Startup-Metropole Hamburg abgeschlagen hinter Berlin und München
Der Standort Hamburg schneidet im Vergleich zu den beiden anderen Top 3-Startup-Metropolen Berlin und München schlecht ab: Die Zufriedenheit mit dem Ökosystem unter Gründer:innen liegt hier lediglich bei 43 Prozent, während Berlin und München 68 beziehungsweise 67 Prozent erreichen. Damit weicht die Hansestadt auch stark vom Bundesdurchschnitt ab: Deutschlandweit bewerten 58 Prozent der Startups ihr Ökosystem als gut oder sehr gut. Die Schwächen Hamburgs: wenig Zugang zu Kapital und Netzwerken. Gut schneidet die Stadt an der Elbe aber dennoch ab, wenn es um die Anziehungskraft auf Fachkräfte von außerhalb und starke Kooperationen mit etablierten Unternehmen geht. Das sind einige der Ergebnisse des 11. Deutschen Startup Monitors (DSM), herausgegeben von Startup Verband und PwC Deutschland. Für die Regionalauskopplung Hamburg wurden 120 Startup-Gründer:innen befragt.
Auf die Gründungsbereitschaft wirkt sich die Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen vor Ort nicht aus: 94 Prozent der Hamburger:innen würden wieder gründen – allerdings nur noch etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) am selben Standort. Etwa jede:r Fünfte würde einen anderen Standort innerhalb Deutschlands wählen und rund jede:n Vierte:n zieht es ins Ausland.
„Die Zahlen sind alarmierend. Und ich verstehe auch nicht, warum die Stadt nicht aktiver wird – bereits in den letzten Befragungen hat sich gezeigt, dass die Gründerszene mit den Bedingungen vor Ort unzufrieden ist. Wir brauchen mehr wirtschaftspolitische Initiativen, um unser Startup-Ökosystem voranzubringen und es langfristig zu halten. Ansonsten werden Startups, die ein wichtiger Motor für Innovation und technologischen Fortschritt in Hamburg sind, abwandern oder sich gar nicht erst ansiedeln,“ sagt Thorsten Dzulko,Leiter des PwC Standorts in Hamburg.
Top-Herausforderung: der Zugang zu Kapital
Gerade bei wirtschaftspolitischen Initiativen wie Förderangeboten und Hub-Gründungen – ebenso wie in nahezu allen anderen Punkten – schneidet das Hamburger Ökosystem schlechter als der Bundesdurchschnitt ab. Besonders besorgniserregend ist, dass der Zugang zu Kapital, der ohnehin eine große Hürde für Startup-Unternehmer:innen darstellt, in Hamburg noch schwieriger als im Bundesdurchschnitt ist: Nur 21 Prozent sind damit zufrieden – versus 33 Prozent bundesweit. Die Kapitalbeschaffung zählt zu den Top-Herausforderungen, wie 50 Prozent bestätigen, und wird gleich nach dem Vertrieb/der Kundengewinnung genannt.
„Unterstützung bei der Finanzierung ist ein wesentlicher Hebel, um das Hamburger Ökosystem voranzubringen. Gerade im Bereich Wachstums-Kapital ist Hamburg schlecht aufgestellt, während die Stadt bei frühen Finanzierungen recht gut abschneidet“, erklärt Marlon Müller, der in der Region Nord bei PwC Deutschland Ansprechpartner für Start- und Scaleups ist. Das spiegelt sich in der Einschätzung der Gründer:innen wider: 48 Prozent haben Zugang zu Business-Angel-Investments, aber nur 24 Prozent zu Venture Capital. „Das stellt gerade für die zahlreichen älteren Startups, die größere Summen für ihre Weiterentwicklung brauchen, eine Hürde dar“, so Marlon Müller. „Umso wichtiger ist es, dass Kapitalgeber und Startups ihre bisherige hanseatische Zurückhaltung aufgeben und sehr viel offensiver als bisher am Markt auftreten.“
Wenig Netzwerke: Hamburg braucht Ausbau der Gründerkultur
Der Austausch mit Investor:innen ebenso wie mit anderen Gründer:innen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Startups. Aber auch in puncto Vernetzung schneidet Hamburg vergleichsweise schwach ab: Mit dem Netzwerk zu anderen Startup-Gründer:innen sind nur 58 Prozent zufrieden, während es bundesweit 70 Prozent sind. In Hamburg haben die Studienteilnehmer:innen nur 6,2 Freunde, die innerhalb der Gründerszene aktiv sind. Zum Vergleich: In Berlin sind es 12,2, in München 10,8. „Dass die Zahl in Hamburg niedriger ist, liegt natürlich auch daran, dass es weniger Startups gibt. Aber obwohl noch einiges im Argen liegt, gibt es auch positive Signale: Im Januar hat der Verband Deutscher Startups aktuelle Zahlen zu den Neugründungen veröffentlicht. Und da zeigt Hamburg ein Plus von 10 Prozent – bundesweit gab es bei den Neugründungen einen Rückgang um fünf Prozent. Da kann und muss die Stadt jetzt anknüpfen und die Gründerkultur weiter befeuern, zum Beispiel durch – virtuelle und analoge – Anlaufstellen zum Erfahrungsaustauschfür Gründer:innen.“
Thorsten Dzulko,Leiter des PwC Standorts in Hamburg
Potenzial beim Thema Forschungstransfer
Neben dem Networking könnte auch die Zusammenarbeit mit Universitäten intensiviert werden. Lediglich 57 Prozent bewerten die Nähe zu Universitäten als zufriedenstellend, während es bundesweit 76 Prozent sind. Die Unterstützung durch Hochschulen ist ein Schlüsselfaktor, um Startups voranzubringen, doch nur 38 Prozent habe diese in Hamburg in Anspruch genommen (bundesweit: 49 Prozent). „Beim Thema Forschungstransfer und der Ausgründung von Startups aus Hochschulen liegt noch großes Potenzial für Hamburg – auch für die Startup-Kultur an den Universitäten. Ich verstehe nicht, warum es wesentlich kleineren Hochschulen wie zum Beispiel Karlsruhe oder Aachen so viel besser gelingt, die Gründerszene zu unterstützen“, erklärt Marlon Müller.
Kooperationen mit Unternehmern auf der Habenseite
Gut schneidet Hamburg hingegen bei der Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen ab. So sind 65 Prozent der Hamburger Startups Kooperationen eingegangen, sie liegen damit über dem Bundesdurchschnitt von 61 Prozent. „In diesem Punkt zeigt sich klar, dass mittelständische Unternehmen erkannt haben, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Startups ist“, so Müller.
Und noch in zu einem weiteren Thema kann der Standort Hamburg punkten: Die Stadt erweist sich als Anziehungspunkt für Fachkräfte von außerhalb. Diesen Standort-Vorteil heben 58 Prozent der Hamburger Startups hervor – gegenüber 48 Prozent ihrer Kolleg:innen bundesweit. Das ist ein wichtiger Faktor bei der Rekrutierung, die für rund ein Drittel der Befragten zu den Top-Herausforderungen zählt. „Aus diesem Vorteil gilt es nun das Beste zu machen“, so Thorsten Dzulko.