print logo

9. Management-Fachtagung des EVVC

Im Fokus: Green Meetings und Nachhaltigkeit
„Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns alle berührt. Unsere Branche bewegt 320 Millionen Menschen zu 2,8 Millionen Veranstaltungen in insgesamt über 6.000 Locations – Grund genug für uns alle in der Veranstaltungsindustrie, uns zu unserer Verantwortung zu bekennen,“ so August Moderer, Präsident des Europäischen Verbands der Veranstaltungs-Centren e.V. (EVVC) und Geschäftsführer Congress Centrum Mainz. Die 9. Management-Fachtagung des EVVC in der Historischen Stadthalle Wuppertal stand ganz im Zeichen von Klimawandel und Green Meetings – ein Thema, das die rund 330 Delegierten sichtlich beschäftigte.

Mit Fakten und Hintergründen zum Thema Klimawandel stimmte ZDF-Wetterexperte Dr. Gunther Tiersch die Teilnehmer am Montag, 29. September 2008 in das Thema ein. Für den Klimawandel bis zum Jahr 2050 prognostiziert er einen Temperaturanstieg von rund 2° C, zunehmende Trockenperioden auf der einen Seite, auf der anderen Seite jedoch viele starke Niederschläge mit großen Wassermengen und eine Zunahme von Hochwasser, Stürmen und Tornados. Dem Kohlendioxid wird ein Anteil von 60 % am natürlichen Treibhauseffekt zugesprochen und dessen Konzentration wird bis zum Jahr 2100 drei- oder viermal so groß sein. Oberstes Ziel der Klimapolitik müsse es daher sein, den CO2-Ausstoß zu reduzieren – durch höhere Energieeffizienz, Wärmedämmung und erneuerbare Energien.

Sinn und Unsinn des klimaneutralen Tagens wurde im Anschluss von zwei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: Andreas Pfeil von der Firma ClimatePartner – ein Strategieberater und Entwickler entsprechender Handlungsempfehlungen für so genannte Green Events – stellte fest, dass Umwelt- und Klimaschutz „gesellschaftsfähig“ werden. Und: „Klimaneutral ist sexy!“ Neben der Vermeidung von Umweltschäden bei Tagungen von „A wie Anreise bis Z wie Zubereitung“ durch z.B. größere Energieeffizienz, biologische Ausrichtung und den lokalen Bezug von Waren und Dienstleistungen ist Pfeil ein Verfechter der so genannten Klimaneutralität. Dieses Konzept zielt darauf ab, Emissionen und Umweltbelastungen einer Veranstaltung zu analysieren und diese dann durch den Ankauf von Zertifikaten für Klimaschutzprojekte auszugleichen. Um die Seriosität zu gewährleisten, sei jedoch eine Zertifikatsbuchhaltung durch einen Wirtschaftsprüfer unerlässlich.

Gegen solche Ausgleichsprojekte sprach sich Rainer Lucas vom Wuppertalinstitut aus. Seine Meinung: „Reiche Länder dürfen sich nicht freikaufen können. Ausgleichsmechanismen mindern den Druck, die eigenen Verhaltensweisen und Strukturen zu ändern.“ Wenngleich nach der Meinung Lucas Treibhausgase dort vermieden werden sollen, wo dies am kostengünstigsten ist, wie z.B. durch eine Windkraftanlage in Indien, sei dies noch nicht genug. Vielmehr müsse die Politik den Druck verstärken, um eine größere freiwillige Selbstverpflichtung zur CO2-Reduktion in allen Bereichen zu erhalten. Auch in der Veranstaltungsindustrie gäbe es keine auf die Branche bezogenen Reduktionsziele. In diesem Zusammenhang plädierte Lucas eindringlich für die Modernisierung von Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie weitere Energiesparmaßnahmen im Gebäudebereich.

Nach einigen theoretischen Einführungen zum Thema „Corporate Social Responsibility in Veranstaltungszentren“ von EVVC-Projektleiter Marko Roscher berichtete Matthias Schultze, Geschäftsführer World Conference Center Bonn, aus der Praxis vom Projekt „Sustainable Bonn“. Unter diesem Titel schlossen sich im Jahr 2006 die Stadt Bonn und die städtische Tourismus- und Congress GmbH mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zusammen, um Konzepte zu entwickeln, das Kongresswesen der Stadt nachhaltiger auszurichten. Alle drei Bereiche der Corporate Social Responsibility, d.h. Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft, werden aktiv und kontinuierlich mit Inhalten gefüllt. Dem Projekt „Sustainable Bonn“ gehören in der Zwischenzeit 22 Firmen an, weitere 9 werden ab dem Jahr 2009 hinzukommen. „Mit diesem Konzept nimmt die UN-Stadt eine Vorreiterrolle ein und setzt als erste wichtige Impulse für nachhaltiges Handeln in der Konferenzbranche“, so Schultze.

Dass sich auch der EVVC dem Thema „Corporate Social Responsibility“ annimmt, erläuterte Professor Helmut Schwägermann, Fachhochschule Osnabrück anhand des EVVC-Awards. „Der Award in der Kategorie CSR zeichnet integrative Konzepte und Maßnahmen aus, die systematisch Umweltverschmutzungen vermeiden oder reduzieren und Menschen vor Belastungen schützen“, so Schwägermann. Seiner Meinung nach wird umweltgerechtes Handeln von Veranstaltungshäusern schon bald als Basis-Vorraussetzung gesehen werden. Veranstaltungszentren trügen in den Kommunen eine besondere Verantwortung für Ökologie und Soziales.

Die Klimapolitik in der Europäischen Union erörterte anschließend Dr. Peter Liese, Abgeordneter des Europäischen Parlamentes. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil an erneuerbaren Energien bei 20 % liegen, so das Ziel der EU. Das größte Potenzial für die Einsparung von Energie sieht Liese in Gebäuden, wobei das Marktanreizprogramm diesbezüglich derzeit noch sehr schwach sei. Förderungen z.B. für effizientes Heizen und umweltschonenden Transport wie energieärmere Fahrzeuge seien daher erforderlich. Ab 2012 soll, so Liese, auch die Flugverkehrsindustrie in den Emissionshandel mit einbezogen werden, indem die Airlines verpflichtet werden, Lizenzen hinzuzukaufen, sofern sie nicht umweltgerecht handeln.

„Wer im Treibhaus sitzt, soll nicht noch mehr Kohle verbrennen,“ brachte Professor Dr. Konrad Kleinknecht von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zum Ende des Tages das Thema nochmals auf den Punkt. Wenn wir alle nichts gegen den zunehmenden CO2-Ausstoß unternehmen, wird sich die Temperatur gegen Ende dieses Jahrhunderts um rund 5° C erwärmen. Mit entsprechenden Maßnahmen gegen die CO2-Emission werden es eventuell nur rund 2° C mehr sein. Und dennoch: „Die Erwärmung kann nicht gestoppt, jedoch verlangsamt werden“, so Kleinknecht.

Begonnen hatte die Management-Fachtagung des EVVC bereits am Sonntag nachmittag mit Vorträgen und Round-Table-Workshops u.a. zu Themen der Technik, der Rechtssprechung und der Gastronomie.

„Ich freue mich, dass das Thema Nachhaltigkeit auf so großes Interesse bei unseren Mitgliedern gestoßen ist, denn ich bin der festen Überzeugung, dass dies auch in unserer Branche immer mehr in den Fokus gestellt werden wird – zum einen aus der Verantwortung für zukünftige Generationen heraus, zum anderen aber auch aus Kostengründen. Auch in Zukunft wird der EVVC aktuelle und brisante Themen aufgreifen, um sie für und mit den Mitgliedern ergebnisorientiert zu erörtern,“ fasst August Moderer die Tagung zusammen.


Über EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs Centren e.V.

Der EVVC ist der Dachverband und die Interessensvertretung der Veranstaltungsstätten mit derzeit rund 300 Mitgliedern in Deutschland und Europa.