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BITKOM hält Zuwanderungsregeln für unzureichend

Pläne der Bundesregierung können den Fachkräftemangel kaum lindern / Erleichterungen für Hochschulabsolventen werden positiv bewertet
bitkom | 16.07.2008
Berlin, 16. Juli 2008

Der Hightech-Verband BITKOM hält die Pläne der Bundesregierung zur erleichterten Zuwanderung ausländischer Fachkräfte für unzureichend. „Die Maßnahmen der Bundesregierung werden kaum einen Beitrag zur Linderung des Expertenmangels leisten können“, sagte BITKOM-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses. Danach soll die Verdienstgrenze für Hochqualifizierte, die sich dauerhaft in Deutschland niederlassen wollen, von 86.400 Euro pro Jahr auf 63.600 Euro sinken. „Die Senkung der Verdienstgrenze ist richtig, reicht aber nicht aus“, sagte Scheer. „Eine Gehaltsgrenze über 45.000 Euro verhindert, dass die besonders mobilen Absolventen ausländischer Hochschulen nach Deutschland kommen. Wer sich beruflich in einem anderen Land bereits etabliert hat, ist für uns ohnehin kaum zu erreichen.“ Im vergangenen Jahr haben sich nach der bislang geltenden Regelung nur 466 hoch qualifizierte Arbeitnehmer aus Ländern außerhalb der EU dauerhaft in Deutschland niedergelassen. Davon sind 115 neu eingereist, die anderen haben schon länger auf Grundlage eines befristeten Aufenthaltstitels in Deutschland gelebt. Scheer: „Das Zuwanderungsgesetz bietet für ausländische Spitzenkräfte keinen Anreiz, nach Deutschland zu kommen.“ Daran werde auch die geplante Feinjustierung wenig ändern, der in wichtigen Punkten der Bundesrat zustimmen muss. BITKOM forderte die Länder auf, den Neuregelungen zuzustimmen.



Positiv bewertet BITKOM, dass künftig Zuwanderer, die zwei Jahre in ihrem Beruf gearbeitet haben, dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. „Davon profitieren insbesondere ausländische Hochschulabsolventen, die in Deutschland ihren Abschluss gemacht und anschließend hier einen Job gefunden haben“, sagte Scheer. „Sie haben endlich eine sichere Perspektive für ihre Lebensplanung.“ Für alle anderen gelten nach wie vor die gleichen, kaum überwindbaren Hürden. Ein dauerhaftes Bleiberecht erhält nur, wer ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorweisen kann. Dann prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob ein besonderes „öffentliches Interesse“ für die Beschäftigung besteht. Dies kann der Fall sein, wenn eine Branche durch den Fachkräftemangel stark gelähmt wird. Zusätzlich führt die Arbeitsagentur eine aufwändige „Vorrangprüfung“ durch, bei der festgestellt wird, ob den entsprechenden Job nicht auch ein Deutscher oder ein EU-Bürger machen möchte. Einwanderungswillige Selbständige müssen mindestens 500.000 Euro investieren und auf einen Schlag fünf Arbeitsplätze schaffen.



Nach Ansicht des BITKOM muss das Zuwanderungsgesetz grundlegend reformiert und dabei an den Erfordernissen des deutschen Arbeitsmarktes ausgerichtet werden. „Das wirksamste Instrument ist ein Punktesystem“, sagte Scheer. Danach darf einwandern, wer bestimmte Kriterien wie Qualifikation, Sprachkenntnisse oder Alter erfüllt. Gegner des Systems befürchten, Deutschland werde von Migranten überschwemmt. „Diese Sorgen sind schon deshalb unbegründet, weil die Politik von Jahr zu Jahr entscheiden kann, wie viele Zuwanderer maximal kommen dürfen und welche Qualifikation sie haben müssen“, sagte Scheer. „Ausländische Spitzenkräfte werden uns selbst dann nicht die Türen einrennen, wenn wir die Hürden auf ein Minimum reduzieren.“ Talentierte Absolventen aus Indien, China oder Südamerika können auswählen, ob sie im eigenen Land bleiben oder in englischsprachige Staaten wie Australien, Großbritannien, Kanada oder in die USA gehen wollen.



Selbst wenn die Situation auftreten würde, dass mehr Experten einwandern als zunächst benötigt werden, wäre dies aus BITKOM-Sicht nicht riskant. Scheer: „Hochqualifizierte sind kreativ und werden sich selbst ihre Arbeitsplätze durch Innovationen schaffen. Kreativität, Wissen und Unternehmertum sind die Säulen unserer wirtschaftlichen Entwicklung. Je mehr wir davon haben, umso erfolgreicher werden wir sein, unabhängig davon, woher Menschen mit diesen Eigenschaften zu uns kommen.“ Deshalb sollte – neben allen rechtlichen Regeln – im Ausland aktiv für den Arbeitsstandort Deutschland geworben werden.



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