, wie es in der Vergangenheit profitabel war. Drittens stellt sich die neue Herausforderung, das gesamte vorhandene psychologische und soziale Kapital einer Firma zu nutzen. Denn der Zugang zu hoch entwickeltem intellektuellen Kapital ist essentiell, aber in vielen Fällen nicht mehr ausreichend.

Oder aber in einem Satz: Die Fähigkeit das Können, Wollen und Wünschen der Menschen maximal zu nutzen.



Was sollten Führungskräfte in Deutschland von der Unternehmenskultur anderer Ländern lernen?

Deutsche Manager, falls diese Kategorie Sinn macht, können nur dann die besten Manager in der Welt werden, wenn sie ihren eigenen individuellen Stärken zum Durchbruch verhelfen. Es macht keinen Sinn, die gesamte Energie darauf zu konzentrieren eine „Karaoke Version“ der amerikanischen Manager zu werden. In der Vergangenheit waren wir davon besessen, unsere Schwächen zu annullieren. Zwar ist man dann auf Null, aber es bleibt eine Null. Jetzt wissen wir, dass Spitzenleistung auf unseren Stärken beruhen muss, sowohl individuell, als auch die eines Unternehmens. Oder wie es die Ikone des Managements Peter Drucker es einmal sagte: „Eine Person kann nur auf der Basis seiner Stärken etwas leisten. Sie können keine Leistungen basierend auf Schwächen aufbauen, alleine gelassen mit etwas, wozu man schlicht nicht in der Lage ist.“ Wenn Sie, so wie ich, mit zwei linken Füßen geboren worden sind, wird Ihnen auch noch so viel Training keinen Vertrag mit dem FC Barcelona einbringen. Leo Messi als der beste Spieler der Welt hingegen wird wahrscheinlich nie ein Bestseller Management Buch schreiben. Wir sind alle unterschiedlich. Das neue Paradigma für das 21. Jahrhundert ist, Führungsarbeit muss präventiv sein und nicht kurativ. Mein Rat ist simpel: Spielen sie ihre Stärken aus.



Über welchen Mainstream-Trend bei Führungskräften werden wir in fünf Jahren lachen?

Ich weiß nicht, ob ich es einen Trend nennen würde, aber in letzter Zeit hörte ich von einigen Personen die Vorstellungen, dass wir vielleicht ein wenig Diktatur akzeptieren sollten. Das hängt wahrscheinlich zum Teil mit der globalen Finanzkrise und dem mangelnden Vertrauen in Marktlösungen zusammen, aber auch damit, dass einige der am stärksten wachsenden Wirtschaften relativ totalitär sind.

Abgesehen davon, dass es genauso einfach ist „ein bisschen diktatorisch“ zu sein, wie „ein bisschen schwanger“, und dass jeder Versuch demokratische Strukturen aufzuweichen verurteilt werden sollte: ich sehe langfristig keine Möglichkeit wie Systeme, beruhend auf individueller Expertise, solche mit einer kollektiven Intelligenz schlagen sollten. Denken Sie daran, dass wir alle immer weniger wissen werden, auch Diktatoren. Ich hoffe, dass wir über diesen Trend lachen werden. Andernfalls gibt es ein großes Risiko, dass wir daran ersticken würden.



Woher nehmen Sie Inspiration für neue Ideen?

Von überall – lesen, diskutieren, beobachten, zuhören, riechen, und so weiter. Gehen Sie an unkonventionelle Orte um unkonventionelle Ideen zu entdecken und nutzen Sie alle Sinne. Die meisten meiner Ideen teste ich an der einzigen Organisation, die ich wirklich gut kenne: meine Familie. Wenn ein Modell auf der Ebene von vier Personen nicht funktioniert, kann man nicht erwarten, dass es in Gruppen von 400 Personen funktionieren wird. Es wird mit Sicherheit nicht bei 400.000 Personen funktionieren.



Was sind in Ihren Augen die drei Kategorien, welche eine Führungsperson charakterisieren?

Zunächst einmal wissen sie, wie sie die Zukunft vergegenwärtigen können. Das verlangt die Kompetenz, dieses im Kontext der Organisationen anzuwenden und die Menschen zur Veränderung zu motivieren, bevor sie sich verändern müssen.

Zweitens meistern sie die Kunst Begeisterung zu entfachen. Ausgestattet mit dem Vertrauen und der Fähigkeit Vertrauen in anderen zu erzeugen, managen sie alle kritischen Beziehungen individuell und sichern individuelle und organisatorische Übereinstimmung in gemeinsamen Zielen.

Schließlich sind die besten Spitzenkräfte jene, welche ihren eigenen Traum verwirklichen. Sie gehen darin auf, ein Unternehmen zur Umsetzung einer Strategie zu bewegen. Das verlangt nach einer Mischung aus persönlichem Einsatz gepaart mit der Sicherheit, dass man sowohl die geeigneten Fähikeiten, als auch genügend Kraft hat, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

Alle drei zentralen Aktivitäten von Führungskräften benötigen ein hohes Maß an Kreativität und ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten.



Was sind Fehler, die Sie zu häufig im Personalmanagement sehen?

Während des 20. Jahrhunderts war Management hauptsächlich definiert als die Kunst und die Wissenschaft Abweichungen auszumerzen - hauptsächlich negative Abweichungen, aber wenn einige positive Abweichungen in diesem Prozess mit abgetan wurden, war das ein Opfer, das die meisten Verantwortlichen bereit waren in Kauf zu nehmen, im Namen des professionellen Managements. Das ist das Problem. Management erklärt dir nur, wie du in den Dingen ein wenig besser wirst, in denen du bereits ziemlich gut bist. Es sichert Effizienz, aber keine Zukunftsfähigkeit. Die Auswirkung auf Führungskräfte durch das „Paradigma: Keine Abweichungen“ war, dass wir unser Augenmerk auf die Schwäche von Menschen legten. Ironischerweise verwenden viele Manager immer noch 80 Prozent ihrer Zeit und Aufmerksamkeit auf die 20 Prozent der Angelegenheiten, Produkte und Menschen mit der schlechtesten Leistung.

Ein Beispiel: In einem kürzlich erschienenen Interview wurde Google CEO Eric Schmidt gefragt warum er sich die Reports von ungefähr 50-60 Personen geben lässt. Seine Antwort: „Wenn du genügend Reports erhältst, kannst du diese nicht managen. Das war das Ziel.“ Er hat sich absichtlich in eine Position gebracht, in welcher der kleinste Versuch ein Unternehmen auf traditionelle Weise zu führen, ihn verrückt machen würde. Warum? Ich denke er weiß, dass die entscheidenden Fragen und Antworten sich nicht in seinen Gedanken befinden (zumindest nicht alle), sondern eher in der Gedankenvielfalt des gesamten Unternehmens und darüber hinaus. Das bedeutet nicht, dass Eric eine weniger wichtige Rolle bei Google spielt. Im Gegenteil, er ist von entscheidender Bedeutung, aber in einer anderen Art und Weise. Er muss alle positiven Abweichungen herausziehen, welche in der Organisation existieren, eine Diskussion erzeugen und sicherstellen, dass diese Debatte einen Endpunkt hat.



Was können wir von Ihnen beim „Manager Meeting Europe“ erwarten?

Erwarten Sie das Unerwartete!







Zum Manager Meeting Europe

Im laufenden Jahr steht hinter vielen Variablen ein großes Fragezeichen: die Marktentwicklung ist schwer zu prognostizieren, die Folgen der Krise bestimmen immer noch die Ängste der Angestellten. Führungsstärke ist mehr denn je gefragt, um in dieser herausfordernden Zeit den Umstieg zu schaffen - das Umschalten des Hebels von Abwehr auf kontrollierte Offensive - und den Aufschwung im eigenen Unternehmen zu erzielen. Das Manager Meeting Europe am 23. Juni in Frankfurt vermittelt hierfür neue Ideen, andersartige Ansätze und innovative Impulse, um die Leadership-Skills der mitteleuropäischen Top-Managern zu unterstützen. Ein ausgefeilter Mix aus herausragenden Experten und aufstrebenden Leadern, weltbekannten Visionären und europäischen Machern, sowie Lektionen aus der Management-Praxis und Denkanstöße aus anderen Bereichen - das erwartet die Management-Elite am Manager Meeting Europe 2010 (www.managermeeting-europe.com).



Zu evoworkx live

Das Unternehmen evoworkx live hat sich dem Bereich der Weiterbildung von Top-Führungskräften verschrieben. Durch Kontakte zu Europas Top-Managern ist evoworkx live für Geschäftsleute und Presse Anlaufstelle für betriebswirtschaftliches Know-how. evoworkx live veranstaltet daher in erster Linie hochwertige Management-Foren – mit dem Ziel, Managern und führenden Unternehmen am Markt eine Plattform zu bieten, mit den größten Experten und Visionären zusammenzukommen, zu debattieren und gemeinsam ein erfolgreiches Fundament für den Geschäftsalltag zu schaffen.



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// Update: evoworkx live präsentiert Bahlsen-Geschäftsführer Werner M. Bahlsen beim MANAGER MEETING EUROPE 2010 ///